+/- - Xs on your eyes

Absolutely Kosher / BB*Island / Cargo
VÖ: 24.10.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Ent-Täuschung

Da staunt der Plattenrezensent, und der Fachmann wundert sich: +/- haben Death Cab For Cutie die Hits geklaut. Ausgerechnet sie, die ewigen Hakenschläger, diese Doppelhornvögel des Gitarrenrock. Doch in der Tat: Die Spleens der Vergangenheit haben sie abgelegt, das Abschweifende durchs Crescendo ersetzt. Wo "You are here" und "Let's build a fire" noch bewusst die Zügel lang ließen und in die schillernde Welt des Rumpel-Pop desertierten, wird nun umso straffer arrangiert. "Xs on your eyes" büßt damit ein ganzes Stück von eben jener Besonderheit ein, die +/- bisher ausgezeichnet hat. Die Songs aber kontern die Enttäuschung mit ihrer starken Willenskraft.

Bereits der Opener "Tired eyes" saugt seine Tränenzieher-Melodie mit Vibraphon, Glockenspiel und Orgelgebläse übervoll, bevor die Rockformation in bester Raubkatzen-Manier dazwischenspringt. Spätestens auf seiner Klimax jagt der Songs dann Wellen aus Shoegaze, Gitarrenpop und Alternative-Rock derart selbststimulierend vor sich her, dass an +/-s neu gewonnener Stärke kein Zweifel mehr besteht. Auch sonst: Keine Flic-Flacs mehr, keine Mätzchen oder Konfetti-Paraden. Lediglich ein paar Trompetenstöße zum Schluss von "Subdued" und zur Veredelung von "Unsung" sowie das in Gitarrenloops und -effekten verknotete "Halos" bezeugen noch die alte Krümmungswut. "Snowblind", "The hours you keep" oder das bauchig über die Toms rumpelnde "The queen of nothing" definieren ihre Sportart hingegen eher durch den straighten Zieleinlauf, statt durch Hackentricks und Ehrenrunden im Gazellen-Galopp.

Klare Refrains kennen +/- zwar immer noch nicht, dafür aber das langsame Anziehen der Intensität, was auch die übrigen Zwei- bis Drei-Akkord-Brummer von "Xs on your eyes" durchstarten lässt. James Baluyuts Stimme, ohnehin ein Einschmeichler für sich, wird dazu an den genau richtigen Stellen gedoppelt und mehrstimmig von unten angeschoben. Der Titeltrack erhält auf diese Weise einen hitverdächtigen Flow, den Built To Spill nur reiten, wenn sie in ihrem Gitarren-Makramee stark nachlassen - oder besagte Death Cab For Cutie allein dann hinbekommen, wenn sie ausnahmsweise wissen, was ihre eigentlichen Stärken sind.

Wer +/- bisher gerade wegen ihrer windschiefen Landebahnen mochte, darf nun natürlich milde enttäuscht sein. Allerdings: Nur selten ergibt eine geschätzte 56,5°-Drehung in Songstruktur und Melodieverwertung ein derart klares und unerschütterliches Bild. "Xs on your eyes" tauscht Wankelmut durch Standhaftigkeit, Schwankendes durch Sattelfestes, die 31Knots durch, man darf es ruhig beim Namen nennen, Snow Patrol. Und bleibt dabei doch präzise, eigenwillig, unbeugsam. Aus einem sehr anderen Album klopfen +/- eines ihres besten. "Call the airway team / Take some TNT and blow up the dam in me / Make the river punch through": Was einst schlummerte und ständig ausgetrickst wurde, gräbt sich hervor zur Ent-Täuschung. Sicherlich ein zweischneidiges Schwert, dadurch aber auch: ein Album ohne stumpfe Kanten, geschärft nach allen Seiten.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Tired eyes
  • The queen of nothing
  • Xs on your eyes

Tracklist

  1. Tired eyes
  2. Snowblind
  3. Subdued
  4. The queen of nothing
  5. Halos
  6. Unsung
  7. The hours you keep
  8. Marina
  9. You'll catch your death
  10. Xs on your eyes
  11. Flight data recorder
Gesamtspielzeit: 48:06 min

Im Forum kommentieren

bee

2010-10-01 16:14:29

"A collection of unheard gems, some of them bonus tracks on Japanese editions, the majority of them have been unreleased in the rest of the world. The band makes use of both electronic & traditional instruments, and has sought to use electronics to recreate traditional indie rock song forms and instrumental structures."

mispel

2010-10-01 16:05:03

Wusste gar nicht, dass da ein "neues" Album kommt. Sehr schön.

bee

2010-10-01 15:52:43

Pulled Punches ahead - tönt gut!

nerdseb

2009-07-18 14:11:24

Gestern Abend sehr überzeugender Auftritt auf dem Obstwiesen. Live besser als auf Platte, insbesondere die rhythmischen Lieder. "Snowblind" kam aber nicoht so gut rüber.

Bonanza

2009-07-16 09:47:37

Frage:
Wie schauts denn bei denen mit dem Konzertandrang aus? Es ist wohl kein Problem heut Abend einfach auf gut Glück 150km auf München zu fahren um die zu sehen oder?

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