Malcolm Middleton - Waxing gibbous

Full Time Hobby / PIAS / Rough Trade
VÖ: 12.06.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Keine Sorge

Es soll ja immer noch Leute geben, die sich Sorgen um Malcolm Middleton machen. Was man zumindest bis zu seinem zweiten Album "Into the woods" angesichts von Zeilen wie "And I'll fuck my guitar / And I'll drink myself dead" auch verstehen konnte. Nun war der Schotte aber immer so klug, seine depressiven Tendenzen in perlende Popmusik zu verpacken, bei der es nebenbei auch um nette Bären und andere Knuffigkeiten ging. Und dass er seine Songs mitunter "We're all gonna die" oder "Death love depression love death" nennt, war fast schon Normalität. Ob es der ehemaligen Arab-Strap-Hälfte dabei wirklich gut ging, wollte man zwar nicht beschwören - doch immerhin hieß sein vorrangiges Bestreben nicht Ausheulerei, sondern Unterhaltung.

Nach der klingt auch der Opener seines fünften Albums. "Red travellin' socks" ist genau der beschleunigte Rock-Shuffle, zu dem man im Sommer mit offenem Verdeck und unter Missachtung sämtlicher Tempolimits über die Landstraße brausen möchte. Herrlich erblühende Licks, die sich wiederholt von dicken Gitarren überrollen lassen, aber im nächsten Moment schon wieder stehen wie eine Eins. Dazu ein kleines Piano-Zwischenspiel, eine halb von "Ring of fire" geklaute Melodieführung - und schon covert Johnny Cash mal kurz die Housemartins oder umgekehrt. Endlich eine Rote-Socken-Kampagne, auf die sich alle einigen können. Soll er mal so weitermachen.

Macht er aber natürlich nicht. Und doch ist es ein Phänomen, wie Middleton vordergründigen Pop, akustischen Folk und Introspektive mit Hang zum Fatalismus zu einer beinahe klassischen Songwriter-Platte zusammenfügt, die weitgehend ohne Kraftausdrücke und Selbstbezichtigungen auskommt. Ein moderates "I just can't seem to get on / With the man that I've become" zählt schon zu den extremeren Ausschlägen, und selbst die "Ballad of fuck all" beschwichtigt mit maßvollem Geklampfe und geisternden Background-Vocals. Hier hat jemand gelernt zu leiden, ohne zu klagen und konzentriert sich statt dessen ganz auf das, was er zu sagen hat. Sowohl textlich als auch musikalisch. Und das ist auf "Waxing gibbous" mit durchschnittlich fünf Minuten pro Stück eine ganze Menge.

Ein verspielt über die eigenen Füße stolpernder Electro-Track mit hyperventilierendem Chaosfinale wie "No modest bear" hat hier jedenfalls keinen Platz mehr. Dafür das auf Backbeats vorwärts rollende Liebeslied "Kiss at the station", das zwischendurch funky Haken schlägt und sich sogar ein paar Fleet-Foxes-Chöre leistet. "Shadows" wedelt zu leichtfüßiger Gesangshamonie freudig erregt mit dem Schwanz und schreckt auch vor orchestralem Stadionrock nicht zurück. Und wenn es heißt "I'm so sick and tired of feeling sick and tired", dann möchte man das nur zu gerne glauben. Aber irgendwann wird der gütig vom Cover herablächelnde Mond eben wieder voll sein - und auch Middleton wieder Durst haben. Doch Sorgen kann man sich dann ja immer noch um ihn machen.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Red travellin' socks
  • Kiss at the station
  • Shadows
  • Ballad of fuck all

Tracklist

  1. Red travellin' socks
  2. Kiss at the station
  3. Carry me
  4. Zero
  5. Stop doing be good
  6. Don't want to sleep tonight
  7. Shadows
  8. Ballad of fuck all
  9. Box & knife
  10. Made up your mind
Gesamtspielzeit: 51:48 min

Im Forum kommentieren

bee

2009-06-16 19:53:59

ganz tolle Platte geworden!

bearquartet

2009-05-18 17:48:46

www.myspace.com/malcolmmiddleton

bearuqartet

2009-05-18 17:47:50

erscheint am 29.05. klingt schöne. solldie letzte für eine zeit werden.

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