Opeth - Watershed

Roadrunner / Universal
VÖ: 30.05.2008
Unsere Bewertung: 9/10
9/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Die Gewitterzelle

Opeth-Platten, zumindest die letzten drei, vier, haben ein Problem: Sie sind jeweils im Früh- oder Spätsommer erschienen. Als perfekte Bedingungen für Biergarten, Terrasse, Baggersee herrschten. Aber für Düsternis? Nicht eben. Trällernde Singvögel passen halt eher weniger zu Death-Grunts und Blastbeats. Auch wenn diese durch jede Menge Prog aufgebohrt werden. Die Grunts und die Beats, nicht die Vögel. Aber Mikael Åkerfeldt hat sich um so was noch nie gekümmert.

Bereits nach wenigen Sekunden von "Coil" ist die Umwelt egal. Eine bittersüße Ballade, nur von leisen Akustikgitarren begleitet, nimmt sofort gefangen, nicht zuletzt durch die fragile Stimme der Gastsängerin Nathalie Lorichs. Aber irgendetwas droht unterschwellig. Ein leises Grummeln, wie das Gewitter, das die Badenden vom Strand treibt. Ein dramatisch donnerndes Riff. Und dann die Eruption namens "Heir apparent": Die erste der bei Songlängen von mindestens sieben Minuten zu erwartenden Achterbahnfahrten. Wer beim Vermischen von fiesesten Death-Riffs mit jazzigen Gitarrenparts, fast schon krautrockigen Keyboard-Orgien und traditionellen Metal-Soli den kleinsten Fehler macht, produziert unhörbare Konfusion. Hier ist es große Kunst.

Der Clou daran: Dies war nur eine Aufwärmübung für "The lotus eater". In knapp neun Minuten ungezählte Stil-Anleihen, verwoben durch Einschübe von Klargesang über Drummer mordende Beats, ergeben eine zunächst schwer fassbare, zutiefst düstere Hommage an Prog, Metal, Avantgarde und Krautrock. Verstörend, faszinierend, mitreißend - der Seufzer am Ende des Songs kommt von Herzen. Auf Vinyl müsste man hier eigentlich die Platte umdrehen, um diese Referenz von einem Song noch ein wenig länger wirken zu lassen. Opeth tun einem den Gefallen mit dem melancholischen "Burden".

Mit zunehmender Spieldauer bekommt der Hörer so das Gefühl, bei "Watershed" handele es sich um eine Best-Of-Compilation. Wohl selten hat es eine Band geschafft, gleichzeitig dermaßen ihre Stärken auszuspielen und eigene Grenzen neu auszuloten. Wahrhafte Progression halt, den Death Metal lebt Åkerfeldt im Nebenprojekt Bloodbath aus. Growls dort, wo es passt, das war's. Nirgendwo wird dies so deutlich wie im längsten Song, "Hessian peel": Nach fünf Minuten zauberhafter Ballade zur Einstimmung ein erneuter Parforce-Ritt durch Sturm und Düsternis mit Gänsehaut erzeugendem Ende. Und nach 55 Minuten hinterlassen Opeth einen zunächst verstörten Hörer. Der sich aber wieder und wieder von diesem Album gefangen nehmen lässt. Bis die Erkenntnis reift, dass "Watershed" nicht nur für die Diskographie der Schweden einen neuen Meilenstein gesetzt hat.

(Markus Bellmann)

Bei Amazon bestellen / Preis prüfen für CD, Vinyl und Download
Bei JPC bestellen / Preis prüfen für CD und Vinyl

Highlights & Tracklist

Highlights

  • The lotus eater
  • Porcelain heart
  • Hessian peel

Tracklist

  1. Coil
  2. Heir apparent
  3. The lotus eater
  4. Burden
  5. Porcelain heart
  6. Hessian peel
  7. Hex omega
Gesamtspielzeit: 54:56 min

Im Forum kommentieren

Huhn vom Hof

2024-11-19 20:23:42

Das dürfte man auch nicht ;)

Lateralis84skleinerBruder

2024-11-19 20:17:59

Immerhin hast du Coil und Heir Apparent auch nicht getrennt ;)

Huhn vom Hof

2024-11-19 20:09:34

Was stört euch daran?

Im Grunde nicht viel, aber ich finde z.B., dass "Coil" als kurzer Ruhepol in der Mitte des Albums besser aufgehoben ist.

Lateralis84skleinerBruder

2024-11-19 19:40:42

Finde die Reihenfolge auch nahezu perfekt. Watershed war für mich immer die kompaktere perfektere Version der Ghost Reveries (die ich auch liebe, versteht mich nicht falsch).
Der wundervoll liebevolle Einstieg mit Coil, dann das unheilvolle Grollen wenn Heir Apparent über einen hinweg bricht.

Für mich nimmt das Album immer den Weg aus der Growl Hölle rüber zum reinen Klargesang und wieder zurück in die Abgründe.

Werde mir trotzdem mal die alternative Reihenfolge ausprobieren.
Bisschen auf Freitag einstimmen…auch wenn ich keine Erwartungen habe. Cauda irgendwas habe ich nie beendet und an Sorceress und Pale Communion habe ich mich ganz schlimm satt gehört.

The MACHINA of God

2024-11-19 18:07:30

Werde diese Tracklist mal probieren. Hatte bisher aber keine Probleme mit der "normalen" Reihenfolge. Was stört euch daran?

Hinterlasse uns eine Nachricht, warum Du diesen Post melden möchtest.

Spotify

Threads im Forum