Spearmint - A leopard and other stories

Apricot / Rough Trade
VÖ: 19.07.2004
Unsere Bewertung: 5/10
5/10
Eure Ø-Bewertung: 7/10
7/10

Sammelalbum

Wer in England ein wenig die Wildnis erkundet, sollte sich darauf gefaßt machen, daß ihm plötzlich prächtige Pfefferminzbüsche zu Füßen liegen könnten. Der musikinteressierte Naturfreund assoziiert dann möglicherweise schmunzelnd eines der peinlichsten Stücke deutscher Rockmusik: Westernhagen war ja bekanntlich dem Irrglauben verfallen, mit jenem Kraut ein adäquater Prinz für seine Angebetete zu sein. Wie albern. Auch die Londoner Band Spearmint bleibt trotz Minze im Namen mit "A leopard and other stories" leider nur ein Frosch - wenn auch, wie gewohnt, ein sehr sympathischer.

So hübsche Konzeptalben haben die Fünf uns schon beschert. Sich ausgiebigst Themen wie "Weihnachten in einer englischen Kleinstadt" ("Oklahoma!") oder "Die Chronik einer großen Liebe" ("A different lifetime") gewidmet. Auf "My missing days" sogar eine große Geschichte rückwärts erzählt. Spearmint webten bislang immer einen roten Faden aus musikalischem Augenzwinkern und textlicher Cleverness, geziert von Shirley Lees typischen Spoken-Word-Einlagen und diesem Hauch von Gute-Laune-Motown-Sound. Runde Alben. Der NME lobhudelte gar: "One day, Spearmint will be hailed as gods!" Was passiert nun, wenn diese Band B-Seiten, EP-Tracks und Compilation-Beiträge der letzten fünf Jahre auf einen Tonträger preßt? Es entsteht eine bunte Patchworkplatte. Die Muster kennt man bereits, auch wenn sie anderswo ein wenig schöner aussahen. Und etwas fehlt: der rote Faden.

"A leopard and other stories" soll eine Art Kurzgeschichtensammlung darstellen. Ein allzu dünnes Mäntelchen, das den lustigen Song-Pferdchen, die alle in unterschiedliche Richtungen zerren, bedauerlicherweise keine passende gemeinsame Stalldecke ist. "This is not a B-side, it's a future album track", lautete in den letzten Jahren der Running Gag im Studio. Der Haken: Die meisten Stücke klingen eben doch wie B-Seiten. Es gibt auch eine Singleauskopplung, "The whole summer long", eine niedliche Ich-hab-mich-nie-getraut-ihr-zu-sagen-daß-ich-sie-mag-und-jetzt-ist-sie-verheiratet-Akustik-Ballade. Wirklich nett, aber bei weitem kein "Left alone among the living" oder "Sweeping the nation".

Der Titeltrack "A leopard" sprudelt Energie durch Pop, "The beautiful things" stemmt sprödes Easy Listening dagegen. "The last bus home" klingt wie direkt aus der Garage einer Schülerband, die textlich brillante Pavement-Hommage "This is a souvenir" ungewohnt discokompatibel. Gäbe es nicht dieses Highlight, müßte man annehmen, der Tonträger sei irgendwie vertauscht worden: "Meet Mr Marsden", schon ein Live-Klassiker der Band, resümiert ein Leben in Zahlen. Das Resümee zum kompletten Sammelalbum ist einfach: zu viele - wenn auch größtenteils gute - unterschiedliche Zutaten, zu wenig gute Rezepte für ein durch und durch harmonisch schmeckendes, 14-gängiges Menü. Daran kann auch die liebevoll drapierte Pfefferminzblättchengarnierung nicht viel ändern. Aber man darf bedenkenlos großen Appetit auf das nächste richtige Spearmint-Album haben.

(Ina Simone Mautz)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Meet Mr. Marsden

Tracklist

  1. A leopard
  2. The beautiful things
  3. Say something else
  4. Vince's holiday tape
  5. The whole summer long
  6. I invented someone
  7. Death of a scene
  8. You were always happy
  9. This is a souvenir
  10. Bad souvenirs
  11. The last bus home
  12. Nothing
  13. We dyed the bathroom green
  14. Meet Mr Marsden
Gesamtspielzeit: 50:19 min

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