Pelican - City of echoes
Hydra Head / IndigoVÖ: 28.05.2007
Lost highway
"And the Oscar©®™ in the category 'Best imagination pictures' goes to ... 'The fire in our throats will beckon the thaw' by Pelican!" Jubel bricht aus, das Kodak Theatre versinkt in Beifallsstürmen, bedrohlich dunkel und unwetterartig wie das Album selbst. Minutenlang. Zeitungen schreiben von einem "epischen Applaus". Pelican freuen sich schüchtern, schütteln verlegen Hände, geben Jodie Foster als Preisübergeberin links und rechts Küsschen, winken kurz etwas künstlich raus an die Milliarden an den Bildschirmen und bedanken sich mit den Worten: "It's just like ... wow! Cheers!". Danach besteht der Abend nur noch daraus, sich zu Langweilen, dumm rumzusitzen, mit Jared Leto Bierchen zu kippen und mit Pamela Anderson zu sprechen, ohne ihr einmal ins Gesicht zu schauen.
Klingt eigentlich nach einer witzigen Veranstaltung, schließlich hat auch Christina Aguilera ganz interessiert ihre Handynummer rausgerückt, und das nicht nur, um endlich einmal mit richtigen Künstlern in Kontakt zu kommen. Doch Pelican war das alles - unverständlicherweise - viel zu viel. Kein scheiß Hollywoodkino mehr, keine scheiß Silikonbrüste und auch kein scheiß endloses Epikgeblubber mehr, so der feste Beschluss der Band. Alles müsse ein bißchen zurückgeschraubt werden, damit ja kein Academy-Award-Honk auf "City of echoes" aufmerksam werden wird und man diese Tortur noch einmal mitmachen müsse.
Doch Pelican haben nun einmal seit Jahren ihren festen Platz im Post-Metal, dem neuen Lieblingsgenre der Juroren: verkaufbar, dunkel-mystisch bis melancholisch, stets intelligent, wenn auch manchmal pseudo-künstlerisch, laut, jung, hip und immer so ein bißchen Underground. Doch es gibt immer Techniken, um sich zu öffnen und gleichzeitig andere vor den Kopf zu stoßen, damit diese sich abwenden. Kürzere, weniger weitschweifige Liedumfänge zum Beispiel - für viele Fans schon ein Kriterium. Oder etwas wohlwollendere Melodien, die den dunklen Fetisch nicht mehr vollends bedienen und befriedigen wollen. Oder gar einfach mal akustische Vierminüter als Höhepunkt nach und vor metallischen Schlachten im Unterholz, was dem Darstellen hüpfender, glücklicher Kinderseelen auf einer bunten Blumenwiese bei sonnigem Wetter direkt in der inhaltlichen Mitte eines Film Noir gleichkommt. Fast eine Schande, aber auch dieser Auf- und Ausbruch sitzt.
Pelican haben ein kleines David-Lynch-ähnliches Filmmeisterwerk abgeliefert, was weniger üppig und somit detaillierter und liebevoller wirkt, was aber auch wieder großes, kultiges Kopfkino im 16:9-Format geworden ist und zugleich dieses Jahr dem Juryvorsitz um Vin Diesel glücklicherweise durch die Lappen rutscht. Doch haben solche Veranstaltungen ohnehin nichts mit Qualität an sich zu tun, und deswegen ist eine Nichtnominierung auch nicht dramatisch. Im Gegenteil, Pelican würde es freuen nach dem Stress.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Win with hands
- Lost in the headlights
Tracklist
- Bliss in concrete
- City of echoes
- Spaceship broken - parts needed
- Win with hands
- Dead between the walls
- Lost in the headlights
- Far from fields
- A delicate sense of balance
Referenzen
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