Soulwax - Any minute now
PIAS / Rough TradeVÖ: 23.08.2004
Time bandits
Klarer Fall von Mund-zu-Mund-Propaganda. Als 1999 fünf Belgier ein Album namens "Much against everyone's advice" veröffentlichten, interessierten sich ziemlich wenige dafür. Nun gut, positive Kritiken gab es, eine kleine Verehrer-Gemeinde ebenso. Aber vom Heldenstatus waren Soulwax weit entfernt. Die folgenden fünf Jahre gelten als Beweis dafür, daß sich Qualität eben manchmal doch durchsetzt. Inzwischen steht "Much against everyone's advice" in jeder gut sortierten Indie-Plattensammlung. Und selbst in den letzten Monaten ertappte man noch des öfteren geschmackssichere Bekannte, wie sie einen Silberling in schicker Vinyl-Optik aus dem Discman fischten. "Ach, Soulwax? Du also auch."
Inzwischen sind sie Helden, die inzwischen zum Trio geschrumpften Soulwax um Stephen und David Dewaele. Erst recht, seit die turntablerockenden Gebrüder unter dem Namen "2 Many DJ's" in den Clubs dieser Welt und auf "As heard on Radio Soulwax Pt. 2" mal so nebenbei ein neues Genre namens Bastard-Pop miterfunden haben. Da erwartet man sich irgendwie einiges von der neuen Platte. Und bekommt schon vor dem ersten Ton ein Bein gestellt. Mit einem wahrhaft bemerkenswerten Albumcover, bei dem man auf dem Bildschirm, je nach Vergrößerungs-Faktor und Blickwinkel, entweder leidige Momente der Blindheit erlebt, oder aber den Albumtitel "Any minute now". Ganz schön feist.
Nicht minder schockierend ist auch der Sound ausgefallen. Die explosiven Melodiebögen, der hitzige Pop, die warmherzigen Schmeicheleien - all das enthält uns "Any minute now" ausdrücklich vor. Unterkühlung ist Trumpf, ein Song wie "Compute" klingt metallisch wie eine eiserne Kühlschrankfront. Schon einmal mit den Fingernägeln über so etwas gestreift? Ja? Und, wie ist das? Richtig, gibt unangenehme Geräusche, quietschend teilweise, und einen schwer lokalisierbaren Schmerz in den Kuppen. Hinterläßt unschöne Spuren und mitunter gar eine Gänsehaut. Genau so fühlt sich "Any minute now" an.
Soulwax haben sich verschiedenste Elemente aus den Clubs geschnappt, die 2 Many DJ's in den letzten Jahren bereist haben. Aber nicht alle. Es fällt schwer, zu "Any minute now" zu tanzen. Es ist ein Elektronik-Album für den Kopfhörer, eines, das trotzdem irgendwie rockt. Und das jeder Beschreibung spottet. "Please don't be yourself" klingt nach einem nicht enden wollenden, sturzbetrunkenen Moment in einer abgewrackten Disco morgens um halb 5. Bei den trockenen Riffs von "Slowdance" und "YYY/NNN" denkt man fast schon an Stoner-Rock. Und die Klavierballade "A ballad to forget" sorgt nur für vorübergehende Erleichterung. Danach geht es weiter mit den spröden Melodien, den störrischen Arrangements und dem erbitterten Gesichtsausdruck, den sich Stephen Dewaele ins Fäustchen lacht.
Ja, Soulwax haben uns reingelegt und scheinen mächtig stolz darauf zu sein. Ob wir uns gut dabei fühlen, ist ihnen vermutlich egal. "Any minute now" ist ein Strich durch alle aufgemachten Rechnungen, aber auch eine herbe Enttäuschung jeglicher Erwartungen. Lediglich der Titeltrack und geht auf Anhieb ins Ohr. Viele Songs, wie "Accidents and compliments" oder "NY excuse", entfalten nach dem zehnten Hören ihren Reiz, und das dann um so mehr. Andere, nach aktuellem Stand, gar nicht. Aber wer weiß. Vielleicht sind wir in fünf Jahren schlauer.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Any minute now
- Accidents and compliments
Tracklist
- E talking
- Any minute now
- Please don't be yourself
- Compute
- Krack
- Slowdance
- A ballad to forget
- Accidents and compliments
- NY excuse
- Miserable girl
- YYY/NNN
- The truth is so boring
- Dance 2 slow
Im Forum kommentieren
The MACHINA of God
2019-08-17 13:50:25
Ach shit, stimmt. Mur wurden die Cover nicht angezeigt. Schade.
Egal, gutes Album und geiler Track.
Plattenbeau
2019-08-17 10:15:19
Allerdings nicht die originale Album-Version, sondern der stark veränderte Electro-House Remix der Nite Versions-Platte. Von daher entwertet das deine Aussage ein wenig.
The MACHINA of God
2019-08-17 00:46:28
Wie geil ist es eigentlich, dass ausgerechnet "Krack" der zweitmeist gestreamte Song der Band ist. Mein Liebling vom Album.
Plattenbeau
2017-02-25 19:56:27
Ist "Krack" nicht einfach nur NIN-lite?
Ich mochte das Album mal sehr, mittlerweile gibt es mir nicht mehr viel.
The MACHINA of God
2017-02-25 19:04:26
Das Album ist an sich estaunlich gut gealtert. 13 Jahre inzwischen.
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