Anajo - Anajo und das Poporchester

Tapete / Indigo
VÖ: 27.11.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Pimp my Pop

Am Ende des Tages sind es meist die absurdesten und banalsten Dinge, die sich im Hirn festgebrannt haben. Warum sollte das in der Musik anders sein? Sämtliche Theorien über den Tod des Autors, Diskurspop und die Sprache per se sind wie weggeblasen, wenn der Abend kommt und Zeilen wie "Ich bin geboren für die Stadt" durch die Luft fliegen. Anajo haben ein Gespür für diese kleinen Sätze. Die sind meist wesentlich gewitzter, frecher und einfach freier im Umgang mit sich und der Welt als bei anderen. Dass die Augsburger dabei einen ganzen Sack voll mit Ohrwürmern geschultert haben, die sich in der Grauzone zwischen Sinn und Unsinnlichkeiten befinden, ist nach zwei regulären Studioalben und mehreren Eigenvertriebereien längst bekannt.

Somit wäre zum zehnjährigen Bandbestehen ein einfaches Best Of zu wenig gewesen, also musste das Poporchester herhalten, das mit Anajo bunt in der Songkiste wühlte, um diesen und jenen davon neu einzuspielen. Darunter auch das abgewandelte Cure-Cover "Jungs weinen nicht", das zu den besten seiner Sorte gehört und das Rad zwischen beiden Bands locker schlägt. Überhaupt scheint das ganze Unterfangen, alte Songs aufzumotzen, eher von leichter Hand zu gehen.

"Lass uns sein, was wir sind" ist so ungezwungen und lässt sich in seinem ungelenken Sprachrhythmus treiben. Bläser schieben von hinten noch ein wenig nach und drücken den Song ein bisschen mehr Richtung Bühnenrand. Bei dem Spiel mit dem Orchester lassen sich Anajo nie unterkriegen, stattdessen bekommen die Songs ein paar feinere Äderchen, druckvollen Schwung und schunkeln in ihren Tönen fröhlich hin und her. Alleine die zirbelnden Minitönchen in "Monika Tanzband", das sich wild im Kreis dreht: herrliche Harmlosigkeit in der Retroperspektive!

Hier und da streuen Anajo einzelne neue Attribute ein, ohne den Songs das Fell über die Ohren zu ziehen. Das würde ihnen auch gar nicht gerecht werden, denn die Unbeschwertheit von "Franzi + 2" kann keine andere Richtung nehmen. Ein Wucht entwickelt sich nicht, vielmehr hopsen die Töne fröhlich aus der Reihe, um sich zu entfalten. Es sind dann wieder und wieder Feinheiten, die sich weigern, die Perfektion anzustreben, sondern manchmal einfach mit der Kelle dazugepackt werden. Sympathische Freundlichkeit, Spielfreude und Naivität klingen in jeder Sekunde mit. "Doch große Worte / Will ich vermeiden / Dafür bin ich viel zu bescheiden."

Manch einer mag in vielen Stellen optimistische Verblendung sehen, aber es kann eine angenehme Sache sein, die Seele einfach mal treiben zu lassen auf Streicherwellen und Gitarrenbrettchen. Sturm und Drang und Junge und Wilde und so. Die Hummeln summen im Hintern, also ab dafür. Die Welt liegt vor Dir.

(Björn Bischoff)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Jungs weinen nicht
  • Ich hol Dich hier raus
  • Franzi + 2

Tracklist

  1. Jungs weinen nicht
  2. Stadt der Frisuren
  3. Vorhang auf
  4. Ich hol Dich hier raus
  5. I don't want to be a Landei
  6. Lass uns sein, was wir sind
  7. Monika Tanzband
  8. Franzi + 2
  9. Lang lebe die Weile
  10. Wenn Du nur wüsstest
  11. Mein lieber Herr Gesangsverein
  12. Honigmelone
Gesamtspielzeit: 37:16 min

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