Killerpilze - Mit Pauken und Raketen

Vertigo / Universal
VÖ: 27.07.2007
Unsere Bewertung: 3/10
3/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

Das Haus vom Nikolaus

Vor einigen Monaten ging ein Aufschrei durch Gruppen im SchülerVZ und Fanforen: Schlagi hat seinen Bass geschultert und ist gegangen. Einfach weg. Er wolle sich auf seinen Schulabschluss konzentrieren. Böse Zungen munkeln überdies, ihm habe die Musik der Killerpilze nicht mehr gefallen. Dass Jo, Sänger und Gitarrist, nun auch noch mit dem Gedanken spielte, ein Schuljahr in den USA zu verbringen, zauberte manchem Fan Schweißperlen blanker Angst auf die Stirn. Die Killerpilze am Ende? Mitnichten. Auch zum Trio geschrumpft, werden sie in der neuen Saison die Titelbilder der Bravo! dominieren.

Live zupft nun ein Benni den Tieftöner, auch wenn er offiziell noch nicht zur Band gehören darf. Der Fangemeinde scheint es wurscht zu sein. Sie vergöttert vor allem Fabi, den winzigen 14-jährigen Fratzmit der Wuschelfrisur hinter der Schießbude, der gerne eine Kuscheltierbiene an sein Drumset schnürt und so witzige T-Shirts trägt. Der kleine Mann mit der süßesten Nase im Rockbusiness. Gerade er ist zum feuchten Tröpfchentraum, zum... na ja... Sexsymbölchen geworden. Für die Altersgruppe, die erst hoffnungsfroh hinfiebert auf die ersten eigenen leidenschaftlichen Erlebnisse, und deren Wissen über die geheimen Stellen des anderen Geschlechts sich vor allem aus Dr.-Sommer-Lektüre speist. Und Fabi ist noch dabei, schwingt munter weiter die Stöcke. Insofern ist alles paletti. So viel zu den Klischees.

Als etwas erwachsenere Variante von Tokio Hotel wurden sie präsentiert. Deftiger, krachiger, zupackender, rauer. Relativ. Auch wenn die Zielgruppe selbst kaum älter ist als die der gern gedissten Konkurrenz, die ihre Songs ja nicht mal selber schreiben kann. Doch die Fans, die vielleicht vorher noch Frisur-Unfall Bill Kaulitz zujubelten, durften sich gleich ein ganzes Stück älter fühlen. Zahnspangen tragen sie trotzdem noch einigenteils, finden vielfach Mathelehrer doof und sparen noch für den Mofa-Führerschein. Nun haben die Jungchen also nach "Invasion der Killerpilze" wieder gebastelt und neue Songs eingetütet. Aus eigener Feder, klar. Und auch diesmal produziert und arrangiert von Corni Bartels, der auch Mitschuld am letzten Album von Joachim Deutschland trägt. "Unser Hauptproblem war, dass wir so viele Ideen hatten, dass wir erst mal heraus finden mussten: Welche davon sind die richtig guten?", hat der Jo erzählt. Spannend wäre zu erfahren, welche weiteren Ideen Jo, Mäx und Fabi hatten. Denn die richtig guten Ideen auf diesem Album zu finden, ist eine Aufgabe für ausgebuffte Privatdetektive.

Auf ein Neues punkpoppen sie sich die Clerasilporen schweißnass, knabbern hier und da auch am New Metal, grüßen die Ärzte und lassen ein paar sanfte Balladen schwimmen. Dass sie mitunter durchaus griffige Riffs, gelungene Passagen und gescheite Melodien hinbekommen haben, geht in Ordnung. Vieles hat man in ähnlich schon hunderte Male (durchaus auch besser) gehört, einiges sogar nahezu genauso - vor allem "Ich brauche nichts", das fast schon dreist bei "All the small things" von Blink-182 mopst. Rein musikalisch kommen manche Songs anfangs zwar gefällig daher. Doch je länger das Album dauert, desto steiler schmiert leider es auch diesmal ab, ehe zum Falsettgequieke bei "Stress im Nightliner" das Blut schockgefriert. Wirklich erschreckend wird das Ganze indes erst durch die grobmotorischen, platten und oft allzu bemüht ulkigen Verse - so lyrisch wie ein Doppelwhopper und so gelenkig wie Calli Calmund. Einen ganzen Clownschwarm scheinen sie teilweise gefrühstückt zu haben. Mit Wortspielen, die kaum feinsinniger sind als Treckerreifen. Mit Reimen, die nurmehr mit dem Holzhammer in Passform gepfercht werden konnten.

"Ich weiß nicht, ob es Liebe ist / Wenn Du mir die Beine brichst / Wenn Du mir die Chips wegisst / Weiß ich nicht, ob das Liebe ist", rumpelt Jo durch die erste Single "Liebmichhassmich", um dann nachzulegen "Lieb mich oder hass mich / Wenn Du mich schlägst, find ich das fantastisch / Ich seh das nicht so drastisch / Ich lieb Dich und Du hasst mich." Und in der wohl unvermeidlichen Sozialkritiknummer "Ich will Gerechtigkeit" stolpern sie sich dann durch das Floskelgewitter "In dieser Zeit / Sei bereit / Für mehr Menschlichkeit / Denn diese Zeit braucht Gerechtigkeit." Haus. Maus. Klaus. Raus.

(Ole Cordsen)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Meine Welt dreht sich
  • Wir

Tracklist

  1. Los
  2. Der MomentLiebmichhassmich
  3. Meine Welt dreht sich
  4. Für mich geschaffen
  5. Ich will Gerechtigkeit
  6. Wir
  7. 40 Tage 13 Stunden
  8. Ich bin raus
  9. Stress im Nightliner
  10. Richtig oder falsch
  11. Ich brauche nichts
  12. Andere Zeit
  13. Letzte Minute
Gesamtspielzeit: 47:23 min

Im Forum kommentieren

Hanfred

2008-10-21 17:03:24

dreck.

gibts die noch?

Khanatist

2008-05-10 15:30:27

Konzert morgen in Hamburg fällt aus :(

Daharka

2007-08-11 17:11:13

ich brauche nichts ist net all the small things, sondern original dumpweed von blink 182, sowas unglaublich dreistes...

tinga

2007-08-06 13:17:43

Also ich find sie sehr witzig geschrieben und durchaus gelungen. Dass die Klischees bemüht werden, gehört zu einer Klischeeband, und ich habe nicht das Gefühl, dass der Text sich auch selbst zu ernst nimmt. Ich wüsst nicht wie ich sie anders hätte schreiben können. Find das so schon okay. Ich kenn mich mit den Pilzen auch nicht näher aus. Und die Textstellen der Pilze sind auch schlimm. Und der Text bleibt doch immerhin fair bei der Beurteilung der Musik selber find ich. Versteh die Aufregung nicht ganz.

Wurstfinger

2007-08-06 12:39:34

Trotzdem scheiß Rezi.
Gerade Verrisse müssen gut werden, rafft das hier keiner?
Dieses pseudo-philosophische Geschwalle über Modest Mouse und Trail of Dead will doch keiner lesen. Da würde einfach "gute Platte, kaufen!" reichen, man würde losgehen und sich eh in wochenlanger Arbeit sein eigenes Bild herausarbeiten.

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