Mika - The boy who knew too much

Casablanca / Universal
VÖ: 18.09.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Kinderquatsch mit Michael

Meistens weiß man viel zu wenig über die Jungen, die zu viel wissen. Auch Michael Holbrook Penniman alias Mika birgt so einige Rätsel: Hat er sein zweites Album nach dem Alfred-Hitchcock-Film "The man who knew too much" benannt oder doch nach der Simpsons-Folge, in der Bart sich mit den Worten "Look, if I was really under 17, I'd be in school, right?" Zugang zu einem Pornokino verschafft? Wie hat er wohl Owen Pallett (Final Fantasy) dazu rumgekriegt, auf "Rain" zu fiedeln? Ist Mika für ihn vielleicht auch im Feinripp-Unterhöschen auf dem Bett rumgehüpft wie im herrlich albernen Video zur ersten Single "We are golden"? Wobei die viel interessantere Information in diesem Zusammenhang ist, dass der renommierte Andrae Crouch Choir, man kennt ihn von Madonnas "Like a prayer", das Lied zum Höhepunkt bringen darf. Was allerdings nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass "We are golden" sich irgendwie nach Werbejingle anhört, für irgendetwas mit viel Zucker und viel Farbstoff. Aber wer will sich schon darüber beschweren, wenn das Produkt die Stiftung Warentest letztendlich doch überzeugen kann?

Eines sei dem Endverbraucher an dieser Stelle versichert: Mika macht weiterhin mopsfidelen Regenbogenpop und nichts, was die Scissor Sisters nicht auch tun würden. Ohnehin schlüpft keiner der zwölf Songs aus dem Überraschungsei, alles hat man so oder so ähnlich, in jedem Fall aber genauso farbenfroh koloriert, schon auf seinem Debüt "Life in cartoon motion" gehört. "The boy who knew too much" serviert trotzdem nicht bloß einen zweiten Aufguss: "Dr. John" ist mit seinen beschwingt federnden Pianoklängen der bessere "Billy Brown" und auch zu "Relax (Take it easy)" gibt es mit "Rain" eine mehr als adäquate Alternative. Mikas Plattenfirma fiel dazu der Begriff "Rollschuh-Disco-Hymne" ein - und sie übertreibt damit kein bisschen. Etwas zu viel des Gutgemeinten ist hingegen die Ballade "I see you", bei der man jeden Moment damit rechnet, dass sie von Britney Spears' "Everytime" gekapert wird. Und die aufdringliche Sonnenstudio-Produktion "Blue eyes" tut sich mit ihrer Mark-Medlock-Haftigkeit auch keinen Gefallen. Hätte Mika eigentlich besser wissen müssen.

Sollte jemand wegen dieser zwei kleinen Ausrutscher "The boy who knew too much" tatsächlich nicht mehr haben wollen, gibt es nur einen einzigen Ort, an dem man das Album artgerecht aussetzen kann: Im Möbelhaus. Nicht etwa in opulenten Schrankwänden oder flippig-funktionellen Jugendzimmern, sondern direkt hinter dem Eingang. Im Kinderparadies. Ein Meer aus unzähligen bunten Plastikbällen, gerade so tief, dass ein Kind noch sicher darin stehen kann. Genau so sind Mikas Songs - und viel mehr muss man auch gar nicht über sie wissen. Dieses hier dann aber schon noch: "By the time" ist eine ebenso unerwartete wie nette Kollaboration mit Imogen Heap und "Toy boy" das mit Abstand hübscheste Lied auf Mikas Zweitwerk. Mit wunderbarem 40er-Jahre-Disney-Arrangement vom großen Paul Buckmaster, bonbonfarbenen Streichern, tirilierenden Flöten und einem süffisant-dramatischen Protagonisten. Der kleine Mika möchte noch lange nicht aus dem Kinderparadies abgeholt werden.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Rain
  • Dr. John
  • Toy boy

Tracklist

  1. We are golden
  2. Blame it on the girls
  3. Rain
  4. Dr. John
  5. I see you
  6. Blue eyes
  7. Good gone girl
  8. Touches you
  9. By the time
  10. One foot boy
  11. Toy boy
  12. Pick up off the floor
Gesamtspielzeit: 41:10 min

Im Forum kommentieren

fish

2009-10-20 22:34:14

Das Debut war okay, diese neue Platte ist einfach nur noch miserabel.

thesos

2009-10-20 19:41:45

is das nun Musik für Schwule? oder wie soll man das gut finden?

Mikado

2009-09-20 12:29:31

Wer keine Ansprüche hat, der findet auch Mika toll. Oder hat eventuell doch Ansprüche, muss ihn aber aus geschlechtsorientierter Meinungsgeiselhaft toll finden.

Lulatsch

2009-09-20 11:35:07

Der Typ macht Pop, muss daher Platten verkaufen, sagt er ja selbst im laut-Interview und da passen keine Ecken rein. Das zu erwarten, ist so, wie bei Radiohead den Mangel an catchy Hooklines zu bemängeln. Man muss Musik schon mit der angebrachten Erwartungshaltung hören.

Zicka

2009-09-20 10:08:56

unglaublich überschätzt der kerl. passt perfekt ins programm von swr3 keine ecken in den songs, belangloses dahingesäusle und zwischendurch hysterische augenblicke die mich sowas von nerven. kann mich überhaupt nicht mit dem anfreunden.

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