Youth Group - Casino twilight dogs

Anti / SPV
VÖ: 27.04.2007
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

The kids are alright

Gut möglich, dass Hartwig Schierbaum im März 2006 via Fleurop ein hübsches Gebinde verehrt bekam. Mit Glockenblümchen und Vergissmeinnicht, vielleicht auch noch Männertreu. Und mit besten Grüßen aus Sydney. Besagter Herr, der sich aus Ästhetikgründen Marian Gold nennt und so als Frontmann von Alphaville bekannt ist, verhalf nämlich indirekt der Youth Group im neunten Bandjahr zu ihrer ersten australischen Nummer-Eins-Single - und obendrein noch zu Doppel-Platin: Das Soundtrack-Kompetenzteam von "The O.C." hatte sich für die letzte Staffel der US-Jugendserie eine modernisierte Version des 80er-Jahre-Hits "Forever young" - im Original von Marian Golds Synthie-Pop-Grüppchen Alphaville - gewünscht und spontan die vier Australier mit der Erfüllung der Mission betraut. Was bestimmt nicht nur an deren prima passendem Bandnamen lag.

Dass allerdings ausgerechnet eine Fremdkomposition in Windeseile Türen, Ohren und Herzen für die Youth Group öffnete, ist schon ein bisschen unfair. Denn bereits ihr großartiges Zweitwerk "Skeleton jar" - bis heute das beste Album der Band - hätte Sänger und Gitarrist Toby Martin, Drummer und Gelegenheitskeyboarder Danny Allen, Haupt-Gitarrist Cameron Emerson-Elliott und Bassist Patrick Matthews (Ex-The-Vines) auf den Olymp der Emotionshymniker heben müssen. Stattdessen landeten sie im Vorprogramm von Coldplay. Rechtzeitig zur Tour war immerhin Album Nummer drei fertig, das mit fast einem Jahr Verspätung und neu geordneter Tracklist nun auch hierzulande erscheint. Natürlich inklusive "Forever young".

"Casino twilight dogs" beginnt mit einer Vermisstenanzeige: Der Protagonist von "On a string" hat bedauerlicherweise seinen Kopf verloren und hofft, in der Praxis eines Seelenklempners den Geheimgang zum Fundbüro zu entdecken. Ein Kontrabass wirft sich währenddessen auf die sanft federnde rote Couch und halluziniert lebhaft von "Pet sounds"-Klanglandschaften; von 12-saitigen sprudelnden Gitarren, einem Mellotron und sonnengereiften, zuckersüßen Harmonien. Dabei ist die abschließende Erkenntnis dann doch eher eine bittere: "Love's a creepy thing / It gets under your skin / Starts sticking in pins." Der Beziehungs-Gnadenstoß "Sorry", inklusive sarkastisch gestimmter Western-Fiddel, folgt direkt auf dem Fuße. Auch wenn die Youth Group mit Vorliebe lyrische Krisen-Szenarien entwirft - musikalisch ist das Glas immer halb voll.

Überhaupt hat sich seit "Skeleton jar" nicht viel verändert: Da sind nach wie vor diese prächtigen, königsblau gefiederten Schwebegitarren, vor allem beim herausragenden "Daisychains". Und rauschhafte Melodien, die trotz Hochprozentigem im Blut mühelos den Nachhauseweg finden. "Catching & killing" überrascht dann aber doch - mit Bono-Prediger-Tonfall und einem auf Samples von Arab Strap und den Stone Roses basierenden Drum-Loop. "The destruction of Laurel Canyon" macht Storyteller-Charme und Westcoast-Pop miteinander bekannt, "Under the underpass" zelebriert die Maßlosigkeit juveniler Abenteuerlust, und "Start today tomorrow" präsentiert eine sorgfältig ausgepolsterte, mit Streichern verzierte Ode an den Müßiggang. Youth Group betreiben Lethargieverherrlichung? Ganz im Gegenteil: "It's a free world / Go out and be an artist."

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • On a string
  • Sorry
  • Daisychains

Tracklist

  1. On a string
  2. Sorry
  3. Catching & killing
  4. Dead zoo
  5. Under the underpass
  6. Sicily
  7. Daisychains
  8. Forever young
  9. Start today tomorrow
  10. The destruction of Laurel Canyon
  11. TJ
  12. Christmas windows
Gesamtspielzeit: 41:44 min

Im Forum kommentieren

mr.pink

2008-05-09 23:13:14

eigentlich zu unrecht so wenig beachtet. my life's on a string.

Henneke

2007-09-19 17:08:43

Ham wieder alle übersehen: Die besten Songs (Start Today Tomorrow und Daisychains) sind in den Strophen viel zu deutlich von Radiohead abgekupfert, aus der Bends-Zeit. High&Dry und Fake Plastic Tree sind's.

Trotzdem schöne Platte und schöne Texte. Wer's mag, muss nur eben auch The Bends von Radiohead ausprobieren, wenn noch nich geschehn...

mr.pink

2007-04-22 16:12:01

das hätte aber, wie so oft, mal wieder ein pünktchen mehr sein können. mit viel luft. highlights finde ich jetzt auch nicht unbedingt treffend. ansonsten schöne rezension.

badly drawn jan

2007-04-03 18:37:42

Die beste Charlatans-Platte aller Zeiten!

tobi

2007-02-24 07:35:48

Danke, Armin. Jetzt gibt es endlich eine bestätigtes Veröffentlichungsdatum.

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