Patrick Wolf - The magic position

Loog / Polydor / Universal
VÖ: 20.04.2007
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Patrick The Entertainer

Gut zu wissen: Die Beißreflexe von Musikfans und -journalisten funktionieren auch in einem relativ hypearmen Jahr wie dem bisherigen 2007 noch ganz ausgezeichnet. Es gibt keine neuen Arctic Monkeys, Maximo Park oder Bloc Party, nur die alten und ihre neuen Alben? Dann werden eben andere weiche Ziele ausgesucht. Und, jetzt mal unter Freunden gesagt: Kein Ziel dieses Jahr ist bisher weicher gewesen, als das Cover zu Patrick Wolfs drittem Album "The magic position". Von den alarmroten Haaren über die ausdruckslosen Blicke der Karusselltiere bis zur Sexualität des Fotografierten ist aber auch wirklich alles in angemessener Erschöpfung diskutiert worden, was sich aus diesen 12x12 Zentimetern herausinterpretieren ließ. Beinahe ironisch deshalb: Wer wirklich nach Antworten sucht, kriegt sie fast alle von der Platte, die sich hinter dem Artwork versteckt hält.

Der offensichtliche Symbolismus, mit dem das Cover von "The magic position" eine neuerliche Transformation des offenbar beliebig wandelbaren Wolf vorwegnimmt, ist nur die niedrigste Ebene, auf der sich seine Veränderungen und Weiterentwicklungen diesmal abspielen. Das Album selbst ist in Text und Ton noch viel offener und direkter, wenn es darum geht, die neue Offensive und Lebensfreunde zu thematisieren, die scheinbar quer stehen zum Bild des überaus schüchternen Eigenbrötlers, das man bisher von ihm hatte. In dieser Hinsicht weiter als alle anderen Songs auf "The magic position": Das Titelstück, das sich in seiner schillernden, glucksenden, holzbläsernen, streicherseligen Farbenfreunde vor allem damit beschäftigt, wie Wolf von einer neuen Liebe dazu gebracht wurde, plötzlich in Dur zu singen. Für einen klassisch geschulten Musiktheoretiker wie ihn natürlich eine große Sache.

Vorher hatte die mühsam ausgearbeitete, musikalisch atemberaubende "Overture" bereits in die gleiche Richtung gedeutet - Wolf singt um einen porösen Beat gewickelt "Now after all these years / You are at last opening" und lässt sich einmal mehr von der eigenen, als Leadinstrument gebrauchten Violine forttragen. Es sind überhaupt die selben Werkzeuge, mit denen er arbeitet, es ist immer noch die selbstverständliche Verbindung von quengelnder, treibender Elektronik und in die Jahre gekommenen Instrumenten, aus der seine Songs entstehen. Nur die Ergebnisse sind neuerdings eben zaghaft optimistisch, von vorsichtiger Lebensbejahung überrumpelt, für jedermann offen zugänglich und noch dazu selbst für Überzeugungssteher unfallfrei tanzbar. Es ist merkwürdig, keine Frage, aber Wolf bringt sich hier als Popstar der unwahrscheinlicheren Sorte in Position.

Dazu passen die neue Majorlabel-Power in seinem Rücken, das gut gelaunte Video-Interview, in dem er mit dem Guardian über lustige Nichtigkeiten plaudert, und selbst sein Auftritt in Charlotte Churchs eigener MTV-Show, der zu einem hölzernen "When doves cry"-Coverduett führt. Dazu passt allerdings nicht, dass "The magic position" mit "Secret garden" einen ähnlichen Komplettabsturz der Systeme hinnehmen muss, wie schon der fast gänzlich schwarze Vorgänger "Wind in the wires" und dass sich spätestens danach eine Zweigleisigkeit in Wolfs Worten und Taten abzeichnet. Sie erlaubt eine von sich selbst ergriffene Klavierballade wie "Augustine" neben dem leichtfüßigen, vielleicht gar beflügelten "Get lost". Und sie macht Platz für "Magpie" und Marianne Faithfull, die Wolf schließlich doch wieder in seine eigene Vergangenheit entführen.

Das Stück wirkt mit seinen donnernd angeschlagenen Klavierakkorden und sensibel gegensteuernden Streicherspitzen seltsam abgekapselt vom Rest des Albums. Faithfulls bebende Erzählstimme und Wolfs hauchende, seufzende, wogende Schritthalteversuche schieben den Song eher an die Grenze zur Groteske, statt sich wirklich zu ergänzen. Letztlich steht "Magpie" aber weniger als weiterer missglückter Duettversuch da, denn als Kronzeuge dafür, wie selbstsicher und -verständlich sich Wolf auf dem Neuland bewegt, das er mit "The magic position" erschließt. Es bleiben ein paar kleinere Ungereimtheiten, wenige offene Fragen und der weiterhin rätselhafte Charakter des Protagonisten. Ein begnadeter Selbstdarsteller ist er also auch noch. Und dieses Album folglich sein erstes, auf dem er sich als konsequent gebrochene, widersprüchliche, vor allem aber unterhaltsame Kunstfigur inszeniert.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Overture
  • The magic position
  • Bluebells
  • Get lost

Tracklist

  1. Overture
  2. The magic position
  3. Accidents & emergency
  4. The bluebell
  5. Bluebells
  6. Magpie
  7. X
  8. Augustine
  9. Secret garden
  10. Get lost
  11. Enchanted
  12. The stars
  13. Finale
Gesamtspielzeit: 40:39 min

Im Forum kommentieren

Konstant in

2009-03-21 22:36:55

"Augustine" ist einer seiner besten Songs.

Twei

2008-12-30 10:15:17

hört ihr auch gemeinsamkeiten bei Overture mit Flames von VAST?
oder muss ich mir die Ohren nochmal waschen

Uh huh him

2007-06-05 23:08:15

Eben. Man sollte auch die Sätze davor beachten.

these strangers whose faces i know

2007-06-05 21:08:42

hat er doch garnicht ;)

Leatherface

2007-06-05 21:08:13

Aus welchem Teil des Satzes geht hervor, dass er sich als legitimer Nachfolger an sieht?

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