Disillusion - Back to times of splendor

Metal Blade / SPV
VÖ: 05.04.2004
Unsere Bewertung: 9/10
9/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Das schwarze Loch

Es gibt Momente, da zweifelt man an seiner Tauglichkeit zum Musik-Schreiberling. Da bekommt man jede Menge mal guter, mal weniger guter Platten und läßt dennoch ums Haar eines der größten Alben des Jahres 2004 an sich vorbeirauschen. Doch der Reihe nach: Vor Jahresfrist waren Disillusion wirklich nur im tiefsten Underground bekannt. Doch dann nimmt sich das Leipziger Trio die Frechheit heraus, für ein Debüt-Album sagenhafte acht Monate im Studio zu verweilen und läßt dazu noch viermal die Release-Deadline verstreichen. Und dann nageln die Sachsen einen Silberling zusammen, der nicht nur an Opeth erinnert, sondern jene zu einer besseren Schülerband degradiert.

Bereits der Opener "And the mirror cracked" klingt, als habe man die besten Vertreter verschiedener Genres in einen Proberaum zusammengepfercht. Hier treffen sich Death-Wurzeln der Marke Opeth, Thrash-Geprügel à la Kreator, die Virtuosität von Dream Theater, die Komplexität von Cult Of Luna oder Neurosis, ausgefallene Arrangements aus dem Hause Anekdoten und atmosphärische Dichte wie bei Porcupine Tree. Wahrer Crossover.

Hier stimmt die Mixtur wie bei einem guten Blended Whisky. Was wie drei verschiedene Sänger klingt, ist in Wahrheit lediglich Vurtox, nebenbei noch Bassist und Chefdenker, der vor Ideen förmlich überzusprudeln scheint. Er schreit, er keift, er flüstert, er singt, er deklamiert - einfach nur großartig. Der Zauber von "Back to times of splendor" liegt darin, daß Vurtox tatsächlich diese zahllosen Einflüsse zu einem komplexen Ganzen zusammenzufügen imstande war. Dieses funktioniert auch, insbesondere bei den beiden überlangen Tracks von 15 bzw. 17 Minuten, deren Einfallsfülle manche Bands nicht mal auf Albumlänge liefern könnten. Und dennoch schaut man nach der jeweiligen Viertelstunde verdutzt drein und fragt sich, wie der Song so schnell zu Ende gehen konnte. Highspeed-Parts, böse im Hintergrund schreddernde Gitarren, Streicher, Akustikparts - alles ist dabei, doch alles stimmt, alles fließt.

Es ist in der Tat kaum zu fassen, daß "Back to times of splendor" wirklich ein Debüt-Album ist. Selten erreichen Erstlingswerke einen derartigen Reifegrad, sowohl kompositorisch als auch musikalisch. Hinzu kommt die nahezu perfekte Produktion. Klar, dieses Album sollte man nicht nebenbei hören, es hat definitiv die volle Aufmerksamkeit, einen sündhaft teuren Kopfhörer, verdient. Wäre die Platte ein Single Malt, sie wäre ein Lagavulin: zunächst scheinbar den Konsumenten überrollend, dem Fortgeschrittenen aber eine wahrhaftige Fülle liefernd. Und fügt dennoch bei jedem Genuß neue Facetten hinzu. Diese Spannung ist es, die "Back to times of splendor" zu nichts geringerem als einer der großartigsten Debüt-Platten des progressiven Hartmetalls gemacht hat. Wir verneigen uns.

(Markus Bellmann)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Alone I stand in fires
  • Back to times of splendor

Tracklist

  1. And the mirror cracked
  2. Fall
  3. Alone I stand in fires
  4. Back to times of splendor
  5. A day by the lake
  6. The sleep of restless hours
Gesamtspielzeit: 56:49 min

Im Forum kommentieren

Herrje

2013-03-05 18:34:54

Das ist ja.

Requiem

2012-12-25 11:30:12

Hail Saitan!

Hanskartoffel

2009-11-18 18:15:30

Großartig! Aber was hört man nach "so einem album?" Irgendwie hat man den eindruck oder das gefühl, man kann nur einen fehler machen wenn man eine neue scheibe einlegt...

Mendigo

2009-03-25 23:59:57

außerdem auf platz 5 der 2004er charts auf RYM (wobei ich glaube mich erinnern zu können sie sogar mal auf dem 1. platz gesehen zu haben) sowie auf platz 53 der charts für dieses jahrzehnt....

Pat

2009-03-25 23:27:30

Nie groß rausgekommen? Also ein Durchschnittswertung von 4,01 bei rateyourmusic ist schon eine starke Vorgabe. Ich hoff das neue Album geht auch wieder mehr in die alte Richtung.

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