Hannes Orange - Am Ende des Tages

Yeah! / Broken Silence
VÖ: 04.10.2005
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Grautöne

Hannes Orange ist keiner dieser Typen, deren Worte erst nach dem Passieren strenger Kontrollinstanzen zum Salto auf der Zungenspitze ansetzen dürfen. Was raus will, darf raus - sozusagen antiautoritäres Eloquenz-Management. Diesem Prinzip folgend, trug sein 2002 veröffentlichtes Debüt auch den unverblümten Titel "Komm mit" und offerierte, so der Kollege, einen Ausflug "in den Streichelzoo des Pop". Das klang gefällig, manchmal auch ein wenig zu unauffällig und überforderte den Hörer weder musikalisch, noch mit der Präsenz raffinierter Metaphern. Auch die Exkursion "Am Ende des Tages" führt nicht in die Hauptfiliale der Innovation; um ehrlich zu sein - noch nicht einmal in eine winzige Außenstelle. Aber immerhin ist das Ziel ein anderes: Legoland. Bausteine in einer überschaubaren Farbauswahl, die nach simplem Prinzip aufeinander passen.

Schon die ersten Sekunden von "Weiss" lassen keine Zweifel daran, daß wir uns wirklich nicht mehr im Streichelzoo befinden. Und wenn doch, dann ist das hier aber mindestens das Wildpferdgehege: Eine rotzige Gitarre duelliert sich mit einem Schlagzeug, das auch als rhythmisches Rückgrat eines trinkliedersingenden Stammtisches bestens funktionieren würde. Klingt eher nach den White Stripes, als nach Kuschelweich. Es geht aber trotzdem noch um das beliebteste Thema der Popmusik - "Ich sehne mich nach Dir / Und dann bist Du da / Wachst neben mir auf." Und dann zitiert der Hannes auch noch John Lennon: "Love is real / Real is love / Love is feeling / Feeling love / Love is wanting to be loved / Love is you / You and me / Love is knowing / We can be." Ist das nun dreist? Kitschig? Okay? Schön? Man darf annehmen, daß Herr Orange an dieser Stelle mit einem Erich-Fried-Gedichtband wedeln würde. Es ist, wie es ist.

"Feuer frei" fackelt die Vergangenheit ab und legt ein Gitarren-Pop-Mosaik aus der Asche. Die Stimme quietscht wie die Reifen eines schnittigen Polizeiautos in einer Privatfernsehserie. Klingt ein bißchen nach Geier Sturzflug und Neuer Deutscher Welle. "Sieben Mal" appelliert entspannt-melodisch daran, endlich den Dimmer des eigenen inneren Lichtes gegen einen normalen Schalter auszutauschen. Daß Amsterdam eine bereisenswerte Stadt ist, wissen wir ja schon von Space Kelly - der dort die schönsten Mädchen versprach. Hannes Orange importiert zwar seine deutsche Begleitung im VW-Bus, hat aber trotzdem einen netten Aufenthalt und bringt als Souvenir ein "Amsterdam"-Lied der Marke "frühe Virginia Jetzt!" mit. Der verspielte Rhythmus von "Leute" ist äußerst anhänglich, und auch den Refrain wird man so schnell nicht mehr los. Bedauerlicherweise bleiben dies die einzigen Überraschungen der Platte. Und das allein vermag die Gesetze der Astronomie nicht außer Kraft zu setzen: Am Ende des Tages präsentiert sich eintöniges Grau. Auch im Legoland.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Amsterdam
  • Leute

Tracklist

  1. Weiss
  2. Feuer frei
  3. Sieben Mal
  4. Amsterdam
  5. Du fängst mich
  6. Beschweren
  7. Herr Müller
  8. Leute
  9. Wohlstandskind
  10. Was ich meine
Gesamtspielzeit: 36:44 min

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