Keane - Perfect symmetry

Island / Universal
VÖ: 10.10.2008
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Blümchendekor

"Schwiegermutterkompatibel" ist vielleicht eins der perfidesten Schmähwörter, das die Menschheit je ersann. Die Kumpels lachen sich schlapp, weil man nicht mehr wie früher in zerschlissenen Jeans und grungiger Clubjacke herumläuft - und der im Sack gekaufte Elternteil findet bestimmt trotzdem etwas, über das man die Nase rümpfen kann. Keane laborieren an einer ähnlichen Symptomatik. Zu schwelgerisch, pathosselig und Memmen-affin war ihr Debüt "Hopes and fears", als dass alles darauf Folgende noch groß ins Gewicht gefallen wäre - weder Tom Chaplins Drogenkollaps inklusive Entziehungskur noch der stellenweise zu aufgesetzte Rock-Vibe des Nachfolgers. Dann doch lieber wieder eine Platte voller Songs mit großer Geste und ebensolchen Emotionen, zu der man schon einmal das Kaffeeservice aus dem Schrank holen kann. Aber bitte nicht wieder das angekitschte.

Denn Keane sind wirklich zu nette Jungs. Selbst wenn Noel Gallagher sinngemäß verlauten lässt, er würde lieber in Schweinescheiße baden, als sich eins ihrer Alben anzuhören, lobt das Trio brav Oasis als einen ihrer Haupteinflüsse. Denn sie wissen: Im Leben gleicht sich alles aus. "This life is lived in perfect symmetry / What I do, that will be done to me", verkündet das Titelstück mit entwaffnend simpler Gesinnung. Und schon ist die Welt wieder in Ordnung. Erst recht bei einer so schmucken Single wie "Spiralling", auf der ein munterer Beat kickt, die Gitarren aus allen Ecken quietschen und Uh-huh-Chöre gute Grille verbreiten. Tom Chaplin profanisiert dazu glückstrahlend das höchste aller Gefühle: "When we fall in love, we're just falling in love with ourselves." Und mal ehrlich: Wer dreht sich nicht gelegentlich gerne um sich selbst?

Keane tun das auf "Perfect symmetry" schließlich auch. Allerdings äußerst gekonnt und mit respektablen Einflüssen im Gepäck. Dass sich etwa "Better than this" tief vor David Bowies "Ashes to ashes" verbeugt, sollte niemandem entgangen sein. Ebensowenig, dass Chaplin das Maul beim Singen zeitweilig so weit aufsperrt, dass er auch als unpolitischer Schwippschwager von James Dean Bradfield durchgehen könnte, der sich lieber von dominantem Piano und hochfahrenden Keyboards als von rasselnden Stahlsaiten begleiten lässt. Eine Extraportion Pop zum Reinsetzen eben, ausstaffiert mit riesigen Kuschelkissen.

In denen man manchmal aber auch zu versinken droht. Bis auf zwei von Zoot Womans Stuart Price betreute Songs produzieren Keane nämlich erneut selbst. Sie zeigen dabei nur zu gerne, was sie schon alles drauf haben - und nerven gelegentlich mehr als zu umschmeicheln. Irgendwann sind eben alle Streichermassive erklommen und alle Synthie-Pomp-Messen gelesen. Zwar dauert es nie sehr lange, bis mit rhythmisch sensenden Gitarrenpoppern wie "You haven't told me anything" oder dem atmungsaktiven Gebläse-Rumpler "Pretend that you're alone" die Wogen wieder geglättet sind, aber ein bisschen Abspecken könnte Keane nicht schaden. Chaplin dürfte seit seinem Klinikaufenthalt ja wissen, wie das geht. Und wer nicht dauernd den Bauch einziehen muss, macht ohnehin eine bessere Figur. Bestimmt auch bei der Schwiegermutter.

(Thomas Pilgrim)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Spiralling
  • You haven't told me anything
  • Pretend that you're alone

Tracklist

  1. Spiralling
  2. The lovers are losing
  3. Better than this
  4. You haven't told me anything
  5. Perfect symmetry
  6. You don't see me
  7. Again and again
  8. Playing along
  9. Pretend that you're alone
  10. Black burning heart
  11. Love is the end
Gesamtspielzeit: 50:43 min

Im Forum kommentieren

Keane- Fan

2014-11-05 10:14:58

Ich fand die Bemerkung mit dem Abspecken zu persönlich, unter der Gürtellinie und Geschmacklos. Siehe Kritik zum Album.

Trendy Reznor

2013-11-12 00:53:32

Hopes & Fears 9/10
Under The Iron Sea 9,5/10
Perfect Symmetry 6,5/10
Strangeland 8/10

Ich empfehle übrigens die Keane Albumreviews auf cdstarts.de
Die haben die Genialität dieser Band erkannt (mal abgesehen von der Review zum wahrscheinlich besten Album der Band Under The Iron Sea)

Demon Cleaner

2013-11-11 23:51:22

Trifft aber nicht zu. :-) "Hopes And Fears" ist absolut wunderbar. Kam leider nichjts vergleichbares mehr, auch wenn ich Album 2 nicht so schlecht fand, wie es hier gewertet wurde.

koekoe

2013-11-11 23:29:01

Auch schoene Rezi btw:
http://pitchfork.com/reviews/albums/4581-hopes-and-fears/
:-)

Mr. Pink Eyes

2013-11-11 23:01:30

"Strangeland" ist deren bestes Album!

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