Do Make Say Think - Other truths

Constellation / Southern / Al!ve
VÖ: 16.10.2009
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

s/t

Regelmäßig gibt es Alben, die so heißen, wie die Künstler, von denen sie stammen. Es handelt sich dabei um spezielle Eponyme, bei dem der namensgebende Begriff der Eigenname der Künstler ist. Beinahe genauso regelmäßig wird diesen so genannt selbstbetitelten Werken unterstellt, hier sei die Essenz jener Künstler zu finden oder ihr künstlerischer Höhepunkt erreicht. Siehe "The Beatles", "Led Zeppelin", "Metallica", "Portishead", "Franz Ferdinand". Merklich seltener finden Diskurse darüber statt, dass der für solche Alben gern verwendete Begriff "selbstbetitelt" eine semantische Gehhilfe braucht. So wurden doch hoffentlich die meisten Alben ernstzunehmender Künstler von diesen selbst betitelt. Der geschätzte Kollege Josef Winkler vom Musikexpress stellte hingegen einmal fest, dass "selbstbetitelt" nur in den seltenen Fällen stimmig sei, wenn das Album mit "Selbst" betitelt worden wäre. Eine Spur absurder wäre es dann noch, wenn sich das Album seinen Namen selbst ausgesucht hätte.

Auch Do Make Say Think müssten diesen ganzen Meta-Quatsch mitschleppen, wenn sie ihr sechstes Album "Do Make Say Think" genannt hätten. Haben sie aber nicht. Warum also das pseudowissenschaftliche Palaver im Eröffnungsabschnitt? Die Postjazzrocker aus Toronto veröffentlichen mit "Other truths" vier Songs, die nicht nur zu den besten ihrer nunmehr beinahe fünfzehnjährigen Karriere zählen, sondern die Selbstreferenzialität auf die nächstniedrigere Ebene tragen: "Do", "Make," "Say" und "Think". Das nimmt nebenbei den Spöttern, die behaupten, im Postrock passiere die meiste Handlung in den Songtiteln, glatt das Hauptargument.

Was aber genau bedeutet Postrock überhaupt noch im Zusammenhang von "Other truths"? Zunächst einmal spielt hier eine Rockband. Do Make Say Think haben dafür noch mal tüchtig an ihren Verstärkern gedreht, damit ihre zur Epik neigenden Songs auch schön laut dröhnen können. Der Musik merkt man jederzeit an, dass sie aus dem Jam geboren wurde. Dann kommt aber die Jazzband dazu: Nach den grundlegenden drei bis vier Akkorden fallen ihr noch mal ein halbes Dutzend andere ein. Trotz zahlreicher Texturvariationen wissen Do Make Say Think um die Stärke der eigentlichen Kompositionen. Die Kanadier haben sich Sprunghaftigkeit und Effektheischerei abgewöhnt. Jedes Mittel hat seinen wohlgesetzten Zweck. Auf "Other truths" findet man daher weder Nähe zum Kitsch noch sonstige übermotivierte Dramatik. Das Album bietet einen ganz anderen Ausweg aus der Leise-Laut-Leise-Sackgasse des Postrock: Inspirationen durch die jazzaffine Canterbury-Scene der ausgehenden sechziger Jahre verbinden sie unkompliziert mit staubigem Dustbowl-Lärm à la Neil Young. So treffen spröde Arrangements auf aus den Ärmeln geschüttelte Komplexität.

"Do" verstreut tänzelnd ein paar Gitarrenperlen, gegen den Strich gebürstete Riffs setzen den harmonischen Rahmen, und ein entspannter Kopfnicker-Groove flirtet mit Grungerock pearljamscher Prägung. Zur erfreulichen Melodiösität der Gitarren gesellen sich ein paar euphorische Bläser, und im wolkigen Ende taucht mit Hilfe der Freunde vom Lullabye Arkestra und Akron/Family sogar eine wortlose Ahnung von Gesang auf. In "Make" manifestiert sich diese Ahnung, was zur antiken Galeerenrhythmik passt, die gemeinsam mit Italowestern-Atmosphäre zwölf Minuten lang am erhofften Kulminationspunkt baut. Durch "Say" hingegen schwirrt eine Gitarrenmelodie, die den Bi-Ba-Butzemann in einen linksdrehenden 6/8-Takt überführt und zu seinem Höhepunkt nichts als ein perkussives Kreiseln von ihm übriglässt. Das abschließende "Think" ist mit seiner verhuschten Ry-Cooder-Gitarre der behutsamste und kürzeste Teil dieses Songquartetts, in dem so wenig gesungen und doch so viel formuliert wird. Es braucht gar keine Metaebenen, damit diese Musik funktioniert. Sie muss einfach nur da sein.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Do
  • Say

Tracklist

  1. Do
  2. Make
  3. Say
  4. Think
Gesamtspielzeit: 43:41 min

Im Forum kommentieren

badpit

2013-08-31 14:15:39

ich warte auch schon sehnsüchtig auf ein neues Album von do make say think

Delaware

2013-08-27 20:44:24

Nein, ganz im Gegenteil! Im Gegensatz zu vielen anderen Postrock-Acts arbeiten Do Make Say Think viel feiner in den Details und haben darüber hinaus eine starke Tendenz Richtung Jazz und teilweise auch Klassik. 08/15 ist das daher eigentlich garnicht, sondern ziemlich eigenständig!

Postrock 08/15

2013-08-27 20:40:16

LAAAAAAAAAAAANGWEILIGGGGGGG

Delaware

2013-08-27 20:39:23

Immer noch eine sehr starke Platte, die sich für mich kein bißchen abgenutzt hat. Live sind die auch sehr gut und kommen v.a. auch sehr sympathisch rüber.
Hoffentlich hört man von denen in näherer Zukunft mal wieder etwas!

badpit

2011-05-31 00:38:48

im nachhinein betrachtet war es das beste album bis dato von do make say think und für mich auch das beste album aus 2009

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