Sufjan Stevens - Songs for Christmas

Asthmatic Kitty / Cargo
VÖ: 10.11.2006
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Good Santa

Bisher war man ja davon ausgegangen, daß mit Billy Bob Thornton als "Bad Santa" die endgültige Krönung der weihnachtlichen Schöpfung erreicht worden war. Ein rauchender, saufender, kotzender, sich selbst vollpissender Nikolaus, der Autoscheiben einschlägt, Kaufhäuser ausräumt, kleine Kinder beklaut und nebenbei munter in der Weltgeschichte rumhurt - der ideale Zeitvertreib am heiligen Abend für Mutti, Vati, Omi und ihre latent militanten Nachfahren. Das Weihnachten der guten Seelen aber hat natürlich nicht zwei Jahrtausende lang an seinem Standing gearbeitet, um sich jetzt von einem Hollywood-B-Movie in den Arsch treten zu lassen. Da haut es doch lieber das beste Feiertags-Fünffach-Album aller Zeiten raus. Und zimmert den Zynikern eine ordentliche rechte Gerade zwischen die Augen. Technischer K.O. in der 2006. Runde. Advantage Christmas.

Vor fünf Jahren hat Sufjan Stevens in seiner gutmenschlichen, gefühlsduseligen, wundervollen Art damit angefangen, kleine Weihnachts-EPs aufzunehmen, um sie an Freunde und Verwandte zu verschenken. Auf den Kopf gestellte Traditionals, die patentierten Kosmo-Interludes und eigene Weihnachtslieder, liebevoll geschrieben und eingespielt, aufwändig ausgestattet und verpackt. Die Dinger wurden natürlich schnell zu viel gesuchten Sammelstücken, ist ja klar. Und weil es eben seinem Naturell (und dem Anlaß erst recht) widersprechen würde, nicht zu teilen - weil er der letzte verdammte Weltretter ist, den wir noch haben -, hat sich Stevens einen Ruck gegeben, die bisherigen vier EPs mit einer neuen fürs kommende Fest zusammengepackt und sein Label angewiesen, das Ganze für wirtschaftlich unverantwortliche 20 Euro zu verscheuern. Was soll man noch sagen? Wir lieben Dich auch, Sufjan.

Hört man sich "Songs for Christmas" nun in vorweihnachtlicher Hochstimmung an, muß man unweigerlich daran denken, wie Stevens im vergangenen November mit Adlerflügeln, Cop-Sonnenbrille und gigantischer Backing-Band für ein einziges Deutschlandkonzert eingeflogen war, wie er unwirklich zwischen Banjo, Flügel und Gitarre hin- und herschwebte, einen aufpäppelte und betriebsfähig machte, mindestens für die nächsten sechs Monate. Die 42 Lieder hier ziehen ihre Kraft nämlich aus derselben königlichen Erhabenheit; sie nehmen sich die gleichen Allüren raus, jubeln mit außerkörperlichen Chören um die Wette, formatieren das Gitarrensolo neu und hangeln sich weiterhin an jedem Instrument entlang, das man kaufen oder selbst bauen kann. Ja, und außerdem: Sie sind genauso schön wie alles andere, was Stevens sich ausgedacht hat, nachdem er im Jahr 2000 plötzlich vom Himmel fiel.

"Songs for Christmas" ist aber nicht nur die herzlichste Wohltat, seit es Schokolade gibt. Es macht auch die rasante Entwicklung nachvollziehbar, die Stevens in den letzten Jahren genommen hat. Nicht nur ihm muß das wie ein Traum vorkommen, heute "Silent night" als Hawaii-Instrumental und später dann das schillernde, langsam nach vorne überkippende "Sister winter" zu hören. Jeder sollte die ganze Welt bemerken, die zwischen dem sympathisch besoffenen "It's Christmas! Let's be glad!" und der hektischen, atemberaubend ausformulierten Verstiegenheit von "Come on! Let's boogey to the elf dance!" liegt. In a nutshell: Der Mann, dem Anfangs noch die Mittel und Möglichkeiten fehlten, um die Musik umzusetzen, die sich in seinem Kopf abspielte, ist heute der beste Popsongarrangeur weit und breit. Gegenmeinungen, Allgemeinbeschwerden und Briefbomben bitte in den Kummerkasten, dankeschön.

Bevor wir uns nun feierlich mit Glühwein übergießen, gilt es allerdings noch einen Irrglauben aus der Welt zu schaffen: "Songs for Christmas" ist keineswegs das perfekte Weihnachtsgeschenk, obwohl es so liebenswürdig aufgemotzt wurde mit Stickern, Poster, Comic, Kurzgeschichten und Songbook. Eher ist es ein schlagfertiger Helfer im vorweihnachtlichen Wahnsinn, eine verlässliche Stützte beim Geschenke kaufen, Bäume aufstellen, Kerzen anzünden, Essen essen und Geschenke umtauschen. Das alles hat ja auch einen Sinn. Und mit den richtigen Leuten kann es sogar Spaß machen. Man mußte nur mal wieder daran erinnert werden.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Come thou fount of every blessing
  • Come on! Let's boogey to the elf dance!
  • That was the worst Christmas ever!
  • Hey guys! It's Christmas time!
  • Get behind me, Santa!
  • Sister winter
  • Star of wonder

Tracklist

  • CD 1
    1. (Noel: Songs for Christmas, Vol. I): Silent night
    2. O come o come Emmanuel
    3. We're goin' to the country!
    4. Lo! How a rose e'er blooming
    5. It's Christmas! Let's be glad!
    6. Holy holy, etc.
    7. Amazing grace
  • CD 2
    1. (Hark!: Songs for Christmas, Vol. II): Angels we have heard on high
    2. Put the lights on the tree
    3. Come thou fount of every blessing
    4. I saw three ships
    5. Only at Christmas time
    6. Once in Royal David's city
    7. Hark! The herald angels sing!
    8. What child is this anyway?
    9. Bring a torch, Jeanette, Isabella
  • CD 3
    1. (Ding! Dong!: Songs for Christmas, Vol. III): O come, o come Emmanuel
    2. Come on! Let's boogey to the elf dance!
    3. We three kings
    4. O holy night
    5. That was the worst Christmas ever!
    6. Ding! Dong!
    7. All the king's horns
    8. The friendly beasts
  • CD 4
    1. (Joy: Songs for Christmas, Vol. IV): The little drummer boy
    2. Away in a manger
    3. Hey guys! It's Christmas time!
    4. The first Noel
    5. Did I make you cry on Christmas Day? (Well, you deserved it!)
    6. The incarnation
    7. Joy to the world
  • CD 5
    1. (Peace: Songs for Christmas, Vol. V): Once in Royal David's city
    2. Get behind me, Santa!
    3. Jingle bells
    4. Christmas in July
    5. Lo! How a rose e'er blooming
    6. Jupiter winter
    7. Sister winter
    8. O come o come Emmanuel
    9. Star of wonder
    10. Holy, holy, holy
    11. The winter solstice
Gesamtspielzeit: 122:53 min

Im Forum kommentieren

Bremer Stadtmusicunt

2018-11-13 11:21:07

Teil 1-5 gibt's jetzt auch endlich auf Vinyl!

Herder

2013-12-23 13:14:38

Ich finde insbesondere "Sister Winter", "Star of Wonder", "That was the worst Christmas ever!" und "Did I make you cry on Christmas Day (Well you deserved it!)" großartig und denke, die können auch gut gegen das "normale" Schaffen Sufjans bestehen!

Von den "Traditionals" hat es mir insbesondere "Oh Holy Night" angetan. Das ist schon sehr ergreifend und auch wirklich schön gemacht.

Noch ein paar Tage hören, dann kommen die Alben aber wieder für elf Monate unter Verschluss...

rainy april day

2011-12-20 01:42:51

"That was the worst Christmas ever" ist vielleicht immer noch der herzzerreissendste Sufjan-Song überhaupt!

Hipsters gonna die (slowly)!

2011-12-20 00:26:15

Sufjan Stevens bleibt trotzdem noch das Paradebeispiek für Hipster-Mittelmaß-Scheiße. Ihr Spacken seid so peinlich verblendete, miese Nerds, die einfach keinen eigenen Horizont besitzen. Hauptsache immer alles aufschnappen, aber eigentlich null Plan von der Materie. Hoffentlich sterbt ihr endlich mal. Und wenn, dann langsam und schmerzvoll!

FUCK YOU HIPSTERGAYCRAP!

2011-12-18 21:53:21

HAHAHAHAHA FÜR DIESE SCHWULE SCHEISSE HAST DU JETZT GELD AUSGEGEBEN!?

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