Xiu Xiu - La forêt

5RC / Acuarela / Rough Trade
VÖ: 12.09.2005
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Haifischflossensuppe

Es ist nicht der Song. Es sind die einzelnen Töne, Mann. Sie müssen Platz haben, Luft kriegen. Sich entfalten und erheben. Damit sie wenig später abstürzen können. Denn es ist freier Fall und Betonboden. Die Schönheit von Abrißbirnen gegen Häuserwände. Es ist auch Zerfasern und Verwesen, Musik drei Wochen über dem Haltbarkeitsdatum. Es ist Schmerz und Leid und Übelkeit. Es ist Xiu Xiu. Und es sind die einzelnen Töne.

Möglicherweise ist "La forêt", das vierte Album von Xiu Xiu, nochmal ein Stückchen versperrter und unzugänglicher geraten als sein Vorgänger "Fabulous muscles". Man steckt da ja nicht drin. Sicherlich aber ist es am Anfang ruhiger, nein, sind die Pausen zwischen den Tönen länger geworden. Stille ist auch nur ein Instrument. Und Bandleader Jamie Stewart spielt sie genauso gut, schlecht oder gottweiß was wie all die anderen Dinge, die auf dieser Platte genutzt und geschreddert werden. Bis die einzelnen Töne offen liegen. Selbst der Opener "Clover" wird ohne Rücksicht auf Zurückbleibende seziert. Note für Note, Silbe um Silbe. Dann klingelt es.

"Muppet face" ist etwas lebendiger, kaum aber lebhafter. Ein Harmonium läßt Sternenstaub regnen, dann kommen die Störgeräusche. Stewart gibt den Erbarmungslosen, gebeugt über seinen Laptop, scheucht Marschtrommeln durch "Mousy toy" und bringt mit dem bitterbösen "Pox" einen Dancetrack für Dreibeinige auf die Tanzfläche. "Jesus is wondering / If even he can love you." Es wird persönlich. Es ist eigentlich schon immer persönlich gewesen.

Beschreibungen des vor sich gehenden sind derweil ein hoffnungsloses Unterfangen. Stewart mag Robert Smith bewundern, vielleicht auch Ian Curtis, in den Umsetzungen seiner dunklen Gedanken ist er aber doch noch weitaus radikaler als diese beiden Herzenszerbrecher. Es rappelt und trümmert hinter ihm, während er wie ein Getriebener die eigensten aller Themen ausrollt: große Familienkrisen, alte Feindschaften, offene Rechnungen, respektive Wunden. Und dabei belegt er jeden einzelnen Ton mit Bedeutungsschwere, als wollte er das ungenießbarste Sandwich der Welt machen. Wir hoffen, es schmeckt. Und nicht verschlucken, bitte schön.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Muppet face
  • Pox
  • Bog people

Tracklist

  1. Clover
  2. Muppet face
  3. Mouse toy
  4. Pox
  5. Baby captain
  6. Saturn
  7. Rose of Sharon
  8. Ale
  9. Bog people
  10. Dangerous you shouldn't be here
  11. Yellow raspberry
Gesamtspielzeit: 44:06 min

Im Forum kommentieren

stativision

2008-04-15 10:00:04

spät entdeckt das album, aber auf anhieb großartig. avantgarde? nö. einfach nur zwischen schön und wild oszillierend wie kaum ein album davor.

dominik

2006-10-06 16:53:23

@Dän
da hast du definitiv recht. !ein ziemlicher Brocken! ich kenne bislang nur "the air force" und finde es ziemlich krass. wenn das von denen als das eingängiste bezeichnet wird dann müssen ja die anderen sachen erst recht heftig sein.

Dän

2006-09-18 16:01:44

"The Air Force" soll zwar angeblich "eingängiger" sein, aber ich finde, das trifft eigentlich nur auf einzelne Tracks zu. Als Ganzes ist das wieder ein ziemlicher Brocken. "Save me save me" gehört in der Tat zu den "normaleren" Songs.

shrink

2006-09-07 13:50:52

Dann erzähl mal. Ist sie eingängiger als der Vorgänger. Kenne "Save me" und der klingt ja relativ normal, aber gut.

dionisio

2006-07-01 14:44:25

Ich bleib dabei, starke Platte.

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