Scorpions - Unbreakable

Ariola / BMG
VÖ: 03.05.2004
Unsere Bewertung: 1/10
1/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Brechmittel

Neulich Promi-Boxen auf RTL. Richtig, die FSK-6-Variante von "Celebrity deathmatch". Eine willkommene Gelegenheit für die hauseigene Viertel- bis Halbprominenz, endlich mal wieder die Fäuste zu schwingen, ohne anschließend den Rest der Nacht in einer Ausnüchterungszelle verleben zu müssen. Was ohnehin schon Fernsehen war, bei dem nicht mal Olli Pocher mitmachen wollte, erhob sich zu einer Kriegserklärung ans Publikum, als plötzlich die Scorpions von ihren Pflegern gen Ring geleitet wurden. Man mußte sich fragen: Boxen die da gerade? Oder soll das Musik werden, wenn's fertig ist? Und es brauchte schon einen ganzen Kai Ebel, um die Verwirrungen beiseite zu fegen: Die Scorpions haben ein neues Album aufgenommen.

Der Abend war natürlich gelaufen. Spätestens, als die eine von den No Angels mit ihrem Solokram dran war und den Scorpions ein technisches Unentschieden im akustischen Rahmenprogramm abtrotzte. Ja. Soweit ist es schon mit Hannovers zweitliebsten Kindern. Im gefühlten 125. Jahr der Bandgeschichte ist Dabeisein längst alles. Und da steigt man dann auch schon mal in den Ring, um den Leuten vorzuführen, wohin einen die eigene Merkbefreiung mittlerweile getrieben hat. "Unbreakable". Das 20. Album. "Unerbittlicher Rock'n'Roll." Wie früher. Die Wahrscheinlichkeit, daß das einer glaubt, dürfte kleiner sein als Dustin Semmelrogges Chancen bei der Dopingkontrolle.

Drogen waren natürlich nie das Ding der Scorpions. Deshalb nach all den Jahren noch immer im Mittelpunkt: Klaus Meine. Die alte "Wind of change"-Pfeife. Die Batschkapp auf zwei Beinen. Der Hartmut Engler des Hard Rock. Wie auch immer man ihn nennen möchte - wenn er sich durch die wiedergefundene Kompromißlosigkeit seiner Band powerröhrt, dann ist das schon ganz schön jämmerlich. Sobald seine Leute ihm aber eine ihrer aufgeweichten Balladen vorsetzen, mutiert er zur unvergleichlichen Schmalzschleuder, die mit einem Schuß genügend Brot für die ganze dritte Welt schmieren könnte. Und dann reicht's wirklich. Den melden wir jetzt fürs nächste Promi-Boxen an.

Aber der unkaputtbarsten Band in Deutschland ist das natürlich längst noch nicht genug. Daß jeder Song auf "Unbreakable" klingt, als hätte ihn die Studio-Putze nach einer Leslie-Mandoki-Session aufgekehrt? Geschenkt. Stattdessen dürfen die eigenen Enkelkinder einen Chor für den bombastisch schlechten Opener "New generation" beisteuern. Axtmörder Rudolf Schenker läßt sich derweil noch mal richtig gehen und kleckert ein paar der entsetzlichsten Soloeinlagen seit Erfindung der E-Gitarre über die Stücke. Der Rest der Band läßt im selben Moment zünftiges Brunftgebrüll ab, das nicht mal in den Achtzigern auf einem Bon-Jovi-Song gelandet wäre. Und als alles vorbei ist, flutscht denen noch ein "Retro garage mix" aus der Achselhöhle. Sie fragen nach dem Rezensenten? Ein gebrochener Mann. Er sollte nie mehr ganz der Alte werden.

(Daniel Gerhardt)

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Highlights & Tracklist

Highlights

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Tracklist

  1. New generation
  2. Love 'em or leave 'em
  3. Deep and dark
  4. Borderline
  5. Blood too hot
  6. Maybe I maybe you
  7. Someday is now
  8. My city my town
  9. Through my eyes
  10. Can you feel it
  11. This time
  12. She said
  13. Remember the good times (Retro garage mix)
Gesamtspielzeit: 56:32 min

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