Caz Mechanic - The secret life of the wife of the captain of the ship in a bottle on the mantle piece

Big Potato / Pinaccle / Rough Trade
VÖ: 30.05.2008
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Taucht was

Hach, diese Multitalente. Zwischen leger musiziertem Folk und sozialdarwinistischem Heiltöpfern in der Karibik machen sie schnell als diplomierte Kulturkritiker noch einen Laden auf, malen Bilder, gestalten Muschelschmuck, drehen Filme, Videos und durch. Spätestens wenn zu all der Selbstverwirklichung auch noch Wellenreiten hinzukommt, ziehen sich die Mundwinkel des neutralen Beobachters allerdings ebenso flink zwischen die Kniekehlen, wie Jack Johnson an Höhe verloren hat. Doch keine Angst: Caz Mechanic, sonst als Caroline Banks Schlagzeugerin bei Seafood, verdaddelt ihre Tage lieber auf der Brandung von Cornwall, als mit Johnson den hawaiianischen Abschlepper-Hula zu tanzen. In direkter Nachbarschaft zu Neil Halstead, einem weiteren Stadtflüchtling von großem Format (Slowdive, Mojave 3), zeigt sich auch ihr Folk-Pop eher verwildert als dröge verdrogt oder iiiiiisiiiii entspannt.

Denn ihr Album "Tslotwotcotsiabotmp" (das hat sie nun davon) benimmt sich selbst in seinen poppigsten Momenten wie ein in der letzten Ecke pikiert vor sich hin grummelnder Bluthund. Die Wohlklangtriumphbögen von "Cold back eyes" etwa klingen zwischen all ihrem Indie-Gram eher wie Brackwasserschabracken, die sich nur mühsam vorm Ertrinken retten können. Auch "Little star" zieht aus geisterhaft entschwindenden und sich doch schüchtern steigernden Strophen nur alle Jubeljahre in hochmelodischen Ausbrüchen davon. Obwohl nun beide Songs zwar auch anders, mächtiger, funktionieren würden, gelingen sie gerade in ihrem scheuen Rabimmelrabammelrabumm doch aufs Vortrefflichste.

Was auch auf den drehorgelnden Ideenreichtum des Restalbums definitiv zutrifft. So wird das mit Klavier und Geigen in Todeswehmut zerheulte "Can't help yourself" auf der gesamten Länge mit einem Sirenenwimmern unterlegt, das die Trauerkloßfiguren zwar abschluckt, aber zu keiner Sekunde ironisiert. Zu den windschiefen Bluegrass-Akkorden des Titelstücks wird der Butterbrotpapierkamm geblasen und abgetakeltes Händeklatschen, Fingerschnippen und Tamburingerüttel zum Takt- und Gradmesser einer frohgemuten Hirninvasion. Ebenso scheinen die Banjos bei "5 knights" von Anfang an ihr eigenes Fade-Out zu spielen. Einzelne Töne versinken einfach immer wieder zwischen Frauenchorälen und einem derart sachte gespielten Schlagzeug, dass sich der Hörer die Bassdrum auch eher dazudenken muss.

So wirken die Songs stets nur wenig komprimiert, aber doch hoch konzentriert. Eher ge- als zerbrochen. Banks singt dazu, als ginge es weder um ihr Leben, noch darum, einen zu starken Druck auszuüben. Ihre Stimme ist nicht wirklich dünn, haucht aber ebenso mit den Arrangements wie an ihnen vorbei. Jeglicher aus all der Zartheit entstehende Fluss soll möglichst gleich wieder unterbunden werden. So erreicht "The secret life of the wife of the captain of the ship in a bottle on the mantle piece" (das haben wir nun davon) eine denkwürdige Egalisierung seiner (mannigfaltigen) Geistesblitze und Instrumentarien. Es erschafft einen Folk-Pop, der sich von all seinem harmonischen Luxus mit jeder Note wieder emanzipiert. Auch vom Hörer verlangt Banks damit eine ganz andere Konzentration. Sie will ihn in die Tiefe locken, indem sie ihre Musik einfach im Seegang unterspült. Also schnell noch den Tauchschein links liegen gelassen und hinterher - bei so viel Talent braucht's nun wahrlich kein weiteres Zertifikat.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Cold black eyes
  • Little star
  • Can't help yourself
  • 5 knights

Tracklist

  1. Elephant's song
  2. Smell of last night
  3. Secret life of wife of the captain of the ship
  4. Cold black eyes
  5. Go home
  6. Buried under the sea
  7. Little star
  8. Can't help yourself
  9. 5 knights
  10. If I see a bear
  11. Mayday mayday
  12. Fridge full of beer
  13. Too much thinking
  14. Wrong way rolls
  15. Crocodile
  16. Beat in here
Gesamtspielzeit: 46:39 min

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