Yello - Touch Yello

Polydor / Universal
VÖ: 02.10.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Fummeln für Fortgeschrittene

Zeitdruck ist kein Einfluss, dem sich Yello ausliefern würden. Verglichen mit anderen Elektropoppern war die Musik der Schweizer oft träger, aber dadurch meist sinnlicher und vor allem visueller als die ihrer Kollegen. Dies machte ihre Songs zur idealen Untermalung für gewisse nächtliche Aktivitäten. Der brodelnde Funk von "The race" packte im Vorspann von "Formel Eins" die dicken Rohre aus, und "Oh yeah" wurde (nicht nur) als Duffman-Hymne zum ewig aktuellen Soundtrack für hormonelle Höhenflüge. Immer schon floss ihre Musik entspannter dahin als die ihrer vermeintlichen Kollegen, weil das Leidenschaften ja meist so an sich haben. Synthetische Sterilität konterkarierten die Schweizer gerne mit Soul-Untiefen. Dies setzte sie von kalter Robotik und mechanischem Stupfsinn ab, auch wenn sie gerne mit beidem flirteten.

Über die Jahre mutierte ihr cineastischer Synthpop beinahe zwangsläufig zu einer Art digitalem Jazz. Auch "Touch Yello" erkundet sechs Jahre nach "The eye" flexible Klanglandschaften auf der Suche nach Körperkontakt. Boris Blank kreiert dunkel dräuende Grooves, zu denen Dieter Meiers heiserer Sprechgesang verführerische Mantras wie "Out of dawn" oder "Friday smile" haucht. Gastsängerin Heidi Happy schmachtet sich in "You better hide" und "Stay" in verschnupfte Tiefe, und Till Brönners Trompete presst sich durch die zurückgenommenen Beats von "Till tomorrow", "Vertical vision" und "Electric frame". Selbst wenn Yello dabei zwinkern und zucken, ist dies in fließende, runde Bewegungen eingebettet. Für hektisches Hüpfen hatten Yello schon früher zu viel Stil, jetzt passt ihre Musik noch besser zu sinnlichem Ausdruckstanz.

Häufig weht ein passender Hauch von gestern und vorgestern durch diese Musik. Dennoch entpuppt sie sich als überraschend vorwärtsgewandt. Yellos Forschergeist, der sich am deutlichsten in den wandernden Texturen von "Tangier blue" oder "Takla makan" ausdrückt, mogelt sich auch in vermeintlich vertraute R'n'B- und Minimal-Strukturen. Das eröffnende "The expert" kombiniert Downbeat und Funk, die Single "Part love" verbindet Discoboogie und Countrylicks, und "Bostich (Reflected)" unterzieht Yellos ersten Clubhit einem dezenten Kraftwerk-Anstrich. Wenn dabei gleichzeitig Jazz und IDM gestreift werden, schließen sich Kreise. Hätte man zu solcher Musik nicht schon vor zehn Jahren seinen Latte Macchiato geschlürft, wäre dies eine echte Überraschung. So ist "Touch Yello" vor allem imposanter Chic.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The expert
  • You better hide
  • Bostich (Reflected)
  • Part love

Tracklist

  1. The expert
  2. You better hide
  3. Out of dawn
  4. Bostich (Reflected)
  5. Till tomorrow
  6. Tangier blue
  7. Part love
  8. Friday smile
  9. Kiss in blue
  10. Vertical vision
  11. Trackless deep
  12. Stay
  13. Electric fame
  14. Takla makan
Gesamtspielzeit: 54:35 min

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