Asian Dub Foundation - Punkara

Naive / Indigo
VÖ: 24.10.2008
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Crossing Jordan

Harte Zeiten, Genossen! China wird zum verhätschelten Nesthäkchen spätkapitalistischer Absatzmarkt-Hysterie, Fidel Castro zum Haken schlagenden Chaplin, Turnschuh-Fischer zum Armani-Träger auf dem außenpolitischen Bankett. Auch die Asian Dub Foundation ist mittlerweile von den einstigen Genresprengungen in ihre eigene Implosionsblase geschleudert worden. Eine Band, von der man einst dachte, sie halte nichts und niemand irgendwo, mümmelt sich inzwischen einzig und allein bei sich selbst zum Dauerwinterschlaf ein.

So auch auf "Punkara", dem achten Album des Indo-Britanischen Kollektivs. "Target practice", "Superpower" oder "Living under the radar": Nomen est omen et Amen. Der Mix aus Breakbeat, stets auf die Eins getakteten Gitarrenriffs und Ragga-Reggae zu Asia-Flötenspiel ist wenig mehr als ein Genre-Abschiedsspiel in der Nachspielzeit. Nicht, dass all das nicht innerhalb der Songs ordentlich an- und zupacken würde. Doch mittlerweile fragt sich halt niemand mehr, wie sie das machen und was es bedeuten soll. Und so sehr sich die Asian Dub Foundation thematisch stets neu zu den Weltverhältnissen justiert, so ideologisch simpel ziehen sie ihr musikalisches Programm mittlerweile durch. Sinnbild ist hier das in Banghra getauchte Stooges-Cover "No fun", das selbst Iggy Pop persönlich nicht aus dem Systemkollaps reißen kann, da es nicht mehr ist, als ein einziges Monument.

"Punkara" kommt kaum über Denkmalpflege hinaus, betreibt diese aber mitunter mehr als ordentlich. Bei "Speed of light" passt vieles ganz hervorragend. Unterdrückter Ragga-Gesang, Rai- und Muezzin-Choräle schlagen gegen ein seicht gezupftes Gitarren-Lamento, takten sich zunächst jedoch eher quer dazu. Irgendwann zuckelt alles mächtig nach vorne, löst sich aber durch Stolper-Sprechgesang und einen akustischen Einbruch wieder aus dem Richtmaß. Das funktioniert, da sich der Kulturen-Clash auch im musikalischen Ausdruck wiederfindet. Auch "Bride of Punkara", "Stop the bleeding" oder der zottelnde Instrumental-Funk "S.O.C.A." zeigen, wo beim fröhlichen Koitieren die Sperren und Fallen versteckt sind. Große Songs, die sich gegen den Rest des Albums leider nicht wirklich durchsetzen können.

Stattdessen wird fusioniert bis zur finalen Integration, der Bigbeat übernimmt die Leitkultur. Das aber widerstrebt dem musikalischen Anspruch der Asian Dub Foundation fundamental und entlarvt die dahinterstehende Ideologie. Dass alles stets und ständig knacken und beißen muss, macht das Album vorhersehbar. Denn mittlerweile ist das bloß noch der Weg des geringsten Widerstands. Wer 2008 noch glaubt, dass Crossover-Rock lediglich ein Riff, einen Big- und einen Off-Beat braucht, und es die WWSA (World Wide Sample Association) ansonsten schon richten wird, der ist eben ziemlich 1995. In der Gegenwart reicht das gerade noch für Mittelmaß. Wenn das Paradigma aber nicht nur zum Bremsklotz wird, sondern den Dolchstoß der eigenen Ambitionen bedeutet, so kommt die andere Seite des Jordan langsam in Sicht.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Speed of light
  • S.O.C.A.

Tracklist

  1. Target practice
  2. Burning fence
  3. Superpower
  4. Speed of light
  5. Ease up Caesar
  6. Living under the radar
  7. S.O.C.A.
  8. Altered statesmen
  9. Bride of Punkara
  10. Stop the bleeding
  11. No fun (feat. Iggy Pop)
  12. Awake asleep (Japan Bonus)
Gesamtspielzeit: 53:29 min

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