Nine Horses - Snow borne sorrow

Samadhisound / Opium Arts / Gallileo
VÖ: 17.10.2005
Unsere Bewertung: 8/10
8/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Eiskristalle

Es schneit. Sanft gleiten die Flocken in Richtung Boden. Nichts regt sich. Kein Laut. Die Landschaft hält den Atem an. Erinnerungen verblassen unter dem eisigen Puder. Doch in diesem Postkartenpanorama ist kein Platz für Romantik. Leise Tode werden gestorben. Die Tragik der Existenz wird zu ohrenbetäubender Stille. Und David Sylvian singt davon: "Snow borne sorrow".

Schon das eröffnende "Wonderful world" versprüht nicht zuletzt dank der verschmitzten Flüstereien von Stina Nordenstam die Schönheit von Eisregen. Es ist eine Weile her, daß der ehemalige Japan-Kopf seiner verschrobenen Melodik ein derart vorbehaltloses Rendezvous mit dem Pop gestattete. Doch immer spürt man auf dieser gemeinsam mit Steve Jansen und Burnt Friedmann inszenierten Fortführung seines "Blemish"-Konzepts den besänftigenden Einfluß aus Kammerjazz und dezent resignativer Altersweisheit. Die Themen sind zu ernst, um sich Leichtfertigkeiten zu gestatten.

"I feel / And it isn't in love." Sylvians Beweggründe lauern im Schatten. Drama und Dunkelheit. Verfall und Verführung. Trauer und Tod. Unter dem wachenden Auge des Existenzialisten prasseln die Arrangements wie Kaminfeuer. Das Titelstück flackert wie eine sterbende Neonröhre, während Sylvian verlorene Seelen einsammelt und ihnen die vage Hoffnung auf Errettung gibt. "The librarian" hingegen verwaltet seinen klickernden Groove mit der Gelassenheit des Defaitisten.

Doch trotz aller Untergangsstimmung bleibt der Blick für die Ästhetik des Daseins. Die sanfte Instrumentierung sorgt für Ruheräume. Einsame Bläser wehen beruhigend über die Strophen, heisere Gitarren verleihen den Refrains Selbstbewußtsein und Nachdruck. Ryuichi Sakamotos Klavier tupft entrückte Luftschlösser in den Nachthimmel. Und wenn die "Darkest birds" ihr Lied singen, fühlt man das Licht für das Ende des Tunnels im Herzen. "Snow borne sorrow". Der Kummer schwebt mit den Schneeflocken. Doch auch die Hoffnung kristallisiert. Es schneit.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Wonderful world
  • Darkest birds
  • The day the Earth stole heaven
  • The librarian

Tracklist

  1. Wonderful world
  2. Darkest birds
  3. The banality of evil
  4. Atom and cell
  5. A history of holes
  6. Snow borne sorrow
  7. The day tue Earth stole heaven
  8. Serotonin
  9. The librarian
Gesamtspielzeit: 58:44 min

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