Maximilian Hecker - Infinite love songs

Kitty-Yo / EFA
VÖ: 28.09.2001
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die unendliche Geschichte

Jedem, der schon einmal die Fußgängerzone einer Großstadt betreten hat, sind sie bestens bekannt: Jene bemitleidenswerten Gestalten, die buchstäblich am Rande des Geschehens stehen, bewaffnet mit Gitarre, Hackbrett oder Triangel. Sie schmettern ihre Liedchen mit einer Inbrunst, daß selbst Gotthilf Fischer im Drogenrausch Hören und Sehen verginge und hegen dabei die stete Hoffnung, einer der Passanten möge eine klingende Münze in ihr Töpfchen werfen. Die besonders dreisten unter ihnen hängen sich schon auch mal ein natürlich gelogenes Schildchen mit der Aufschrift "Bin blind!" um, in der Hoffnung, den Umsatz damit steigern zu können.

Die Spezies der Straßenmusiker - Maximilian Hecker war einst einer von ihnen. Auf den Marktplätzen Berlins stand er, den aufgeklappten Gitarrenkoffer mit ein paar Silbermünzen vor sich plaziert, fing mit dem Nachsingen mehrerer Gallagher-Songs langsam an und schrie schließlich, jauchze und litt mit seiner Akustikgitarre um die Wette. Die meisten der verzückten Passanten waren schließlich zu ergriffen, um das Portemonnaie zu zücken, doch alle hofften sie, diesen talentierten Jungen möge bald jemand von der Straße holen, um ihn von seinem Schicksal zu erlösen. In seinem Zustand konnte man den Jungen doch unmöglich dort so stehen lassen.

Das Berliner Label Kitty-Yo nahm sich schließlich ein Herz und gab Maximilian Hecker ein neues musikalisches Zuhause. Vorbei die Zeit, in der er für eine erlesene Schar von mit Currywurst und Einkaufstüte bewaffneter Passanten spielen mußte. Mit "Infinite love songs" findet Maximilian Hecker den Weg in deutsche Wohnzimmer - und macht es sich dort gemütlich, als wäre er nie weg gewesen. Alle Instrumente hat das Multitalent dabei selbst eingespielt hat, und auch Produzent Tommy Eckhardt (2raumwohnung) mußte nicht mehr groß eingreifen, um dem Rohdiamanten den letzten Schliff zu verleihen. Störend wirkt in manchen Fällen lediglich Maximilian Heckers himmelhohe Stimme. Mancher mag auf den ersten Eindruck gar anmerken, jemand möge doch Heckers Weichteile endlich aus dem Schraubstock befreien, doch nach kurzer Eingewöhnungsphase entwickelt sich seine Falsettstimme schließlich doch noch zum unverzichtbaren Begleiter durch die Kälte.

So erfährt der Hörer auf zwölf Tracks, was der Volksmund mit "sterbensschön" meint, bis diese Vokabel unwiderruflich in sein Gedächtnis eingebrannt ist. Dort bekommt sie Gesellschaft von einer ganzen Schar herzzereißender Melodien. Für unausgeglichene Gemüter ist Maximilian Heckers Debüt indes die falsche Wahl. Zu aufrichtig scheint der Schmerz, zu zerkluftet die Selbstzweifel, zu feucht die Krokodilstränen, die da aus den Boxen fließen, als daß man sich ihnen entziehen könnte. "Would you try to hold me tight?" winselt Hecker, schnappt nach Luft, und prompt findet man sich in Gedanken schon auf der Flußbrücke beim Blick in die Tiefe wieder, um sich vom vorwurfsvollen Blick der Fische am Boden schließlich doch überzeugen zu lassen, dem Leben doch noch eine Chance zu geben.

Die Schönheit von Maximilian Heckers "Infinite love songs" scheint dabei nicht nur atemberaubend, sondern zeitlos, unvergänglich und geradezu unendlich zu sein. So suhlt man sich in seinem Schmerz und möchte bei jedem Stück aufs Neue heulen, wenn man denn noch Tränenflüssigkeit übrig hätte. "The days are long and filled with pain". Der Winter kann kommen. Er soll sogar. Selten war Unglücklichsein so schön.

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(Armin Linder)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Infinite love song
  • Polyester
  • Cold wind blowing

Tracklist

  1. Infinite love song
  2. Cold wind blowing
  3. Like them
  4. Sunburnt days
  5. Let me out
  6. Polyester
  7. Over
  8. Today
  9. White
  10. Flower four
  11. Green night
  12. The days are long and filled with pain
Gesamtspielzeit: 58:22 min

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