Billy Talent - Billy Talent III
WarnerVÖ: 10.07.2009
Die gemeinsamen Nenner
II minus I gibt was? Richtig, III. Bevor sich all die Milchmädchen ungläubig die Augen reiben und ihren Grundschullehrern Drohbriefe schreiben: So rechnet man aktuell im kopfstehenden Billy-Talent-Kosmos. Da werden von der Songgrundgesamtheit Punk-Roots subtrahiert, und anschließend wird das etwas krumme Ergebnis gemäß dem "Band-Entwicklungs-Satz" nach Dr. Chris Cornell Richtung Mid-Tempo-Groove und Alternative-Rock aufgerundet. So, wiederholen wir nochmal die Grundlage dieser Rechenoperation: Wir hatten vier simple Faktoren, die miteinander multipliziert eine ziemlich hohe Summe ergaben. Wenn sich nun - wie beobachtet - der Nennwert dieser vier Faktoren stückweise verringert? Du da in der zweiten Reihe? Richtig, dann verringert sich auch das Ergebnis. Bis zum heutigen Moment (t = 2009) verläuft der zugehörige Karriere-Graph exponentiell steigend. Die zukünftige Entwicklung zeichnet Ihr dann bitte als Hausaufgabe ein.
Denn das ist die entscheidende Frage: Was bleibt von Billy Talent, nachdem Härte, Druck und Geschwindigkeit auf "Billy Talent III" umarmenden Rock-Arrangements und gedimmter Düsternis weichen mussten? Wäre der Begriff nicht bereits anders besetzt, müsste man von einem Punk-Rock-Album reden, vergleichbar vielleicht mit Green Days "American idiot": Billy Talent bleiben nahe an ihrem Bandsound, behalten die Punk-Attitüde bei, bauen aber auf ein Fundament aus schwergewichtigen 70er- und 90er-Rock-Einflüssen. Das ist zunächst einmal mutig für eine Band, die nie zu den musikalischen Virtuosen zählte und bei der die zackige Präsentation immer prägend für die Qualität der Musik war. Vor allem aber führt so ein mit Abzügen ausgelebter Veränderungswunsch zu Irritationen: Ben Kowalewicz' markantes Organ sichert den Wiedererkennungswert, doch musikalisch wartet man als Hörer immer wieder auf den Knall. Nicht selten vergebens.
Es ist der Rage-Against-The-Machine/Audioslave-Effekt: So richtig will die neue Variation des Altbekannten nicht zünden, immer wirkt der Output, als habe er auf halbem Weg eine unwahrscheinliche Abzweigung genommen. "Devil on my shoulder" bezeugt diesen zwiespältigen Eindruck, das behäbige Rock-Riff auf der einen Seite, das subtile Selbstzitat von "This is how it goes" vom Knaller-Debüt "Billy Talent" auf der anderen. Auch die dunkle Single "Rusted from the rain" findet ihren stärksten Moment nicht im stampfenden Mid-Tempo-Groove, sondern in seiner rhythmisch versetzten, klassischen Solo-Gitarre. Für die Selbstmörderin "Saint Veronika" spielt die Band zunächst die ganze Emotions-Klaviatur rauf und runter, bevor Ian D'Sa den "Devil in a midnight mass"-Gitarrensound auspackt und dann doch nicht konsequent zu Ende führt. Viele gute Ansätze, die manchmal dem Willen zu mehr Dynamik und musikalischer Abwechslung zum Opfer fallen. "Tears into wine" schließlich schafft erstmals den Transfer, hier überbrückt einer dieser hochmelodischen Billy-Talent-Refrains erfolgreich den von Breaks und Tempowechseln gepflügten Graben zwischen Punk und Rock. "Diamond on a landmine" bricht dann die düstere Grundstimmung ein wenig auf, so poppig wie in der The-Police-Anleihe klangen und klingen die Kanadier sonst nicht.
Die entfesselte Kraft von "Billy Talent" und vielleicht auch noch "Billy Talent II" - sie erlebt auf dem dritten Album nur kurze Momente, wie in den Gruppen-Shouts im intensiv gesteigerten Refrain von "White sparrows". Das schlichtere "Turn your back", eine George-Bush-Abrechnung, die letztes Jahr schon als gemeinsame Downloadsingle mit Anti-Flag erschienen ist, bleibt solider Bandstandard, und dem Ausstieg "Definition of destiny" reicht das satte Ende nicht, um gegen Großtaten wie "The river below" oder "Try honesty" anzustinken." Wiederum schubst eine Rock-/Punk-Synthese wie "The dead can't testify" mit seinem treibenden Bass und den Balkan-Anklängen die Band ein schönes Stück vorwärts zurück. Es ist eine leicht nachvollziehbare Entwicklung vom wilden "Billy Talent" zum gemäßigten "Billy Talent III", doch das Ziel, ein neues musikalisches Niveau zu erreichen, verfehlt die Band. Oder erreicht es im negativen Sinne. Vielleicht war die Neuausrichtung dennoch nötig, noch eine Generation "Red flag"-gröhlender Kids hätte der Band auf ihrem Weg sicher nicht gut getan. Das kann sich jeder leicht ausrechnen, der II und II zusammenzählen kann.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Tears into wine
- The dead can't testify
Tracklist
- Devil on my shoulder
- Rusted from the rain
- Saint Veronika
- Tears into wine
- White sparrows
- Pocketful of dreams
- The dead can't testify
- Diamond into the landmine
- Turn your back
- Sudden movements
- Definition of destiny
Im Forum kommentieren
forrest gump
2013-02-14 21:26:08
kann es sein, dass du dumm bist oder so?
julian888
2013-02-14 20:40:02
Bestes album von B.T
Devil On My Shoulder 8
Rusted From The Rain 9
Saint Veronika 9
Tears Into Wine 9
White Sparrows 5
Pocketful Of Dreams 9
The Dead Cant Testify 10
Diamond on a Landmine 8
Turn Your Back 9
Sudden Movements 9
Definition Of Destiny 9
21st Century Breakdown
2009-09-16 19:55:26
'Türlich, wo n sonst?
Your enlightenment
2009-09-11 19:30:08
Aufm Zeddel?
21st Century Breakdown
2009-09-11 16:15:14
Schade, dass sich Nicknamen einfach so wechseln lassen.
Ich bin auf meinen einfach so gestoßen, stand aufm Zeddel oder so.
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