Low - The great destroyer

Rough Trade / Sanctuary / Rough Trade
VÖ: 24.01.2005
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Break it down

Letztes Jahr haben Low die Archive entrümpelt. Den ganzen großen Haufen aus zehn Jahren alter und unveröffentlichter Songs durchleuchtet, gebündelt und schließlich auszugsweise veröffentlicht. Die Geburtstags-Box "A lifetime of temporary relief" war aber nicht nur der letzte fehlende Beweis dafür, daß man auch auf leisen Sohlen seine Spuren in der Rockgeschichte hinterlassen kann, sondern auch Kronzeuge der allmählichen Entwicklung, die das Trio aus Minnesota erlebt hat. Von der Langsam-und-lautlos-Band der ersten Tage über die losen Noise-Affären von "The curtain hits the cast" bis hin zu beinahe klassischen Songs. Und nun hat der Pressezettelschreiber folgenden Satz auf den Pressezettel zur neuen, achten Low-Platte geschrieben: "Here's your stinkin' rock record."

Der Mann hat den Verstand nicht verloren, und er hat auch nicht versehentlich das falsche Album gehört. "The great destroyer" ist tatsächlich die erste deutlich sichtbare Bruchstelle in der Low-Diskographie. Die Abkehr von ihrer Politik der kleinen Schritte. Und trotzdem, da können wir beruhigen, noch lange kein übermotivierter Quantensprung. Eine "stinkin' rock record" klingt nach Auffassung von Alan Sparhawk, Mimi Parker und Zak Sally nämlich eher so: schroff und ruppig, gleichsam verstörend wie verstört und immer wieder nahe dran an der beklemmten Land-unter-Stimmung von Joy Division. Nicht laut, aber lauter. Und auch nicht schnell. Sondern bloß ein bißchen weniger langsam.

Alan Sparhawk muß sich diesmal richtig Mühe geben mit seiner Stimme, vorbeidrängeln an Schlagzeugschutt und Gitarrenasche, die über dem lustvoll lärmenden Opener "Monkey" ausgeschüttet werden. "Everybody's song" wiederum fällt vor allem durch seinen Drumsound auf. Blechern und tonnenschwer, über vielsagenden Versen kreisend. "Breaking everybody's heart / Taking everyone apart." Erst nach diesem Ausrufezeichen läßt das sakral anmutende "Silver rider" etwas Ruhe einkehren. Und bevor "Broadway (So many people)" und das charmant benannte "Pissing" nacheinander zu schafspelztragenden (Post-)Rock-Wölfen heranwachsen dürfen, wird man mit dieser Platte noch die eine oder andere Überraschung erleben.

Was dieses Album nämlich abseits von Schnelligkeit und Lautstärke erst zu der Low-Platte macht, mit der man nicht gerechnet hätte, ist ihre Vielseitigkeit, was sowohl Stimmungen als auch Stile angeht. Hätte Producer Dave Fridmann in "California" noch ein bißchen Dreck von den Gitarren gewischt und den Sound etwas aufpoliert - das Teil wäre ein Hit. Und damit noch nicht genug, das kurz darauf folgende "Just stand back" hat solcherlei Nachjustierung gar nicht mehr nötig. "It's a hit / It's got soul / Steal the show / With your rock'n'roll."

Drei Songs weiter. "Step" hat Fuzzbaß und Handclaps in drei unbeschwert anmutenden Minuten. "When I go deaf" startet als akustischer, zweistimmig gesungener Folksong und endet irgendwann mit dem Kopf zuerst im Marshall-Amp. Und "Walk into the sea" schließlich hat so eine Ahnung von Mitneunziger-Indie-Rock, haut wieder die Schepper-Drums und kann seine verletzliche Schönheit doch nicht unter seiner zerkratzten Oberfläche verstecken. "Yes, I'm the great destroyer", gibt Sparhawk schließlich achselzuckend zu. Und wie sich seine Band hier gegen alle Regeln der Kunst selbst auseinandergeschraubt hat, läßt sich wirklich prächtig anhören. Gut zu wissen also, wie eine "stinkin' rock record" klingt.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • California
  • Everybody's song
  • Just stand back
  • When I go deaf

Tracklist

  1. Monkey
  2. California
  3. Everybody's song
  4. Silver rider
  5. Just stand back
  6. On the edge of
  7. Cue the strings
  8. Step
  9. When I go deaf
  10. Broadway (So many people)
  11. Pissing
  12. Death of a salesman
  13. Walk into the sea
Gesamtspielzeit: 52:48 min

Im Forum kommentieren

jackson

2005-06-15 11:49:51

ich finde die platte schlechter als die alten sachen. nich, dass mich das rockige stören würde, aber das haben andere schon besser gemacht.

low

2005-06-15 03:29:48

..und ich als langer wegbegleiter habe sie noch nicht.... schande über mich! möchte mich bei euch entschuldigen.. werde mir baldigst kaufen..

locusnuß

2005-06-15 00:27:55


als die platte rausgekommen ist, gab es ja viel gemecker darüber, daß dieses "rockige" nicht zu low passen würde.

abgesehen davon, daß diese platte nun auch nicht gerade als ein stilbruch angesehen werden kann (im gegenteil: es führt songs wie "Canada" vom album trust logisch weiter), finde ich auch die songs grötenteils das beste, was low bisher gemacht haben. und die direkte und etwas fettere produktion setzt interessante akzente, und das ist sehr gut so, denn noch eine platte im bekannten low-sound - also ich hätte das eigentlich nicht wirklich gebraucht - aber so: bisher eins meiner highlights in diesem jahr.

bee

2005-06-14 21:29:46

läuft bei mir seit gestern - grossartige Scheibe!
diesmal mehr Slow--Rock, mit einigen fast schon poppigen Elementen, die immer wieder konterkariert
werden von wunderbaren Noise-Gitarren - klasse!

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