Willard Grant Conspiracy - There but for the grace of God - A short history of the Willard Grant Conspiracy

Glitterhouse / Indigo
VÖ: 15.11.2004
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

This is not a folksong

Musiker sind Künstler, bestenfalls. Häufiger noch Lebenskünstler. Ähnliches ging mir durch den Kopf, als ich im letzten Jahr Robert Fisher kennen lernte. Nicht lange mußte mein Blick unsicher durch die Kölner Bahnhofskneipe schweifen, dann fokussierte er diesen großen Dicken mit dem Rauschebart und der auf den Rücken geschnallten Gitarre. Zwar verneinte Fisher meine Frage, ob er denn Willard Grant Conspiracy sei. Aber sein sich daran anschließendes eruptives und volltönendes Lachen entspannte die Situation, und nach wenigen Worten war klar: In diesem Koloß von Mann steckt soviel Energie und Lebensfreude, daß er es ohne große Mühe schafft, Motor zu sein für eine Band, die mal aus drei, mal aus 30 Leuten besteht, verstreut über weite Teile der uns bekannten Welt.

Vor mehr als zehn Jahren begann die Geschichte dieses losen Verbundes aus Musik-Begeisterten in einer Straße in Boston, die da Willard Grant heißt. Zu einer Verschwörung wurden die regelmäßigen Treffen im Freundeskreis durch die gemeinsame Mission: Um Robert Fisher und Paul Austin scharten sich im Laufe der Zeit verschiedenste Menschen und veröffentlichten bisher fünf reguläre Alben - zuletzt "Regard the end" im Jahre 2003. Sowohl musikalische Familienmenschen wie Chris Eckman von den Walkabouts oder aber Lieblingsgeisterbeschwörerinnen wie Kristin Hersh steuerten immer wieder Teile bei zum großen Ganzen dieses grandiosen Entwurfs freigeistiger amerikanischer Musik. Ständiges Touren in Nordamerika und Europa führte zu unzähligen Kooperationen, so daß Fisher selbst mittlerweile den Überblick verloren hat: "Wer auch immer behauptet, schon mal mit uns gespielt zu haben - glaube ihm!".

Volksmusikanten sind in der Willard Grant Conspiracy allerdings beileibe nicht zu finden. Im Gegenteil verweisen sie darauf, mit der amerikanischen Folk-Szene wenig zu tun zu haben. "Wir haben bedeutend mehr Platten von Joy Division im Plattenschrank als von Woody Guthrie", sagt dazu Austin. Daß diese Tatsache auch hörbar wird, läßt sich an Stücken wie "Bring it down" oder "Bring the monster inside" festmachen. Auch die Nähe zu Wüstensöhnen wie Howe Gelb oder der Handsome Family klingt immer wieder durch - "The ostrich song", eine der ersten Aufnahmen der Band, mag als Beweis dafür herhalten. Um das Repertoire zu vervollständigen, finden sich auf allen Alben hymnische Singalongs, die den Mut zum großen Songentwurf beweisen. Ob "Evening mass" oder "The work song" - sie alle sind nun also auch auf "A short history of the Willard Grant Conspiracy", so der Untertitel der vorliegenden Compilation, gelandet.

Wie nicht anders zu erwarten war, handelt es sich nicht um eine klassische Best-of-Sammlung. "There but for the grace of God" beleuchtet vielmehr die verschiedenen Schaffensperioden der Band und bietet viele so noch nicht veröffentlichte Versionen. Meist reduzierter oder aber zumindest knarziger und direkter; bisweilen sogar klingen die Stücke wie gerade dem Rock-Untergrund entstiegen ("Sticky"). Mein persönlicher Favorit jedoch ist ein Lied, daß auf Konzerten der Willard Grant Conspiracy immer ein Highlight darstellt. Ein furioses Miteinander an Mandolinen, Banjos, Gitarren und Geigen bietet, zum Mitsingen nachgerade zwingt: "The ballad of John Parker" ist ein kongenial intoniertes, lyrisches Kunstwerk und bietet in 2:30 Min. Songqualität in von anderen selten erreichter Güte.

(Joerg Utecht)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Bring the monster inside
  • Ballad of John Parker

Tracklist

  1. Morning is the end of the day
  2. The ostrich song
  3. Child's prayer
  4. Bring it down
  5. Bring the monster inside
  6. Backspace
  7. Evening mass
  8. St. John street
  9. Rainbirds
  10. The work song
  11. Another lonely night
  12. I miss you best
  13. Love doesn't
  14. Sticky
  15. Christmas in Nevada
  16. Ballad of John Parker
  17. The trials of Harrison Hayes
  18. Dig a hole
Gesamtspielzeit: 79:54 min

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