Hefner - Dead media

Too Pure / Zomba
VÖ: 24.09.2001
Unsere Bewertung: 4/10
4/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Brotkasten revisited

Jüngere Veröffentlichungen von Bands wie Zoot Woman und neue Zuckungen von New Order oder Depeche Mode lassen keinen Zweifel mehr: Die immer wiederkehrende Revivalwelle hat sich die 80er Jahre vorgeknöpft. Das bedeutet aber nicht nur unterkühlte Elektroniksounds, sondern schließt auch VoKuHiLa-Frisuren und Domani-Cowboy-Stiefel, C64 und Atari 801 mit ein. Nun klangen die Briten Hefner zwar schon immer wie das leibhaftige Revival, allerdings assoziierte man mit ihrem Sound doch eher die gefälligen mittleren Eighties dank der netten und witzig-politischen Referenzen an Bands wie die Smiths, die Go-Betweens oder die Violent Femmes. Doch bekanntlich hatte dieses Jahrzehnt auch seine furchtbare Seiten, und es scheint, als hätten sich Hefner auf ihrem neuestem Album zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an diese wachzuhalten.

Mit "Dead media" blasen sie aber nicht etwa zur großen Medienhetze, sondern meinen tatsächlich den musikalischen Inhalt: Zum Musikmachen verwendet wurden leicht bis völlig verstaubt erscheinende Hausmittelchen - und das im wahrsten Sinne des Wortes, hat man doch die Platte im Heim von Sänger und Songschreiber Hayman aufgenommen. Zusätzlich zu ihrem klassischen Line-Up machen Hefner dabei exzessiven Gebrauch von analogen Synthesizern, Drum-Maschinen und weiterem im Booklet aufgelistetem Elektroschrott. Mitunter könnte man gar meinen, Hefner hätten ein komplettes Album einfach mal durch den SID eines C64 (der Soundchip des Volkswagens unter den Heimcomputern) gejagt - und so klingt das Ergebnis dann. Sollten sich Helge Schneider und Darren Hayman je mal begegnen, dürften sie genügend Stoff zum Fachsimpeln finden.

Der Einsatz solcher Geräte ist als solches gar nicht zu verteufeln - in Maßen eingesetzt kann er mitunter sogar zu interessant fremdartigen Klängen wie auf der Single "Alan Bean" führen. "China crisis" klingt gar, als hätte Tom Waits ein neues Duett für die Rocky Horror Show geschrieben. Doch leider kann man sich über weite Strecken des Eindrucks nicht verwehren, daß man gute Songideen zu oft dem analog-elektronischem Spieldrang geopfert hat, indem man etwa bei "Trouble kid" über eine geradlinige Komposition ein nicht nur unnötiges, sondern auch noch nervtötendes Vocal-Sample gelegt hat.

Hoffnungslose Nostalgiker, die sich Mitte der Achtziger Sounds ihrer C64-Spiele auf eine Kassette aufnahmen, um diese voller Stolz auch im quäkenden Walkman hören zu können, werden vielleicht beim Hören von "Dead media" in Verzückung verfallen. Der Rest indes erfreut sich daran, daß heutzutage in jedem PC eine anständige Soundkarte zu finden ist, mit deren Hilfe man Songs in vernünftiger Klangqualität lauschen kann - etwa denen vom letzten Hefner-Album "We love the city".

(Holger Schauer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Alan Bean

Tracklist

  1. Dead media
  2. Trouble kid
  3. Junk
  4. When the angels play their drum machines
  5. Union chapel day
  6. China crisis
  7. Alan Bean
  8. Peppermint taste
  9. The mangle
  10. The king of summer
  11. The nights are long
  12. Treacle
  13. Half a life
  14. Waking up to you
  15. Home
Gesamtspielzeit: 46:04 min

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