Pendulum - Inertia

Mushroom
VÖ: 22.08.2025
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 9/10
9/10

Lange frischgehalten

Pendulum waren ja eigentlich schon weg, aufgelöst nach dem letzten Album "Immersion". Tatsächlich gingen sie davon aus, alles gesagt zu haben, was mit dem Projekt zu sagen war. Die Fortführung lief als Knife Party – deutlich EDM- und Drum'n'Bass-lastiger als eh schon. Was die Australier bis dato auszeichnete: recht partylastigen, aber dennoch an einigen Stellen klug in Szene gesetzten Elektro, jenen mit der ganz großen Geste, mit harten Riffings zu verknüpfen. Die Spannbreite reichte von The Prodigy bis Metallica, demzufolge hielten auch einzelne Tracks dieser beiden Einzug in die viel gefeierten Livesets. Pendulum um 2005 bis 2008 waren ziemlich am Puls der Zeit, was ekstatischen Sound anging, "Live at Brixton Academy" ist das beste Zeugnis davon. "Immersion" fiel anno 2010 im Vergleich dazu etwas ab, wenngleich das Album auch seinen – aufputschenden – Zweck erfüllte und keineswegs so mies ist, wie es beispielsweise auf dieser Seite dargestellt wurde. Fast schon prophetisch war auch der Feature-Beitrag eines gewissen Steven Wilson, der sich hier vollends einer speziellen Form des Pop hingab, die damals noch undenkbar für sein Schaffen war.

Zur Geschichte gehört weiterhin, dass knapp fünf Jahre später erste DJ-Auftritte wieder als Pendulum stattfanden und noch mal fünf Jahre danach die ersten "Comeback-Singles" das Licht der Clubwelt erblickten. Wieder einen Fünferschritt später nun also "Inertia". Größte Herausforderung dabei laut Sänger Rob Swire: "I couldn't even remember what the fuck the point of Pendulum was. Every project needs a reason to exist. [...] And I couldn't remember what Pendulum were trying to say." Nun, für die ganz tiefen Lyrics waren sie zumindest noch nie bekannt, weswegen "Driver", der erste Song nach der Abstinenz und auch Opener des Albums, sich um sich selbst dreht: "We go back / Back with a track called 'Driver'." Dazu genau der Sound, der eben vor mittlerweile 20 Jahren den interessanten, eigenständigen Ansatz der Australier ausmachte. Nah an The Prodigy, die aber live mehr oder minder zu einer "Warriors"-Show verkamen (auch heute wohl noch das meistgerufene Wort von der Bühne), während Pendulum gefühlt etwas mehr auf die freundliche, gemeinsame Eskalation setzten. Problem natürlich: Die Welt dreht sich weiter und macht auch vor Pendulum nicht halt.

Volle 16 Tracks umfasst "Inertia" – allein das ist eine Summe, die sich heute kaum noch auf anderen Alben findet. Seit der Quasi-Auflösung sind so viele Trends in EDM und Co. vorbeigerauscht, dass Pendulum definitiv nicht mehr im Zeitgeist sind. Funktionieren sie trotzdem? Wird sich wohl vor allem live zeigen; die Masse an Songs bietet jedenfalls so einiges an Potenzial. Genanntes "Driver" ist herrlich stumpf, und auch "Come alive" knallt gut rein. Danach folgt die Single "Save the cat" samt Stampfbeat und merkwürdigem Miauen. Mit diesem Song wurde "Inertia" angekündigt – was aber eine kleine Mogelpackung ist, denn im Grunde ist dieses Album gar keines. Es ist vielmehr die Kompilation "Pendulum 2020–2025". Von den 16 Tracks sind zehn bereits vor VÖ-Datum erschienen, da Swire und Co. eben alles draufgepackt haben, was über die Jahre vereinzelt veröffentlicht wurde. Einerseits gut, da schon einige Brecher (wie "Nothing for free" oder "Colourfast") dabei sind, andererseits lässt "Inertia" aber auch etwas den Flow von etwa dem Meilenstein "In silico" vermissen. Wer also den Weg der Band verfolgte, trifft hier vor allem Altbekanntes, zumal in den wenigen "neuen" Songs sogar noch zwei kurze Interludes auftauchen.

Gut waren Pendulum auch immer, was Kooperationen anging. "Inertia" führt diesen Weg fort: Wargasm etwa verleihen "Cannibal" eine zackige Note, die den Track interessanterweise noch näher an The Prodigy rückt als eh schon. "Halo" ist die "harte" Nummer, zusammen mit Bullet For My Valentine. "Napalm" featured Joey Valence & Brae, und "Mercy killing" erhält extra Worte von Scarlxrd. Das Rezept der typischen Drum'n'Bass-Untermalung mit Big Beats und harten Gitarrenriffs geht meist auf; die Gäste helfen diesem recht langen Album oft dabei, etwas Abwechslung über die Ziellinie zu bringen. Und auch wenn Pendulum tatsächlich schon 2010 auserzählt waren: "Inertia" führt den Weg der Band mindestens solide, in einer Zeitkapsel quasi, fort. Hier und da übertreiben sie es etwas mit dem Stumpfsinn, im Grunde jedoch erfüllt das Album den Zweck, den es soll. Und der lautet: großflächige, ja ekstatische Unterhaltung.

(Klaus Porst)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Come alive
  • Colourfast
  • Cartagena

Tracklist

  1. Driver
  2. Come alive
  3. Save the cat
  4. Archangel
  5. Nothing for free
  6. Cannibal (feat. Wargasm)
  7. Constellations
  8. Halo (feat. Bullet For My Valentine)
  9. Louder than words (feat. Hybrid Minds)
  10. Napalm (feat. Joey Valence & Brae)
  11. The endless gaze
  12. Guiding lights (feat. Awolnation)
  13. Colourfast
  14. Silent spinner
  15. Mercy killing (feat. Scarlxrd)
  16. Cartagena
Gesamtspielzeit: 54:27 min

Im Forum kommentieren

Armin

2025-08-24 09:02:08- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

MickHead

2025-08-22 11:24:13

Komplette Playlist bei YouTube:

https://youtube.com/playlist?list=OLAK5uy_nivLEn_VIhDt8zKRyruEYWIEar5DtX0oE&si=8svL_DSFajECpxiy

MickHead

2025-08-19 16:43:23

5. Song "Guiding Lights (Feat. AWOLNATION)"

https://youtu.be/Mgh7JJFO5sc?si=LI-ipGwTZaNO_QrX

Klaus

2025-07-28 20:53:01

Witzigerweise ist das schon der 10. Song :)

MickHead

2025-07-28 19:19:21

4. Song "Cannibal (Feat. WARGASM)"

https://youtu.be/4Ve3tinp3yA?si=rwkRnyngDK5Qlo9h

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