No Joy - Bugland
Sonic Cathedral / CargoVÖ: 08.08.2025
Das große Krabbeln
Barfuß oder Shoegaze? Kommt bei Jasamine White-Gluz darauf an: Von der wohl blickdichtesten Indie-Rock-Spielart hatte sich die Kanadierin 2020 auf ihrem ersten No-Joy-Album ohne Ex-Bandkollegin Laura Lloyd jedenfalls erst einmal verabschiedet. Neunziger-Alternative, Synth-Pop, feiste Gitarren-Breitseiten: Vieles war erlaubt auf "Motherhood", auch wenn es hier und dort noch ein wenig durcheinanderging. Ein Ausflug ins "Bugland" empfiehlt sich allerdings nicht ohne einigermaßen feste Treter, denn auf White-Gluz' fünftem Longplayer krabbelt es ordentlich unter den Sohlen: Würmer, Käfer, Motten, Spinnen und anderes Getier wuseln ähnlich hyperaktiv durch das gut halbstündige Sound-Biotop, während vorwitzige Electronics, planvolles Saiten-Knarzen und Beatboxen mit der Komplexität eines hyperaktiven Tausendfüßlers zu Werke gehen. Und irgendwo mittendrin steht ein rumorendes "Garbage dream house", das nur mehr entfernte Ähnlichkeit mit einer Strandhütte oder gar Cocteau Twins' "Four calendar café" hat.
Zu sehr rumpelt es in der latent wackeligen Behausung, deren Wände beständig unter flirrenden Texturen und einer verqueren Rhythmusmaschine erbeben – oft programmiert von Angel Marcloid alias Fire-Toolz, die nicht nur zwischen Vaporwave, Screamo und Industrial-Grobheiten zu Hause ist, sondern sich auf "Bugland" auch als kongeniale Partnerin für White-Gluz erweist. Sowohl im von visionär bis albtraumhaft reichenden Opener, der sich auf halber Strecke von einem Starkstrom-Riff zerteilen lässt, als auch im speckigeren Titelstück, das fast als geraffter Indie-Dance durchginge, müsste sich die ätherische Stimme der Frau aus Montreal nicht ständig hereingrätschender Schmurgel-Gitarren und zischiger Noise-Einschübe erwehren. Die groß auftrumpfenden Leads von "Bits" lösen entrückte Dream-Pop-Harmonien ab, das stürmische "My crud princess" lärmt in strengem Post-Punk-Sinne und igelt sich dann in einen Psych-Kokon ein. Großes Krabbeln – in eine bis zum Schluss schwer vorhersehbare Richtung.
Doch auch Freunde von Schalentieren sowie Prosopagnostiker kommen auf ihre Kosten: "Save the lobsters" verströmt mit luftigen Breakbeats und versonnener Basslinie eine ähnliche Erleichterung, wie sie die in heimtückischen Fallen gefangenen Hummer empfunden haben dürften, als White-Gluz sie eines Tages am Strand entdeckte und flugs zurück ins Meer beförderte. Und auch ein kleiner Anfall von Gesichtsblindheit ist zu verknusen, wenn dazu ein elektronisches Uptempo-Prachtstück wie "I hate that I forget what you look like" läuft, das im rauschenden Finale Stielaugen und Fühler gleichermaßen schlackern lässt. Beinahe glaubt man schon, dieses Album schließe mit sanftem, gelooptem Ambient-Pling, da bekommt Marcloid ihren größten Auftritt: im mehrstöckigen "Jelly meadow bright", das IDM-Fetzen, irrlichterndes Saxofon und Death-Metal-Getöse samt Growls auffährt – ganz ohne Hilfe von White-Gluz' Schwester und Arch-Enemy-Frontfrau Alyssa. Schön war's im "Bugland" – mit oder ohne Schuhe. Aber passt auf, wo Ihr hintretet.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Bits
- My crud princess
- Jelly meadow bright
Tracklist
- Garbage dream house
- Bugland
- Bits
- Save the lobsters
- My crud princess
- Bather in the bloodcells
- I hate that I forget what you look like
- Jelly meadow bright (feat. Fire-Toolz)
Im Forum kommentieren
Armin
2025-09-01 21:11:21- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
Meinungen?
NeoMath
2025-08-08 19:26:51
...und es gefällt mir bisher richtig gut.
Mein Fave ist zwar nach wie vor "More Faithful", aber die neue ist auch sehr gelungen.
Unbedingt reinhören! Tipp!
MickHead
2025-08-08 19:19:29
Jetzt komplett bei Bandcamp:
https://nojoy.bandcamp.com/album/bugland
MickHead
2025-07-25 10:52:05
3. Song "My Crud Princess"
https://youtu.be/Qu0-NrqtXDA?si=q613oacWtnJG0zf5
MickHead
2025-06-26 21:02:56
2. Song "Bits"
https://youtu.be/yFgOMEKaqXA?si=I5PmLQ1AHB0dfzH0
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