Max Herre - Ein geschenkter Tag
Nesola / Four / SonyVÖ: 18.09.2009
Lass uns Freunde bleiben
Zehn Jahre ist es nun schon her, dass auf MTVIVA noch echte Musik lief. Als sich in Videos noch verliebte Menschen gegenseitig anschmachteten statt picklige Jungs und die Mütter der zukünftigen One-Night-Stands in irgendwelchen Dateshows. Zehn Jahre ist es her, dass man sich zu "Mit dir" von Freundeskreis-Max Herre und Joy Denalane mehr als nur ein bißchen lieb hatte. Mit ihnen stand die Zeit still, sie waren, was wir fühlten - denn was sie fühlten, war mehr als real. Zehn Jahre lang, doch im Februar 2007 war plötzlich Schluss. Herre und Denalane gingen fortan getrennte Wege und der Traum vom Glück war Vergangenheit. Kein "Mit dir" mehr, sondern "Ohne dich". Der Sänger nutzte die Zeit, ging in sich und entwickelte sich, bis er sich bereit fühlte für sein zweites Soloalbum. Ohne Freundeskreis, FK Allstars und natürlich ohne Joy. Und "Ein geschenkter Tag" ist mehr als nur die nächste Platte. War "Alter Weg" auf seinem Debüt noch eine Ausnahme, singt Max Herre uns seine Geschichten nun ausnahmslos vor. Kein Sprechgesang mehr, keine Beats, stattdessen ruhige Gitarrenklänge.
"Blick nach vorn" ist als Opener wegweisend für den Rest des Albums, zukunftsgerichtet, aufbauend und beruhigend zugleich. Für jede Tür, die sich schließt, öffnet sich eine neue, singt Herre, und das Piano im Hintergrund, die zart gezupften Saiten und allem voran seine Stimme tragen den Hörer bereits in die richtige Richtung. Im Titelsong geht es etwas schneller voran, wenngleich auch nicht rasant. Handclaps, Mundharmonika und mehrstimmige Refrains zeugen nicht mehr von der sanften unterstützenden Hand, sondern eher von der Tritt-in-den-Arsch-Methode. Herre meint es ernst. Dem anfänglich tollen, nach drei Minuten aber leider etwas in Monotonie versinkenden "Wo rennen wir hin?" hört man tatsächlich den Einfluss Cluesos an, und das kleine Aufbäumen in der Melodie zum Schluss hin rettet den Song dann gerade noch vor der Skip-Taste.
"Der Teufel & der Traum" bleibt bei weitem nicht so bedrückend, wie der Anfang vermuten lässt, zeichnet sich aber dennoch als einer der düsteren Songs des Albums aus. Herres unheilsschwangere Stimme weicht der erzählerischen Art im Udo-Lindenberg-Cover "Wir wollen doch einfach nur zusammen sein". Der besondere Bezug, den der gebürtige Stuttgarter zu haben scheint, erklärt sich praktisch ohne Worte. Die tragenden Streicher, das Piano, der Bass und die Gitarre, sie alle zählen zu den wichtigsten Nebendarstellern bei diesem Song. Und auch auf dem ganzen Album, mit dem man in dieser Form gar nicht gerechnet hätte. "Wir haben's gesehen" fasst am Ende dann zusammen, worum es eigentlich geht: "Wir haben's gesehen / Asche und Schnee / Siege und Tränen / Dass Liebe vergeht / Wir haben's erlebt". Nein, Herre hegt keinen Groll und keinen Hass. Tun wir auch nicht. Wir schließen einfach die Augen und träumen von damals, vor zehn Jahren, als alles gut war. So wie heute. Es war eben nicht immer alles besser.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Blick nach vorn
- Der Teufel & der Traum
- Wir wollen doch einfach nur zusammen sein
- Wir haben's gesehen
Tracklist
- Blick nach vorn
- Geschenkter Tag
- Scherben
- Alles da
- Weg von hier
- Staub
- Es geht
- Wo rennen wir hin?
- Baby Mama Rag
- Er-sagt-sie-sagt
- Der Teufel & der Traum
- Wir wollen doch einfach nur zusammen sein
- Wir haben's gesehen
Referenzen
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