Steve Earle - The revolution starts ... now

Artemis / Ryko / Rough Trade
VÖ: 23.08.2004
Unsere Bewertung: 7/10
7/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Patriot Act

Worum geht es noch mal im Irak? Frieden schaffen, indem man Krieg führt. Genau. Massenvernichtungswaffen und so. Ach ja. Dabei haben die Amis die dortigen Eingeborenen doch bislang nur ansatzweise ausgerottet. Seltsam. Aber noch seltsamer ist es, daß die allgemeine Volksverdummung in den USA immer noch so erfolgreich ist, daß Bush #2 in den Umfragen immer noch vor JFK #2 steht. Das darf sich gerne ändern.

Wenn es nur um die sich zu Note meldenden Musiker ginge, wäre die zwangsweise Abdankung von George Walker Bush nach den kommenden Wahlen in Amiland nur eine Formsache. Da spielten Acts wie die Red Hot Chili Peppers, die Black Eyed Peas, die Goo Goo Dolls, Willie Nelson oder Mission Of Burma bei der Kandidatenkür der Demokratischen Partei zum aufrechten Tanz auf (während die Republikaner mit ZZ Top, Lynyrd Skynyrd und Kid Rock langweilten). Da rockt Punkhausen mit mittlerweile zwei randvollen Compilations gegen Bush, da kippen die liebenswerten Creekdippers mit ihrem "Political manifest" eine Wagenladung Spott vors Weiße Haus, und Lichtgestalten wie Bruce Springsteen, Pearl Jam und R.E.M. versammeln sich für die "Vote for change"-Tour. Steve Earle, bekennender Patriot mit links schlagendem Herzen, ist da natürlich ebenfalls an vorderster Front dabei. Und läßt sich nicht lumpen, um George Dabbelju mit ein paar frischen Songs die Brezel madig zu machen.

"The revolution starts ... now" heißt Earles zwölftes Album, und er meint es wie immer reichlich ernst. Politische Umwälzung begins at home. Im Zuhause der ganzen nichtsnutzigen Bush-Sippschaft. Er will sie, auch wenn es im gleichnamigen Song um etwas ganz anderes geht, "Home to Houston" schicken. Zurück nach Texas, wo Papa Cowboy spielen kann, ohne dabei das Schicksal der Welt zu versaubeuteln. Er will ihm mit einem charmanten Pseudo-Reggae "Condi, Condi" ausspannen: Stabs-Nummerngirl Condoleeza Rice, nach der Ölfirmen sogar ihre Tanker benennen. Er kotzt er der staatlichen Kommunikations- und Zensurbehörde eine mitreißende Quasi-Punk-Hymne namens "F the CC" auf die Lobby-Füße, und läßt ein paar Cheerleader dazu ramonesmäßig "F-U-C-K" buchstabieren.

Musikalisch outet sich Earle dennoch mal wieder als bodenständiger Rocker mit Country-Faible. Das in zwei Versionen geschrammelte Titelstück, eine beherzte Hymne auf die wahren Werte der amerikanischen Verfassung, pendelt zwischen Petty und Mellencamp. In der herzzerreißenden Folkweise "Comin' around" jubiliert er mit Emmylou Harris, und "I thought you should know" wiegt sich im sentimentalen 6/8-Takt. Anderswo spielt Earle zum klassischen Linedance mit Hut auf oder zieht zu sanften Rumba-Klängen Parallelen zwischen amerikanischem Kanonenfutter und palästinenischen Nachwuchsbombern. Arme Jungs, die von Geldsäcken für ihre schmutzigen Zwecke vergeudet werden. Ein besonders in den USA aufreizender Inhalt mit ausreichend hemdsärmeliger Vertonung, um in den Redneck-Stuben im mittleren Westen nicht ungehört zu verhallen. Kontroverse Konservativität. Die Zielgruppe ist klar. Doch bei soviel politischer Inbrunst und trotzdem unmittelbarer Melodiosität darf man auch hierzulande zuhören. Selbst wenn man am 2. November nicht mitwählen darf.

(Oliver Ding)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • The revolution starts ... now
  • Rich man's war
  • F the CC
  • Comin' around

Tracklist

  1. The revolution starts ...
  2. Home to Houston
  3. Rich man's war
  4. Warrior
  5. The gringo's tale
  6. Condi, Condi
  7. F the CC
  8. Comin' around
  9. I thought you should know
  10. The seeker
  11. The revolution starts now
Gesamtspielzeit: 39:21 min

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