Jennifer Gentle - Valende

Sub Pop / Cargo
VÖ: 24.01.2005
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 4/10
4/10

The Silvio Berlusconis

Bis eben haben wir noch hier gesessen und dachten uns so, daß Jennifer Gentle wahrscheinlich der zweitschlechteste Pornodarstellername nach Vince Hoden sein muß. Dann kam aber die neueste Flaschenpost aus Venedig rein und klärte uns über folgendermaßendes auf: Jennifer Gentle sind in echt zwei und machen Musik, die klingt, als hätte jemand den Beatles die Doors vor der Nase zugeschlagen und dann The Coral mit Syd Barrett an der Stehgeige gegründet. Aus Italien kommen sie auch noch, weshalb wir unsere Abneigung gegen Azzuri-Musik wohl langsam mal überdenken sollten, weil das nach Giardini Di Mirò nun schließlich auch schon die zweite tolle Band von denen ist. Aber dafür ist später noch Zeit.

Jetzt gilt es erstmal zu verkraften, daß Marco Fassolo und Alessio Gastaldello als kleine Kinder wohl einmal zu oft in Mama Miracolis Tomatensoße gefallen sind. Auf "Valende" passieren jedenfalls auffallend wenige Dinge, die man von zurechnungsfähigen Menschen erwarten würde. Orgeln werden mit dem Charme von Menschen traktiert, die zum ersten Mal hinter einem Tasteninstrument sitzen. Zwischendurch spielt jemand ein Solo, das sich anhört, als würde er die Luft aus einem Luftballon rauslassen. Angesäuerte Blasinstrumente ziehen kreischende Bremsspuren durch jedes der zehn Lieder. Glockenspiele werden prinzipiell nur mit verbundenen Augen bedient. Und Blockflöten sind auch mit dabei. Natürlich.

All das und eine ordentliche Ladung "Sound of the sixties"-Romantik führen am Ende dann dazu, daß die Instrumente für Songs wie "Hessesopoa", was auf deutsch übrigens "Heißa hopsa" heißen soll, auch schon mal siebeneinhalb Minuten lang den Autopilot anschalten. Wenn Jennifer Gentle aber zurück sind vom Pizzaessen, dann tanzt der Bär hier wieder Lambada. Zu Zick-Zack-Zicken wie "Tiny holes" etwa, oder gleich zum besten Track der Platte, "I do dream you", einem Orientierungslauf durch die Popgeschichte. In einhundertundfünzig strammen Sekunden. Wir haben ja schließlich noch viel vor.

Man hätte sich allerdings mehr solche Lieder gewünscht. Überhaupt hätte man sich mehr richtige Lieder gewünscht. Aber über verfolkte Abseitigkeiten wie den notdürftig zusammengeschepperten Opener "Universal daughter" wird sich trotzdem niemand ernsthaft beschweren wollen. Ganz zu schweigen vom Rauskegler der Platte, namentlich "Nothing makes sense", für den Alvin & The Chipmunks extra als Backing-Band auflaufen. Das haben sie sich wirklich schön ausgedacht. Die verrücktesten Italiener, die nicht in die Politik gegangen sind. Noch nicht.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Universal daughter
  • I do dream you

Tracklist

  1. Universal daughter
  2. I do dream you
  3. Tiny holes
  4. Circles of sorrow
  5. The garden pt. 1
  6. Hessesopoa
  7. The garden pt. 2
  8. Golden drawings
  9. Liquid coffee
  10. Nothing makes sense
Gesamtspielzeit: 44:25 min

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