Norah Jones - Not too late

Blue Note / EMI
VÖ: 26.01.2007
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Dream on

Eine Endlosschleife aus Wattebausch-Traumblasen windet sich ihren Weg durch schlummernde Großhirnrinden. Sie nimmt und findet kein Ende, dümpelt halt- und planlos um sich selbst. Irgendwann träumt irgendwer von Zäunen und Schafen. Die wiederum träumen von Weckern und vom Aufwachen. Indes, es bleibt alles nur ein Traum. Zwischen früher Müdigkeit und spätem Wegnicken wird einem schließlich bewusst: ein bisschen mehr Hinterlist, ein wenig Gefahr, die ein oder andere Klippe darf man gerade von guter Popmusik durchaus erwarten. Was heißt?

Norah Jones ist wieder da. Und sie hat ein neues Video mitgebracht. Es heißt "Thinking about you". Und lottert so vor sich hin. Bereits zu "Sunrise", dem Hit vom Letztwerk "Feels like home", mochte so mancher sich fragen, wann diese Song und Video gewordene Hänsel-und-Gretel-Niedlichkeit endlich aufwacht und kapiert, dass sie vom Bodensatz eines Hexenkessels ihr Bonbonuniversum halluziniert. Damals waren es vor allem die schlickigen Ablagerungen des Vocal Jazz, die Jones als Flock von ihrem musikalischen Schlaftrunk schöpfte. Doch, man hat es unken hören, von diesem Suppengrün ist auf "Not too late" nicht mehr viel geblieben. Jones' Kompositionen gurgeln jetzt lieber mit Country und Folk.

Gleich "Wish I could" präsentiert diese Rezeptur allerdings überraschend gelungen. Der Tränensalzteig der Gitarrenfigur wird durch einen Verzögerungsakkord aufgebrochen, das Cello bedrängt den Gesang ebenso, wie es ihn als Ruhekissen nutzt, und Jones' Stimme steigt als altbekannter Kitzel in die Nase. Mit "Sinkin' soon" bekommt man einen weiteren Aufmerker, selbst wenn der Song mit leierndem Banjo, verschwitztem Klavier und mit der falschen Körperöffnung gespielten Bläsern etwas gewollt aus Tom Waits' Spucknapf trinkt. Dann aber eröffnet "The sun doesn't like you" den irgendwie faden, seltsamerweise aber auch spannendsten Teil des Albums.

Denn es ist in der Tat merkwürdig, wie sehr die Architektur der folgenden Songs den alten Vorwurf der Fahrstuhl- und Bügelbrettmusik abnickt, indem jeglicher Überschwang an Ideen in die Raumtiefe gemischt wird. So präsentiert sich "Until the end" träge und irgendwie versumpft. "Not my friend" versucht sich durch Marimba-Geschwurbel aus eben diesem Sumpf zu ziehen, mümmelt sich letztlich aber doch nur am eigenen Dämmerzustand fest und schmollt den Song von unten her an. Schließlich kann sich "Broken" durch Lee Alexanders Streicher-Miniaturen wieder etwas frei strampeln. Bereits gescholtenes "Thinking about you" bleibt allerdings mit mindestens einem Ärmel an einem Orgelgestrüpp hängen, das dem Song eigentlich zusätzliche Ellbogenfreiheit verschaffen sollte. Gerade so wie Schafe von Weckern und vom Aufwachen träumen, daddelt sich all das zu einem millionenfach geclusterten Kosmos zurecht, bei dem das Verweisen und Reflektieren kaum jemals aufhört, in dem und für den andererseits nichts und niemand die Verantwortung übernehmen will.

Hernach wird es im letzten Albumdrittel zu "Wake me up", "Be my somebody" und "Rosies Lullaby" beinahe klassisch countryesk, während "Little room" mit gewollt schief gespuckten Whistles ein letztes Mal die Grenzen des musikalischen Larifaris auslotet. Auch das wirkt aber wie die eigentlich richtigere Geste. Denn immer dann, wenn "Not too late" wie hier, oder eben auch im Mittelteil, am meisten daneben liegt, legt es sich stets auch quer zu den eigenen, etwas blasierten Ansprüchen. Ob gewollt oder nicht, so macht das insgesamt durchaus Sinn. In dieser Traum- und Wunschmaschine, in der sich Musik immer wieder zu dichten Kristallen entwickelt, wünscht man sich zwar ein wenig mehr Klarheit und Konzentration. Letztlich ist und bleibt auch dies jedoch ... ein weiterer Traum.

(Tobias Hinrichs)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wish I could
  • Sinkin' soon
  • Broken
  • Little room

Tracklist

  1. Wish I could
  2. Sinkin' soon
  3. The sun doesn't like you
  4. Until the end
  5. Not my friend
  6. Thinking about you
  7. Broken
  8. My dear country
  9. Wake me up
  10. Be my somebody
  11. Little room
  12. Rosie's lullaby
  13. Not too late
Gesamtspielzeit: 45:23 min

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mischi

2007-02-04 16:41:33

Nun ja, wenn man das, was auf der Dynamite drauf ist, mit dem, was auf der The World Is Saved drauf ist, dann ja. ;)

captain kidd

2007-02-04 14:53:38

macht nicht die gute stina auch immer das gleiche?

cav

2007-02-04 12:45:55

Wer ist Stina Nordenstam?

siehe zb

http://www.plattentests.de/rezi.php?show=2522

dfg

2007-02-04 12:43:15

3x das gleiche Album, hier muss jetzt schon der Vergleich mit Linkin Park her!!

lazybone

2007-02-04 11:40:48

Wer ist Stina Nordenstam? Kannst du mir mal ein paar Tips zum reinhören geben?

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