Ryan Adams - Easy tiger
Lost Highway / UniversalVÖ: 29.06.2007
Kuschelkater
Ryan Adams ist Plattentests.des meister Künstler. Das ist - abseits grammatikalischer Fragen - unstrittig. "Easy tiger" ist schon seine neuntes hierzuseits rezensiertes Album - und dabei wurden weder sein großartiges Solodebüt "Heartbreaker" noch das ebenso formidable, vorherige Schaffen mit Whiskeytown mitgezählt. Viel diskutabler erscheint allerdings die Qualität seiner Veröffentlichungen. Einem Genie sei dabei das Recht auf einen Fehlgriff ausdrücklich zugestanden. Oder auch auf zwei. Da kann man froh sein, dass "Easy tiger" sich diesbezüglich vornehm zurückhält.
Nach den von manchen Redaktionsmitgliedern gefühlten siebzehn Alben des Wahl-New-Yorkers in den letzten beiden Jahren, die sich allerdings bei korrekter Zählung auf gerade einmal drei ("Cold roses", "Jacksonville City nights" und "29") eindampfen lassen, ließ es Adams zuletzt etwas ruhiger angehen. Zumindest äußerlich: Er schaffte es endlich mal nach Deutschland und vermied es dabei sogar, sich schwerwiegend zu verletzen. Er wurde mit Hilfe seiner Lebensabschnittspartnerin eine längere Strecke von nicht näher ausgeführtem Substanzmissbrauchs los. Und dann war da ja auch noch das konfuse Sammelsurium aus Rotzpunk-, Indierock-, Freakfolk- und HipHop-Alben im "Cardinals radio" auf seiner Website. Ehrensache, dass man von alldem auf "Easy tiger" nichts merkt. Denn dort hat Mister Sprunghaft wieder seine geschätzten Americana-Delikatessen im Angebot.
Da darf in "Goodnight Rose" gefühlvoll getaumelt werden und in "Two" Sheryl Crow das Objekt resignierter Begierden geben. "But it takes two / When it used to take only one." Hach! So genügsam wie effektiv. Auch "Everybody knows" kostet den Schmerz aus und zeigt die Zerbrechlichkeit einer Dreier-Konstellation mit dem Understatement des Entliebten. Doch der Kummer zieht niemanden herunter. In "Halloweenhead" verlangt Adams nach dem krummen Gitarrensolo, das diesem Flickenjeans-Rock das Stadion gerade noch austreibt. Und in "Oh my God, whatever, etc." stolpert das Klavier über zwei wacklige Gitarren. Dort, in den Pausen und den bitteren Harmonien, blitzt das Können.
An anderer Stelle hingegen war die Verlockung der Gefühligkeit wohl etwas zu groß. "Tears of gold" lässt die Pedalsteel jaulen, "The sun also sets" hält es vor Leidenschaften kaum mehr aus, und wenn Adams nicht dieses famose Melodieverständnis hätte, müsste man sich beinahe abwenden. Doch immer wieder blitzen sie auf, die im Titel angedeuteten Raubkatzigkeiten. Und dann packen sie einen: die schlichten Dramen wie "Rip off" oder die unscheinbaren Kleinigkeiten wie "Pearls on a string" und "I taught myself how to grow old".
Adams lässt die Cardinals dazu diesen abgeschabten Alt. Country spielen, den man grundsympathisch finden muss, ohne immer recht erklären zu können, warum. Doch wenn man das handliche "These girls" mit der fast zweieinhalb Mal so langen Livefassung vergleicht, bekommt man eine Ahnung, was noch alles hätte gehen können auf "Easy tiger". Wer aber glaubt, dass mit diesem Konjunktiv das Thema Ryan Adams für dieses Jahr schon erschöpfend abgehandelt sein könnte, darf sich auf das für Jahresende angekündigte Raritäten-Boxset freuen. Wir zählen fleißig weiter.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Everybody knows
- Halloweenhead
- Oh my God, whatever, etc.
- These girls
Tracklist
- Goodnight Rose
- Two
- Everybody knows
- Halloweenhead
- Oh my God, whatever, etc.
- Tears of gold
- The sun also sets
- Off Broadway
- Pearls on a string
- Rip off
- Two hearts
- These girls
- I taught myself how to grow old
Im Forum kommentieren
Mic
2018-02-10 00:08:59
Wow was ein Album.
Tigersalat
2011-07-29 16:31:00
warum heisst das nicht easy, tiger?
Homer
2009-11-25 21:23:03
Hmmm... Amerikaner.
swann_street
2009-11-25 20:56:46
Ich liebe den Americana Sound auf Easy Tiger.
Welche Alben von Adams kommen ET am nächsten? Solche Ausflüge wie Gold goutiere ich nicht!
PseudocideWorld
2007-07-09 22:25:14
Das Album ist so gut. Ein Kleinod reiht sich an das nächste. Unglaublich schön. Wer Songs wie Off Broadway, Ripp Off, I my god whatever etc., These Girls, I taught myself... hat und sie auf so unwiederstehliche Art interpretiert braucht keine Experimente. Konservativ ist das sicher nicht, vielleicht eher traditionell und vor allem zeitlos !!!
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