Anti-Flag - The people or the gun

Sideonedummy / Cargo
VÖ: 05.06.2009
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Der Zorn der Gerechten

Was ist eigentlich Zorn? Wenn Italiens Andrea Pirlo im Juli 2006 drei abgeknabberte Fingernägel vor Abpfiff den Zauberfuß auspackt, das ist Zorn. Zwölf Stunden Wartungsarbeiten beim Internetanbieter Deiner Wahl, das ist Zorn. Wenn dir eBay-Benutzer revolverheld85 zehn Sekunden vor Auktionsschluss Dein quasi schon designiertes Bikini-Poster von Nina Persson noch madig macht, das ist erst recht mal Zorn. Justin Sane fünfzehn Minuten nach dem Aufstehen, das ist sowieso Zorn: um zehn nach elf aus der Kiste, den Iro auf halb acht geschmiert, ein Blick in die Times, und schon ist der Mann jenseits der 180. Ein Tagesstart wie eine Adrenalinrakete. Aktienanleger kennen das. Studenten im zwölften Semester weniger.

An irgendwas stoßen sich Sane und der Rest von Anti-Flag schon kurz nach Aufstehen immer – und wenn es bloß die Bettkante ist. Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr das gleiche Spiel. Wie sonst kann es sein, dass sie mit "The people or the gun" ihre neunte Platte auf den Stapel mit den acht anderen legen? Die schon wieder eine voll gepackt mit Protestsongs ist, welche genauso gut die Titel der Schlagzeilen tragen könnten, die sie inspiriert haben? Die Planungsphase von Anti-Flag-Songs ist ein offenes Buch für Jedermann. "Bush leaves Washington for Texas retirement" könnten sie heißen. "How government created financial crisis" ebenso. Wohl auch "KENNEDY HATTE SEX MIT PRAKTIKANTIN (19)!" Aber "Sodom, Gomorrah, Washington D.C." ist ja auch ganz nett.

Freunde von Sitcoms kennen das: Von neunten Staffeln Neues zu erwarten, das geht mal wirklich nicht. Selbst, dass Anti-Flag vom Major in den Schoß der Indies zurückgekehrt sind, ändert nichts an ihrer Grundausrichtung. Wie denn auch, wenn sie sowieso nie die typische Major-Band waren, die sich von den A&Rs Klamottenmarken, Interview-Antworten und Albumtitel hat stecken lassen? Anti-Flag sind die Toten Hosen des Politpunk: Ihre Alben muss man niemals probehören, weil man ohnehin schon weiß, was auf ihnen drauf ist. Viel Ooooh, viel Aaaah und noch mehr Uffda, Uffda nämlich. Dazu mehr Geschrubbtes als in Werbespots für Fleckentferner. Platte für Platte geht das so. Song für Song. Ein wenig Planbarkeit ist doch auch mal nett in einer Welt, in der es Kurzarbeit, Panini-Sammelalben und Pralinen gibt.

Man muss eigentlich noch nicht mal mehr viel über diese Alben schreiben, und deshalb bleibt die konkrete Auseinandersetzung mit einzelnen Songs diesem letzten Abschnitt vorbehalten. "The people or the gun" kann man aufteilen wie ziemlich alle anderen Anti-Flag-Alben zuvor. Es gibt den schnellen melodischen Anti-Flag-Song, den mittelschnellen melodischen Anti-Flag-Song, und dann gibt es "You are fired (Take this job, ah, fuck it.)" - den Ausraster dazwischen. All diese sind tendenziell wieder minimal bissiger als auf ihrer letzten Platte "The bright lights of America". Und ein Ende ist bei einem Arbeitsethos, der das Gegenteil von Verweigerung ist, nicht absehbar. Mögen Anti-Flag am Ende während "The old guard" - mittelschnell melodisch, übrigens – auch ein neues, besseres Zeitalter heraufbeschwören: Man kann da jetzt schon Haus, Hof und Nina-Persson-Postersammlung drauf verwetten, dass sie auch dazu wieder eine Platte parat haben werden. Widerstand zwecklos.

(Sven Cadario)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The economy is suffering...let it die
  • The old guard

Tracklist

  1. Sodom, Gomorrah, Washington D.C. (Sheep in shepherds clothing)
  2. The economy is suffering...let it die
  3. The gre(a)t depresion
  4. We are the one
  5. You are the one
  6. You are fired (Take this job, ah, fuck it.)
  7. This is the first night
  8. No war without warriors (How do you sleep?)
  9. When all the lights go out
  10. On independence day
  11. The old guard
  12. Untitled
Gesamtspielzeit: 31:09 min

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2009-11-03 19:29:20

Läuft bei mir grade mal wieder(kommt sehr selten vor)
Anfang und Ende sind stark, die Mitte etwas öde. Hätte wohl ne tolle EP abgegeben aber so..nicht unbedingt relevant und wohl endgültig in der musikalischen Sackgasse. Bin gespannt ob aus deren Ecke nochmal was kommt.
@obstacle free:
"plump" auf jeden Fall,aber die Sache mit falsch oder richtig oder irgendwo in der Mitte sei mal jedem selbst überlassen. Es braucht wohl niemand irgendeinen eierköpfigen Forumsuser der einem erklärt was falsch und richtig sei.

Eurodance Commando

2009-08-13 03:06:41

Naja, ist halt Punkmusik. Da ist es nicht leicht, immer komplett anders zu klingen.

Finde auch, dass einige Lieder echt gut klingen.

Nur ist ne knappe halbe stunde echt arg wenig.

Lieber das Album 2010 rausbringen und dann 45 min. spielzeit

obstacle free

2009-08-13 02:51:08

Ob sie Geld brauchen oder nicht, spielt keine Rolle, denn es rechtfertigt nicht, nahezu immer dasselbe Album mit pumplstern und falschen Botschaften zu machen, und dazu noch musikalisch so variationsreich wie Pur daherzukommen.

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