Yo La Tengo - Popular songs

Matador / Beggars / Indigo
VÖ: 04.09.2009
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

24-7 Schweiß

Nur nach Hause gehen sie nicht: Mit "Popular songs" feiern Yo La Tengo ihre eigene Party. Immer noch, beziehungsweise schon wieder einmal. Bereits auf "I am not afraid of you and I will beat your ass" pressten sie sämtliche Facetten ihrer Musik in einen einzigen unhandlichen Brocken. Auch "Popular songs" glänzt durch die eher semipopuläre Länge von über 70 Minuten. Auf ihnen tummeln sich Noise-Popper, Funk-Miniaturen, viertelstündige Courage-Brecher und ebenso entspannte wie höchst differenzierte Folk-Pop-Apparaturen. Die Dramatik dieses Albums gleicht damit in der Tat einer Checkliste. Die Songs an sich aber sind - standesgemäß - dermaßen hervorragend, dass letztlich eben doch eine große, wenn auch sehr intime Party daraus wird.

Wenn es überhaupt einen Beweis gibt, den Yo La Tengo mit "Popular songs" antreten wollen, dann jenen, dass sie es in jedem ihrer erarbeiteten Modelle nach wie vor und ruckzuck zur Meisterschaft bringen. Ihr Referenzkosmos bleibt längst in der eigenen Bandgeschichte hängen. Zugleich aber beweist dieses Album, dass es auch wirklich keinen Grund gibt, darüber hinauszugehen. Im Ergebnis spielen Yo La Tengo nicht eine Note, nicht einen Rhythmus- oder Harmoniefetzen, der sie aus dem Gleichgewicht bringen könnte. Ein Sure Thing, das eben deshalb eine Menge Spaß verspricht.

Und das liegt - wie erwähnt - an der Güte der Songs selbst. Der Power-Pop von "Nothing to hide" unterbricht den etwas schlaksigen, krautig-shoegazigen Beginn des Albums für einen kurzen, knackigen Moment. In sich wird hier aber derart intensiv und dezent lärmend gegengetaktet, mitgeklatscht, chorgesungen und drübergeorgelt, dass man schon zweifeln kann, ob ein "Wunderkind" wie Jay Reatard vergleichsweise wirklich so richtig viel anzubieten hat. Zumal Yo La Tengo damit noch lange nicht genug haben: Beim auf dem Fuß folgenden, erneuten Bruch in zwei Soul-Funk-Mitwipper sollte dem Album spätestens der Arsch auf Grundeis gehen. Letztlich aber ist Yo La Tengos Studentenwohnheim-Loungerei doch wieder nur eines: arschcool. Selbst ein streicherverzuckertes Duett wie "If it's true" zeigt sich da als Peanuts-Bande, die ihre Sonnenbrillen durchs Abendrot schaukelt.

Angefügt wird der in Soul getauchte und mit Flüster-Vocals getaufte Folk-Anteil, in dem die Band-Roots derart in Hochkultur-Arrangements aufgeknackt werden, dass der erste Impuls des Hörers, allein aufgrund der Stilrichtung ein Mehr an Konsistenz zu unterstellen, postwendend in die Falle tappt. Und da das Stimmungsbarometer mittlerweile ohnehin wild um sich schlägt, führen anschließend ganze drei Songs einen Verteilungskampf um die verbleibenden 37 Minuten. Mal beinahe klassisch postrockig, mal zerdröhnt und mit Akustikspitzen drapiert, dann wieder zu einem ellenlangen, noisigen Trip vergoren. Hinterher weiß man eines ganz gewiss: Das alles waren Yo La Tengo. Der Subtext ist ihre Party. Und dort, wo andere spätestens die Füße hochlegen, haben sie noch lange nicht Feierabend.

(Tobias Hinrichs)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • Avalon or someone very similar
  • Nothing to hide
  • If it's true
  • All your secrets
  • More stars than there are in Heaven

Tracklist

  1. Here to fall
  2. Avalon or someone very similar
  3. By two's
  4. Nothing to hide
  5. Periodically double or triple
  6. If it's true
  7. I'm on my way
  8. When it's dark
  9. All your secrets
  10. More stars than there are in Heaven
  11. The fireside
  12. And the glitter is gone
Gesamtspielzeit: 72:53 min

Im Forum kommentieren

dreckskerl

2020-06-30 22:50:01

Schön wars, was für eine Band.
Erhellen mein Leben seit 25 Jahren merklich, danke dafür.

Jennifer

2020-06-30 22:29:39

Danke, kingbritt. :) Genau, alle schön gesund und munter bleiben!

kingbritt

2020-06-30 22:26:27


@Jennifer . . . klasse Formulierungen und bis nächste Woche. Bleibt gesund und guten Mutes.

kingbritt

2020-06-30 22:21:07


. . . ja, man hätte auch 2 Alben draus machen können. Aber nicht bei YLT, da ist alles etwas anders, weil sie es können wird es dann auch gut.

maxlivno

2020-06-30 22:19:21

Ach geiler Closer. Bei mir läuft jetzt noch der Bonustrack "You've got a friend". Ich hoffe ich kann für "Fakebook" da sein

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum