The Undertones - Dig yourself deep
Cooking Vinyl / IndigoVÖ: 19.10.2007
Wie eh und je
Ungewöhnliche Phänomene können auftreten: Ein berühmter Radio-DJ spielt einen Song zweimal hintereinander in seiner Radiosendung. Oder eine Band schreibt nach über 30-jährigem Bestehen immer noch melodische Zwei-Minuten-Punkrock-Songs, und das erstaunlich passabel. Manchmal gibt es so etwas. Beide Phänomene sind in der der Undertones aus dem irischen Derry anzutreffen. Der legendäre John Peel legte tatsächlich die Debutsingle "Teenage kicks" 1978 zweimal hintereinander auf und half, diesen Song zu einem Klassiker zu machen. Würde der Titeltrack und Auftakt des neuen Albums "Dig yourself deep" knapp dreißig Jahre später wieder den britischen Zeitgeist treffen so wie einst "Teenage kicks", könnte auch dieser möglicherweise zu einem Klassiker avancieren. Jedenfalls fühlen sich die ahnungsglosen Nachbarn des Rezensenten gestört und fragen, was da so laut auf Dauerrotation mit vollem Bass herum dröhnt.
Kurzweilig setzt "So close" das Album fort und hat dabei mehr Energie und Leidenschaft als manch eine kajalunterlaufene Milchbubi-Britrock-Combo. "Here comes the rain" ist anschließend eine fantastische Powerpop-Hymne, auf die Hard-Fi und The Enemy neidisch sein könnten. Das unerwartet rhythmisch gehauchte Kleinod "Fight my corner" kratzt mit einer Dauer von knapp drei Minuten schon fast an der Überlänge, und das formidable "Tomorrow's tears" wirkt beinahe balladesk. Da wundert es kurz vor Ende des 31-minütigen Albums auch kaum mehr, dass Sänger Paul McLoone den Schmachtfetzen "Move right in" derart wegträllert, als habe es draußen vor der Tür nie Sonnenschein gegeben.
Zwischendurch gönnen sich die Undertones immer wieder eine Irish-Coffee-Pause, auch Plagiate sind das eine oder andere Mal nicht so fern. Und dass die Undertones so weit vorne sind wie damals mit ihren Hits "Here comes the summer", "Jimmy Jimmy" oder gar "My perfect cousin", durfte man sowieso nicht erwarten. Das Rebellisch-Politische ist einfach dem Persönlichen gewichen. Sie wirken aber nie bedrohlich peinlich und schlagen sich auf "Dig yourself deep" wesentlich besser als die alten Weggefährten The Buzzcocks mit "Flat-pack philosophy" im letzten Jahr. Man kann getrost nach dem Ablauf der Spielzeit inne halten, von vorne anfangen und dabei die Phrasen im Booklet auswendig lernen. "Sometimes you look so pretty / The sun shines down on you", steht in Großbuchstaben auf der Rückseite. Das trifft zu. Manchmal, ja manchmal.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Dig yourself deep
- Here comes the rain
- Tomorrow's tears
Tracklist
- Dig yourself deep
- So close
- Here comes the rain
- Everything you say is right
- Him not me
- We all talked about you
- Fight my corner
- Precious little wonder
- Tomorrow's tears
- Easy way out
- Happy valley
- Move right in
- She's so sweet
- I'm recommending me
Referenzen
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- The Undertones (26 Beiträge / Letzter am 23.01.2017 - 20:37 Uhr)