Krezip - What are you waiting for
MSF / RCA / Sony BMGVÖ: 31.03.2006
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Es war dieser frech grinsende Front-Gummiball, der so manches Hörerherz für sich in Beschlag nahm, als sich Krezip vor fünf Jahren anschickten, auch hierzulande Fuß zu fassen. Das Debüt "Nothing less" war nichts weniger ein guter Grund zum Hinhören. Und der Nachfolger "Days like this" entpuppte sich als ein einziger Rausch. Zumindest rauschte er elegant an jeglichen Akustikzentren und Geschmacksnerven vorbei. Wieder nichts mit der holländischen Rockrevolution.
Da darf sich Jacqueline Govaert durchaus mal die Haare raufen und derart bambimäßig ins Objektiv linsen, daß mancher Redaktionskollege seine Hormone zur Ordnung rufen muß. Allein es hilft nichts. Denn wenn Krezip "What are you waiting for" fragen, ist die Antwort noch offensichtlicher als das übliche 9Live-Abzockspielchen: Wir warten mal wieder auf die Songs. Auf zündende Refrains und knackige Strophen. Gerne auch auf die zartbitteren Hymnen, die "Nothing less" im Zwiegesang von Govaert und Annelies Kuijsters sanft explodieren ließen.
Doch längst ist Kuijsters ins zweite Glied verwiesen, und Govaert alleine trägt die Unschädlichkeiten zu selten. Was einmal rauchig und leidenschaftlich war, erfüllt jetzt jegliche EU-Vorschrift. Nicht zu kuschelig, nicht zu heftig, immer den goldenen Schnitt im Auge. Krezip wollen zwar rocken, liegen mit Härtegrad und Tiefgang aber recht exakt zwischen den Grenzwerten der deutschen Kollegen von Juli und Silbermond. Zerrung ohne Schmerz, Röhren ohne Heiserkeit. Nichts, was man nicht anderswo schon mal gehört hätte - auch wenn vielleicht selten so dreist geklaut wird wie in "Really something", das sich die "Bitter end"-Klampfen bei Placebo ausgeliehen hat.
Das freut die Zielgruppe, die zwar herzhaft über Jeannette Biedermann lästert, aber Avril Lavigne für eine authentische Punkgöre hält. Die darf dann auch das Titelstück, "Don't crush me" oder die Single "Out of my bed" ganz, ganz toll finden und braucht sich nicht einmal darüber zu wundern, daß da irgendwo völlig unbemerkt auch der ehemalige Cure-Bassist Phil Thornalley mitgemischt hat.
Krezips drittes Album präsentiert komplett durchkonfektionierten Gitarrenpop. Viel netter als hier kann Musik kaum werden. Lediglich "Where are you now" und "Peace of mind" trauen sich, einfach mal aus der Reihe zu tanzen. Statt lästiger Ecken und Kanten zwitschert höchstens mal der Drumcomputer, während sich jugendfreie Riffs vom letzten Kirchentag emanzipieren. Unbekümmert nennen es die einen, harmlos die anderen. Ist es kokett, wenn "Same old story" die Einfältigkeit gesteht und in "I apologize" gleich schon die passende Abbitte geleistet wird? Oder eher ein Fall für das gleichnamige Papier von Aldi-Süd? Ach, egal. "Forget what I said."
Highlights & Tracklist
Highlights
- Where are you now
- Peace of mind
Tracklist
- What are you waiting for
- Out of my bed
- Don't crush me
- Brighter days
- Really something
- Take your time
- I apologize
- Where are you now
- Same mistake
- Peace of mind
- Same old story
- Don't want you
- Forget what I said
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- Krezip (14 Beiträge / Letzter am 17.05.2006 - 19:34 Uhr)