Four Tet - Everything ecstatic

Domino / Rough Trade
VÖ: 23.05.2005
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Lali Bluna

Stehst Du auf Fotos von Dir, auf denen Du gar nicht zu erkennen bist? Findest Du Aphex Twins kleine Horror-Videos witzig? Und hörst Du auch sonst immer gern die Musik, bei der die Anderen am Verstand des Schöpfers zweifeln? Dieses kalte Computer-Zeug ohne Gesang oder gar Gitarren? Macht Dich das an, wenn Jungs wie Matmos oder The Books in ihren Samplekisten wühlen, irgendwelche alten Einzelteile hervorkramen und zu neuen Soundscapes zusammenkleben? Willst Du hier vielleicht mal etwas genauer zuhören? Weil, sind wir nicht alle ein bißchen Bluna?

Kieran Hebden, Deckname Four Tet, hat seit seiner letzten Platte "Rounds" jedenfalls zwei umtriebige Jahre hinter sich gebracht. Spätestens seit seinem gewieften Free-Jazz-Remix von Radioheads "Scatterbrain" wird er auch abseits aller elektronischen Kontexte als einer der begabtesten Sample-Wizards und Laptop-Virtuosen der Gegenwart wahrgenommen. Im eigenen Renault Clio ist er folglich mit dem iBook im Kofferraum und seiner Schwester auf dem Beifahrersitz überall hingegurkt, wo man ihn auftreten lassen wollte. Und neben weiteren zahllosen, stets fleißig abgearbeiteten Remix-Aufträgen, hat er irgendwann auch seine neue LP in Angriff genommen. "Everything ecstatic". Einer außer Rand und Band. Das ist mal sicher.

Los ballert Four Tets viertes Album schonmal, als wolle es der Altherrenmannschaft von The Prodigy zeigen, was heute ein Breakbeat ist, bevor der Track dann ein paar üblen Störgeräuschen ins Netz geht. "A joy" ist so was für einen wie Hebden, obwohl sich "Everything ecstatic" in der Folgezeit auch gerne mal austobt, ohne ständig die Zähne zu fletschen. Sachen wie "High fives" sind beinahe selbstgefälliges Geklimper und Geklacker, dem alles gleich zu sein scheint, solange man ihm nur seinen Spieltrieb läßt. Und auch "And then patterns" würde eher gemächlich fließen, müßte man sich nicht fragen, wie der Typ am Ende bloß diese plastischen, greifbaren, unerhörten Geräusche hinkriegt.

Weil es einen Ruf zu verteidigen gibt, werden Hirnwindungen und Nervenstränge des überforderten Zuhörers in den verbleibenden Minuten aber doch wieder mit Doppelknoten verschnürt. "Sun drums and soil" ist den übrigen Tracks als aberwitzige Verbindung aus anschiebenden Live-Drums und verquerem Trompeten-Gebläse meilenweit voraus. "Smile around your face" könnte auch aus jenem entlegenen Kosmos stammen, in dem The Go! Team seit letztem Jahr einsam vor sich hinmusizieren. "Sleep, eat food, have visions" nutzt seine acht Minuten, um bedeutend weiter rumzukommen, als der handelsübliche Indietronic-Hit. Und wenn Hebden am Ende mit "You were there with me" noch eine stimmige Geisterbeschwörung aufzieht, ist das Hansdampf-Image endgültig verteidigt. Kein Triumph der Vernunft. Sondern music when the lights go out.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Sun drums and soil
  • And then patterns
  • Sleep, eat food, have visions

Tracklist

  1. A joy
  2. Smile around the face
  3. Fuji check
  4. Sun drums and soil
  5. Clouding
  6. And then patterns
  7. High fives
  8. Turtle turtle up
  9. Sleep, eat food, have visions
  10. You were there with me
Gesamtspielzeit: 42:17 min

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