Junior Boys - Begone dull care

Domino / Indigo
VÖ: 08.05.2009
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Sex mit Klamotten

"Begone dull care" beginnt mit dem gleichen Geräusch, das ein Luftballon macht, wenn man ganz langsam die Luft herauslässt, und wenn das kein schlechtes Omen ist, dann keine Ahnung, was sonst. Es geht von oben nach unten, genau wie bei diesem Sound, und es geht auch von vorne nach hinten, zurück in die Achtziger, deren elektronische Musikgehversuche ja ohnehin gerade wieder von Zeitzeugen und Nachgeborenen aufgekocht werden, bis auch noch der letzte Nostalgiker satt werden muss. Disco jetzt also selbst bei den Junior Boys aus Hamilton, Ontario, die sich vor drei Jahren schon mit Hot Chip darum stritten, wer den nerdigsten Elektropop der Welt spielt, und nun offenbar ein Album aufnehmen mussten, das sie im halb gefrorenen Aggregatszustand einfängt. Man kann das ja mal so machen.

So braucht es dann schon ein bisschen Anstrengung, um den Titel der dritten Junior-Boys-Platte nicht als resignierende Selbstironie misszuverstehen. Jeremy Greenspan singt noch ein bisschen eleganter und desinteressierter als auf dem agileren Vorgänger "So this is goodbye" um sorgfältig abgerundete Beats und nachfedernde Geräusche herum, hievt auch sein zweites Bein ohne erkennbare Anstrengungen in den Pop hinüber und guckt dann halt mal, wo er sich seine Kicks herholen kann. Jeder zweite Ton auf "Begone dull care" ist Sex oder zumindest sexuell aufgeladen - das natürlich aber nicht in so einem schwitzigen "Men's Health"-Stil mit dicken Eiern und so weiter, sondern, sagen wir es doch einfach, immer sehr "ästhetisch und geschmackvoll." Bis es am Ende fast ein bisschen wehtut.

Wenn man einer Platte also tatsächlich etwas mehr Oliver Kahn in die Hose wünschen möchte, muss sie einen schon sehr vorsichtig anpacken - und "Begone dull care" tut das eben auch mit all seinen Loopschleifen und sachten Drumcoputern, die sofort sehr viel höhere Ziele erreichen, wenn sie sich mal ein bisschen Bissigkeit genehmigen. "Work" läuft da vorneweg: Ein klug verschachtelter und geduldig entfalteter 4/4-Anschieber mit einer für das Album ungewöhnlich düsteren Grundstimmung, bis zu drei gegenläufigen Melodien gleichzeitig und Resten aus Space- und Italo-Disco im Blut. Bei Hans-Peter Lindstrøm würde so ein Ding auf 30 Minuten erweitert und trotzdem noch funktionieren. Den Junior Boys aber reicht für "Begone dull care" immer die halbe Distanz, der halbe Kraftaufwand und leider auch zu oft die halbe Idee.

Es ist einfach, da ratlos zu werden, weil sich keiner der sieben anderen Tracks so genüsslich selbst anknabbert und aufs Korn nimmt wie das lustig verpixelte "Hazel", während in "Sneak a picture" vor lauter Bemühen um Übersicht der Blick für das Wesentliche verloren geht. Ein kurzes Saxophon-Solo steckt da auch noch mit drin, es war im Kontext von "Begone dull care" ja quasi unvermeidlich, und wenn "The animator" als schick gemachter Lounge-Hocker dann auch noch seine eigene Jobbeschreibung missachtet, ersäuft die Platte endgültig in ihrer unendlichen 80s-Sophistication. Man kann sich das nicht mal schön hören, weil es von vornherein schon so schön und liebevoll zurechtbereitet ist. Eine tadellose Platte sozusagen - und damit auch eine, die mindestens ein Problem zu wenig hat.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Work
  • Hazel

Tracklist

  1. Parallel lines
  2. Work
  3. Bits & pieces
  4. Dull to cause
  5. Hazel
  6. Sneak a picture
  7. The animator
  8. What it's for
Gesamtspielzeit: 47:11 min

Im Forum kommentieren

Paul Paul

2009-05-08 23:49:20

Unterbewertet.

Gordon Fraser

2009-05-08 23:02:38

Kann mir die Bewertung nicht erklären. Wahrscheinlich nur mit halbem Ohr gehört.

Mixtape

2009-05-06 22:36:09

Dann lies doch die Moderat-Rezi.

Die Junior Boys ist einfach nicht so toll.

DerZensor

2009-05-06 22:33:44

ächz. ich kann sie nicht mehr sehen. diese plattentests-elektronische musik-5/10-reviews. ächz.

Gordon Fraser

2009-04-18 20:59:01

Sehr entspanntes Album, ohne langweilig zu werden. Ist in diesem Genre eher selten.

7/10

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