Dirty Pretty Things - Waterloo to anywhere

Vertigo / Mercury / Universal
VÖ: 05.05.2006
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

The likely lad

Selten war es so egal wie hier, ob eine Platte nun gut oder schlecht geworden ist. Wen würde es schon kümmern, wenn die Dirty Pretty Things mit "Waterloo to anywhere" ein zweites "Sgt. Pepper" aus dem Boden gestampft hätten? Carl Bârat wäre ja doch der Gelackmeierte. Er will eben nicht sterben, sorry, und er will sein Leben auch nicht auf gmx.de oder im RTL-2-Text auf Seite 425 ausrollen. Weil Ex-Kumpan Pete Doherty aber will, oder weil er längst nicht mehr weiß, was überhaupt eigentlich gerade geht, haftet Bârat das Image des Vernünftigen an. Und das ist natürlich Mist, wenn man eine neue Rock'n'Roll-Band aufmachen will. Der Kerl hat keine mitkoksende Supermodelfreundin? Er verpaßt keine Gigs und kotzt noch nicht mal von der Bühne runter? Dann kann er ja gar nicht gut sein.

Was bei all dem Terz mit hartnäckiger Regelmäßigkeit vergessen wird: Bârat war prominent dabei, als zwei der besten Platten des Jahrtausends gemacht worden. In seiner neuen Band spielen zwei Viertel der ursprünglichen Libertines. Und mit Didz Hammond wurde von The Cooper Temple Clause auch noch ein Bassist abgeworben, der wiederum an zwei anderen besten Platten des Jahrtausends beteiligt war. Kurzum: Hier steckt mehr Starpower drin als im Freitagabend-Programm von SAT.1. Hier könnten vier junge Männer eine ziemlich gute Rockplatte gemacht haben. Und hier muß man sich vor allem keine Sorgen machen, daß sie einem unter den Fingern wegsterben, während man ihrem Album zuhört. Laßt uns also doch wenigstens mal gucken.

Das Auffälligste dabei: "Waterloo to anywhere" ist ein einziger Krampf. Es gibt sich solche Mühe, ein sorgloses Rotz-und-Reier-Album zu sein, daß alle Leichtigkeit von vornherein ausgeschlossen war. Die alten Rumpel-Rhythmen werden ausgepackt, die Gitarren leiern, das Schlagzeug bollert, die Stimme kurbelt - und trotzdem wirkt das alles so konzentriert am Punkt vorbei geschlunzt, daß man einen von Bârats Migräneanfällen kriegen will. Das wüste "You fucking love it" bellt sich mit großer Vehemenz heiser, "If you love a woman" la-la-lallt sich geradewegs ins Delirium. Und "Doctors and dealers" stolpert lustig über die eigenen Fußspitzen. Aber wie sehr man sich da auch bemüht: "Up the bracket" bleibt doch nur eine ferne Erinnerung.

Der Trick ist deshalb: Man muß "Waterloo to anywhere" als Arbeit begreifen. Man darf keine Sachen von ihm erwarten, die in der angespannten Ausgangssituation ohnehin nicht drin waren. Und dann funktioniert das auch. "Bang bang you're dead" ist mit seinem zerdellten Gitarrensolo gleich am Anfang eben doch ein charmantes kleines Biest. Das elegante Geeier von "Deadwood" kommt in aller Angemessenheit unter die Räder. Und "The gentry cave" spielt die momentan obligate Reggae-Karte immerhin ziemlich clever aus. Vielleicht war Doherty also wirklich der, dem immer die genialen Sachen durch den Kopf geschossen sind. Vielleicht war Bârat nur der Robin zu einem ziemlich schludrigen Batman. Aber einer Platte wie "Waterloo to anywhere" - der kann man trotzdem nicht ans Bein pinkeln. Dafür ist sie einfach zu gut. Auch wenn es diesmal kein Schwein interessieren wird.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Deadwood
  • Bang bang you're dead

Tracklist

  1. Deadwood
  2. Doctos and dealers
  3. Bang bang you're dead
  4. Blood thirsty bastards
  5. The gentry cave
  6. Gin & milk
  7. The enemy
  8. If you love a woman
  9. You fucking love it
  10. Wondering
  11. Last of the small town playboys
Gesamtspielzeit: 33:09 min

Im Forum kommentieren

Bonzo

2022-06-29 22:24:07

Ich hab's mir damals gekauft und nach 2 Durchläufen Pete vermisst. Asozial in der Indie-Disko "Bang Bang Your Dead" zu gröhlen ging natürlich immer.

Z4

2022-06-29 22:16:33

up the bracket 8,4/10
the libertines 8,4/10
down in albion 8,4/10
waterloo to anywhere 8,4/10

Z4

2022-06-29 22:15:40

Für mich ein legendäres Album, auf einer Höhe mit Down in Albion und den beiden ersten Libertines-Alben. Hab das eigentlich immer für das schwächste Album dieser Zeit gehalten, aber ich hör das grad mal wieder, und habs auch damals sehr oft gehört, ist rückblickend schon wahnsinnig gut und voller Energie, die man heute mit der Lupe suchen muss (aktuell kommen da am ehesten Wet leg ran).

JaRaDa

2007-04-28 21:10:47

up the bracket 9/10
the libertines 8/10
down in albion 8/10
waterloo to anywhere 7/10

danger121

2007-04-28 10:37:27

up the bracket (9/10)
the Libertines (8/10)
Waterloo to Anywhere (8/10)
Down in Albion (7/10)

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