Jupiter Jones - ...leise
Mathildas Und Titus / Broken SilenceVÖ: 25.04.2008
Kapuziner-Fresse
Nackt ist am Schwierigsten. Mit der richtigen Klamotte, ein bisschen Make-Up oder einem trendy Accessoire lässt sich zeitweise jede kleine Unansehnlichkeit in den Griff kriegen. So ganz ohne Kleidungsschutzschild aber ist das pure Selbst den kritischen Blicken Anderer ausgeliefert. Man braucht Mumm in den Knochen, um sich freiwillig so angreifbar zu machen, man muss Vertrauen in sich und seine Betrachter haben und vor allem muss man es sich leisten können. Jupiter Jones, die kleine ganz große Band aus der Eifel, sind das Risiko eingegangen und haben sich im Kapuzinerkloster im annähernd heimischen Cochem vor knapp 450 Fans ausgezogen. Siebzehn akustische Songs später weiß man: Das hier ist keine Modelmusik, das ist das echte Leben. Mit Pickeln, Schweiß und Orangenhaut - aber so ehrlich schön, dass es einen vor Rührung schüttelt.
Schon auf den Studioalben und sonstigen Liveauftritten der Band menschelte es gewaltig, wenn Sänger Nicolas und seine Mannen keinen Millimeter Distanz zu ihrer Musik und ihren Texten erkennen ließen, und ihr Deutsch-Punk mit dem einen Fuß im Pop ganz Tomte-like den Höflichkeitsabstand unterschritt. Im reduzierten Gewand aber kommt die ganze rückhaltlose und ungestüme Liebe der Band für ihre Arsch-und-Herz-Musik, die Menschen und das Leben potenziert zum Vorschein. Derart sympathisch in ihrem ganzen Auftreten und Musizieren im Korsett einer Unplugged-Show waren zuletzt höchstens die Foo Fighters mit ihrer Fleischbeschau "Skin & Bones". Was Leidenschaft und Herzlichkeit angeht, dürfen sich Jupiter Jones durchaus mit ihnen messen - Professionalität und Weltformat können dann ja noch kommen.
Den Einstieg "Unter uns Darwinfinken" bestreiten Jupiter Jones noch schwer nervös, doch schon bei der gemeinschaftlich mit dem Publikum gesungenen Zeile "Und dann am Leben bleiben!" platzen vorhandene Knoten und purzeln Felsmassen von Herzen - ab da ist jedem klar: Das hier funktioniert. "Vom Aufstehen und Fallen" treibt auch ohne Strom die Gänsehaut vor sich her, "Kopf hoch & Arsch in den Sattel" reißt noch den phlegmatischsten Zeitgenossen aus der Depression, und dass von Natur aus ruhige Songs wie "Jupp" oder "Oh hätt' ich dich verloren" hunderte Kehlen stark funktionieren müssen, ist klar. Wenn das Publikum dann mit "Hank Williams wäre stolz auf uns" auch noch die Party haben kann, und sich Gast-Pianist Tobi vor Enthusiasmus beinahe die Finger bricht, rundet sich ein Abend, der mit der Beschwörung "Auf das Leben" ohne offene Fragen ausklingt.
Jupiter Jones haben "...leise" nicht locker aus dem Ärmel geschüttelt. Man merkt der Platte die Anstrengung an, die es gekostet haben dürfte, sie mit all den Gästen an Mundharmonika, Akkordeon oder Percussions vorzubereiten und aufzunehmen. Ebenso die Konzentration und den Willen der Band, das alles wirklich gut hinzukriegen. Und natürlich den Spaß, den diese Akustikshow im großen Stil allen Beteiligten letztlich bereitet haben muss. Verzerrer und laute Verstärker - der Schutzschild des Musikers. Wenn jemand nichts zu verbergen hat, dann sind es Jupiter Jones.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Vom Aufstehen und Fallen
- Kopf hoch & Arsch in den Sattel
- Jupp
- Hank Williams wäre stolz auf uns
Tracklist
- CD 1
- Intro
- Unter uns Darwinfinken
- Alles Glück der Welt
- Vom Aufstehen und Fallen
- Kopf hoch & Arsch in den Sattel
- Wenn alle es verstehen
- Wir sind ja schließlich nicht Metallica
- Reiß die Trauer aus den Büchern
- An diesem Morgen
- Land in Sicht
- Oh hätt' ich Dich verloren
- Fulda, Horasplatz
- Jupp
- Zwischen der Zeit
- Hank Williams wäre stolz auf uns
- Weitergehn
- Auf das Leben
- DVD 1
- Intro
- Unter uns Darwinfinken
- Alles Glück der Welt
- Vom Aufstehen und Fallen
- Kopf hoch & Arsch in den Sattel
- Wenn alle es verstehen
- Wir sind ja schließlich nicht Metallica
- Reiß die Trauer aus den Büchern
- An diesem Morgen
- Land in Sicht
- Oh hätt' ich Dich verloren
- Fulda, Horasplatz
- Jupp
- Zwischen der Zeit
- Hank Williams wäre stolz auf uns
- Weitergehn
- Auf das Leben
- Kopf hoch - Die Zugabe
Referenzen
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