
Dredg - The pariah, the parrot, the delusion
Ohlone / Vertigo / UniversalVÖ: 29.05.2009
Hinter verschlossenen Türen
Man munkelt, Dredg hätten in einer versteckten Ecke des Proberaums womöglich eine imaginäre Pinnwand, auf die sie ungeschriebene Gesetze gekritzelt haben. Etwa: Bei jedem neuen Album ein Stück weit unvorhersagbar bleiben, neue Ufer ansteuern, der Erwartungsfalle entwischen. Irgendwo daneben wird noch ein heimlicher Zettel pappen, auf den sie "Songdetails für die Kopfhörerfraktion bis ins Letzte ausfuchsen" geschrieben haben. Diese ungeschriebenen Anweisungen haben Dredg von Studioalbum zu Studioalbum befolgt, und auch "The pariah, the parrot, the delusion" bleibt der Reihe treu. Die Jungs aus Los Gatos haben sich nicht den Wurzelsalat ins Haus geholt und sich nicht bemüht, ihre eigene (glorreiche) Vergangenheit wiederzukäuen. Kaum etwas auf der neuen Scheibe erinnert noch an das grandios versponnene, raubeinige "Leitmotif", nurmehr wenig an ihr brillantes, ausgefeiltes Meisterwerk "El cielo". Und auch Großteile des knackigeren, kompakteren "Catch without arms" umkurven sie weitläufig.
Auf dem ersten Album, das Dredg auf ihrem eigenen Label "Ohlone" veröffentlichen, macht die Band - sagen wir: Prop. Progressiven Pop - mit Rock-Einsprengseln. "The pariah, the parrot, the delusion" ist eine schillernde Chimäre, ein abgeschlossenes Fragment, das trotz diverser innerer Brüche zusammenhält, formatradiotauglicher Feinsinn mit Flausen im Kopf. Weiterhin schwingen Dredg sich zu hymnischen Refrains mit bezwingenden Melodien auf, bohren dicke Riffbretter, lassen sich - wieder stärker als noch auf "Catch without arms" - auf versonnenen Klangflächen treiben. Und weiterhin spielt Groove-Saurier Dino Campanella mit seinen (grob überschlagen) 24 Armen den dynamischen Dompteur, ist sein wendiges Drumming das ebenso filigrane wie kraftvolle Herz der Songs. Bekannt.
Dennoch befremdet "The parrot, the pariah, the delusion". Und womöglich wird das Quartett manch alten Fan vergraulen, der sich die atmosphärisch dichte Schwere, die massive Wucht zurücksehnt. Denn Dredg haben sich neue Spielwiesen erobert. Stärker als zuvor wippen Funkgrooves vergnügt voran, flattern Streicher ein Stück der Songwege entlang wie in "Mourning this morning", flechten Dredg gar R'n'B-Anklänge und Pop-Appeal der 80er mit ein, ehe sie ihren Kompass gegen die Wand schleudern und schlagartig die Richtung wechseln. Instrumentale und vokale Zwischenspiele sind die Scharniere zwischen den lose verbundenen und stilistisch durchaus auseinanderdriftenden Nummern. Dabei haben Gavin Hayes & Co. manche Kante glattgebürstet, Dreck und Staub aus den Ecken gekratzt und das Klangbett mit weichem Samt ausgeschlagen. Doch lauert der gewitzte Detailschalk immer wieder im Nacken glatter Oberflächen.
Der Opener "Pariah" schlängelt sich aus anfänglichem Kinderlallen heraus, packt zu und rauscht inbrünstig in einen machtvollen Refrain. Die zartschmelzende Ballade "Cartoon show room" gleitet auf einem Bett aus gezupften Gitarren und Spinettklängen vorwärts, ehe sie sich gen Ende in versponnenen Träumen verliert. "Information" schwebt zunächst auf einem sanft pulsierenden Bett aus Wohlklang, ehe Dredg urplötzlich einen Baukasten-Refrain fürs Chartradio aus der Tasche ziehen und hineinklatschen. Eingängig: ja. Seltsam: auch. "Gathering pebbles" verquickt verzwickt ineinander geschachtelte Rhythmen mit weich wabernden Flächen und Toto-Gedächtnis-Passagen.
Das vielschichtige Wechselbad "Quotes" kurz vor Ende hingegen zeigt Dredg mit groß geschwungenen Bögen, Tempowechseln im Handstreich nebenbei und geschickt geschichteten Klangschichten ganz weit oben und ist eine der Nummern, die die zwischenzeitlich irritierten Anhänger der "früheren" Dredg versöhnen kann. Wenn ein Dredg-Song wie eine Tür ist, dann öffnet sich "Quotes" wohl als erstes. Jedes Schlüsselloch ist anders. Wer neugierig genug ist, durchzuschauen, sieht zuerst nur Umrisse, beginnt dann, das große Ganze zu erfassen und traut sich irgendwann. Immer herein.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Pariah
- Cartoon show room
- Quotes
Tracklist
- Pariah
- Drunk slide
- Ireland
- Stamp of origin: pessimistic
- Light switch
- Gathering pebbles
- Information
- Stamp of origin: ocean meets bay
- Saviour
- R U O K?
- I don't know
- Mourning this morning
- Stamp of origin: take a look around
- Long days and vague clues
- Cartoon show room
- Quotes
- Down to the cellar
- Stamp of origin: horizon
Im Forum kommentieren
keenan
2023-01-09 11:46:13
dredg - quotes (demo) edited
https://www.youtube.com/watch?v=NtBzoRkEpJ4
auch ne geile version. ist der live version von dortmund näher finde ich :-)
keenan
2022-12-02 12:32:25
hier ist leider auch nie was zu gekommen :-(
09.05.2009 - 11:09 Uhr
hier noch infos zur limited edition welche erst im herbst rauskommt!
Limited Edition CD
The band is planning on releasing a limited edition CD as well, with alternative artwork and extra material. Currently, however, they are in the process of collecting this "extra material," which may range from b-sides that they'll go back and complete to an hour or more of video footage from the recording of the album. They anticipate that this will be available in the fall. When more info becomes available, we will update you.
außerdem gibts zur frage nach der nun schon vorbestellbaren 2 disc edition folgendes:
I'll do some footwork on it. I have a sneaking suspicion that the German limited edition just comes with the alternative artwork - Drew said that they were having issues releasing the limited stateside because there are vendor requirements for extra content that they have the meet. Which is why they are waiting for the extra content to be completed
Jaggy Snake
2022-08-27 09:18:23
Stimmt, die Produktion ist wirklich ausgezeichnet.
Zappyesque
2022-08-26 23:32:32
Besser gealtert als der Vorgänger mMn. Die Songs sind nicht unbedingt stärker, manche etwas schwächer, aber die Arrangements und Produktion dahinter sind deutlich vielschichtiger. Allein was da an Perkussion transparent und "mit Saft" stereo rübergebracht wird. Ein schönes Album - die ein oder andere Nummer bzw. der ein oder andere Refrain hätte etwas weniger Schmalz vertragen...
sizeofanocean
2022-08-26 22:46:24
The Leaflet
https://youtu.be/XDg-XvKq2GI
habs damals geliebt, den schnipseln bis zum album-release zu folgen, könnte sogar noch über myspace gewesen sein, haha
Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.
Referenzen
Spotify
Weitere Rezensionen im Plattentests.de-Archiv
Threads im Forum
- Dredg - Neues Album (204 Beiträge / Letzter am 28.01.2025 - 23:57 Uhr)
- Dredg - Leitmotif (187 Beiträge / Letzter am 28.01.2025 - 14:21 Uhr)
- Dredg - El cielo (529 Beiträge / Letzter am 28.01.2025 - 11:25 Uhr)
- Dredg live (582 Beiträge / Letzter am 25.08.2024 - 22:23 Uhr)
- Dredg - Chuckles and Mr. Squeezy (875 Beiträge / Letzter am 04.12.2023 - 21:34 Uhr)
- Dredg - Catch without arms (957 Beiträge / Letzter am 26.10.2023 - 23:23 Uhr)
- Dredg - The pariah, the parrot, the delusion (2017 Beiträge / Letzter am 09.01.2023 - 11:46 Uhr)
- Dredg - die beste Band der Welt (20 Beiträge / Letzter am 09.09.2022 - 21:26 Uhr)
- Warum stürzen Dredg so derbe ab? (19 Beiträge / Letzter am 18.08.2022 - 18:29 Uhr)
- Dredg (349 Beiträge / Letzter am 09.09.2019 - 09:45 Uhr)
- Bester Song von Dredg (47 Beiträge / Letzter am 19.12.2016 - 20:39 Uhr)
- Dredg - Neueinsteiger (31 Beiträge / Letzter am 23.12.2012 - 11:25 Uhr)
- The Nuri - Für Fans von Dredg und The Gathering (44 Beiträge / Letzter am 02.05.2012 - 05:47 Uhr)
- APOA – Für Leute denen „C. & Mr. S.“ zu wenig Dredg ist (44 Beiträge / Letzter am 14.05.2011 - 18:38 Uhr)
- Dredg - Stone by stone (18 Beiträge / Letzter am 10.05.2011 - 21:00 Uhr)
- Dredg - Conscious / Orph (EPs) (41 Beiträge / Letzter am 19.07.2010 - 15:54 Uhr)
- Bester Song von Dredg (71 Beiträge / Letzter am 26.08.2008 - 20:55 Uhr)
- Dredg - Live at The Fillmore (80 Beiträge / Letzter am 22.07.2007 - 20:21 Uhr)
- Dredg - Crickets DVD (8 Beiträge / Letzter am 06.10.2005 - 23:23 Uhr)