Garda - Die, technique, die!

K&F / Schinderwies / Broken Silence
VÖ: 10.10.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Ruhe in der Kraft

Es ist so traurig. Martin wurde von Gabi verlassen. Gabi hat einen Neuen. Martin weint sich daheim auf seinem Zimmer die Augen aus, spürt den Schmerz tief in seiner Brust und weiß, dass sie die Eine war und dass er nie wieder so lieben wird. Ein paar Wochen später sitzt Martin immer noch da, weniger traurig, dafür umso enttäuschter. Verzweifelt versucht er zu verstehen, wie es so kommen konnte. Er wird wütend, nimmt sich die Gitarre und beschließt, den brutalsten Song der Welt zu schreiben, schlimmer, lauter, gemeiner als alles bisher Dagewesene. Doch nach und nach begreift er, dass er die Energien eigentlich auch besser nutzen könnte.

So ähnlich könnte auch Kai Lehmann von Garda auf seine lyrischen Ideen gekommen sein. Nicht das eigentliche Aus der Beziehung bestimmt die Texte auf "Die, technique, die!", sondern die Frage nach dem Wie und dem Warum. Jenen Fragen, mit denen jeder schon mal konfrontiert wurde. Lehmann indes poltert damit nicht durch das Haus und schreit - nein, jede einzelne Phase wird auseinandergenommen und in aller Ruhe analysiert. In die Ruhe liegt die Kraft, heißt es so schön.

Lehmann, einigen Musikfanatikern bekannt aus dem früheren Claim-Kollektiv, geht auf dem ersten Album behutsam vor. Nur nicht zu hastig, bloß niemanden verschrecken. Der dem Albumtitel gleichende Opener klimpert zunächst nur vor sich hin, zur Hälfte hin jedoch ändert sich mit einem Satz die Melodie und der Funken Hoffnung springt über. Egal wie, es geht weiter, aus der Eintönigkeit und Tristesse zurück ins Leben. "Ghosts", mit seinen Streicher-Arrangements und den dezent eingesetzten Bläsern, wühlt auf sanfte Weise auf und erkennt den Widerspruch, den das gesamte Album bildet: Die Songs werden im Vergleich zu anderen Indie-Bands nie sehr laut oder wild und hinterlassen doch Spuren. "Mistakes & failures" setzt Akzente und richtet den Blick auf die kleinen Details, die oft so viel wichtiger sind als das Ganze. Fast, als würde er für sich selbst singen, klingt Lehmann auf "Chest". Streckenweise scheint er das Mikrofon vor sich zu vergessen und wird unglaublich leise. Doch auch wenn es schwer ist, ihn zu verstehen, weiß man eben, wovon er singt.

"States" ist mit seinem plötzlichen Aufbäumen einer der stärksten Songs. Lehmanns Stimme zittert wie die von Conor Oberst zu ihren besten Zeiten und lässt den Hörer gemeinsam mit dem Chor im Hintergrund unter Herzklopfen zurück, nur um im darauffolgenden "My heart is empty" so unglaublich ruhig zu werden, dass es schmerzhaft an das eigene Beziehungsende erinnert. Trotzdem hört man sich gerade das letzte Stück immer und immer wieder an; unweigerlich baut sich Nähe auf, das gemeinsame Leiden, die gemeinsame Verzweiflung und doch auch das Alleinsein und die Einsamkeit. Auch das gehört dazu. Die insgesamt neun Musiker, die am Album beteiligt waren - darunter der ehemalige Claim-Bassist, Mitglieder von The Gentle Lurch und waschechte Blasmusikanten - haben die Traurigkeit auf ein Podest erhoben, und man möchte ihnen dafür danken - wenn eben genau das nicht schon wieder so traurig wäre.

(Jennifer Depner)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Chest
  • Mistakes & failures
  • States
  • My heart is empty

Tracklist

  1. Die, technique, die!
  2. This city is ours
  3. Chest
  4. Mistakes & failures
  5. Ghosts
  6. Maps & maths
  7. Frwd / reverse / stop
  8. Repeat & control
  9. Yeah, keep it up and dance!
  10. States
  11. My heart is empty
Gesamtspielzeit: 41:55 min

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