Rise Against - Ricochet

Loma Vista / Universal
VÖ: 15.08.2025
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 5/10
5/10

Das große Achselzucken

Sie prangern es noch immer an, das ungleiche System, das so viele Unterdrückte und Rechtlose schafft, halten den Mächtigen und deren korrupten Machterhalts-Taktiken den Spiegel vor. Thematisieren, wie (einfluss-)reiche Personen ihren Status Quo zementieren, wie sie Narrative von Rechtsaußen setzen mit der Message, möglichst auszugrenzen, nach unten zu treten. Und nein, Rise Against verheimlichen nicht, dass sie als große Hallen füllende Rockband persönlich sicherlich zu jenen gehören, für die der Turbo-Kapitalismus bisher eher Früchte getragen denn ihnen geschadet hat. Nicht nur dieser Widerspruch bringt ins Grübeln. Wie authentisch sind Rise Against (noch) als Stimme der Verlierer? Ein wenig resigniert in diesem Sinne muten Zeilen an wie "Can't you remember / I'ts always been us against the world" aus dem Midtempo-Ohrwurm "Us against the world".

Ist es dennoch gut, dass es ihre Stimme gibt? Auf jeden Fall. Schweigen oder sich zurückziehen, gerade wenn Du seit über 25 Jahren Sprachrohr bist für so viele, auch für neue, jüngere Fans – welchen Sinn hätte das? Zumal der Blick für das Aktuelle den Punkrock-Veteranen aus Chicago nicht abgeht: "Ricochet", Rise Againsts zehntes Studiowerk, beschreibt die Wahrnehmung, dass in einer hochgradig vernetzten Welt alles miteinander verwoben ist, weit über Politik und Wirtschaft hinaus. Wir alle haben Anteil an den Krisen, die wir beschleunigten: die Erderwärmung etwa, daraus resultierende, heftige Naturkatastrophen, Flüchtlingsströme. Dies konkuldiert darin, dass wir nur gemeinsam Lösungen finden können. Zunächst einmal ist glasklar: "Damage is done", konstatieren Rise Against in jenem beinah klassischen, für sie typischen Mix aus galoppierendem Melodypunk und Center-Stage-Refrain, hier sogar mal mit Mini-Schreipart. Doch die Mannen um Tim McIllrath probieren sich auf "Ricochet" musikalisch auch mal aus. Wenngleich der Ansatz des Titelsongs, der auf der Akustischen startet, hintenraus ein wenig 80s-Classic-Rock-Vibes bringt und mit dem Refrain einen lupenreines Muse-Riffing einleitet, sicherlich nicht allen Fans munden wird.

Immerhin was gewagt, sodass der etwas fade Opener "Nod", der irgendwie nach einer B-Seite tönt, und der eher abgestandene Riff-Rocker "I want it all", der immerhin live durchaus funktionieren dürfte, nicht lange ins Gewicht fallen! Doch das gelingt nicht immer. Wenn der beinah düstere Brecher "Black crown" vermutlich leider richtig liegt, wenn McIllrath die Zeile "The worst is on its way" schnaubt, so will der US-Alterna-Rock, der irgendwo auch Linkin Park ins Gedächtnis ruft, nicht vollends begeistern. "Forty days" bleibt im zurückhaltenden Tempo, lebt etwas mehr Aggressivität aus. Na klar, zehn Studioalben, so viele Shows, Rise Against verstehen ihr Handwerk. Doch statt dass die Amerikaner den Punkrock ihrer Platten ins große Publikum tragen, hört man die Arenen ihrem Songwriting mittlerweile deutlich an. Heraus kommt dabei durchaus Gutes wie "Sink like a stone", das aber leider nicht vollends zu packen vermag. Zumindest nicht mehr auf Platte. Zum Glück schließt "Ricochet" mit zwei Punkrockern, dem intensiven "Soldier" und dem tollen "Prizefighter" und hievt sich selbst noch eben knapp über biederes Mittelmaß. "Can someone tell me / What the hell is going on?!", fragt McIllrath in der Ballade "Gold long gone" und erhält bloß ein Achselzucken zurück. Die Suche nach gemeinsamen Lösungen indes stellt man sich anders vor als die Welt im Jahr 2025.

(Eric Meyer)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • Ricochet
  • Damage is done
  • Prizefighter

Tracklist

  1. Nod
  2. I want it all
  3. Ricochet
  4. Damage is done
  5. Us agaist the world
  6. Black crown
  7. Sink like a stone
  8. Forty days
  9. State of emergency
  10. Gold long gone
  11. Soldier
  12. Prizefighter
Gesamtspielzeit: 41:27 min

Im Forum kommentieren

eric

2025-08-18 09:52:55

Leute, wir bekommen solche Alben als Vorab-Stream. Selbst mit halbwegs guter Anlage lassen sich in meinen Augen äh Ohren oft nur unzureichend Schlüsse in Sachen Produktion / Sound ziehen. Tönt dann beim Testen des Produkts auf Vinyl / CD durchaus oft anders, leider.

Was Tims Gesang angeht, ja das war schon kraftvoller. Aber bereits seit mindestens 2011 ("Endgame") ist der Sound generisch, daher war das für mich bei der Besprechung auch keine besonders bemerkenswerte oder neue Sache.

Ein Griff ins Klo

2025-08-16 21:42:49

Die Vocals von Tim sind in dem Album total verhunzt. Ich hatte das Gefühl, er singt die ganze Zeit durch ein Papprohr. Tolle Vocaleffekte könnten als Weiterentwicklung gesehen werden, ich finde sie einfach nur nervig. Auch die Songs wie Nod oder I want it all gehen einfach wenig ab und hören sich an wie Rise Against mit angezogener Handbremse. Sicher, sie sind auch nicht mehr die Jüngsten,aber sich als Produzentin jmd. ins Boot holen,der die Jungs nach eigener Aussage vorher nicht wirklich kannte,finde ich dann doch iwie schwierig.

MickHead

2025-08-15 10:16:16

Jetzt komplett bei Bandcamp:

https://riseagainst.bandcamp.com/album/ricochet

Jaggy Snake

2025-08-15 09:49:24

Stimmt, die seltsame Produktion und die nervigen Vocal Effects werden in der Rezi mit keinem Wort erwähnt. Dabei springt einem das ja bereits in den ersten Sekunden von "Nod" förmlich ins Gesicht.

Vivat Virtute

2025-08-15 09:46:21

Die dürfen gerne ein Bisschen ihre Muster aufbrechen, die dürfen gerne weiter Standionrock machen und es ist auch gut, dass McIllrath jetzt auch auf Platte so singt, dass er es live umsetzen kann.

Was mich viel mehr stört: Warum muss das so unfassbar scheiße klingen?

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