Paul Weller - Find El Dorado

Parlophone / Warner
VÖ: 25.07.2025
Unsere Bewertung: 6/10
6/10
Eure Ø-Bewertung: 6/10
6/10

Goldstaub der Vergangenheit

Obwohl sie schon früh als Fantasiekonstrukt entlarvt wurde, hinterließ El Dorado, die mythische, in Südamerika verortete Stadt aus Gold, einen bleibenden kulturellen Eindruck – sei es als MacGuffin mittelmäßiger Abenteuergeschichten oder als Metapher für das Unerreichbare. Derartige Ambitionen hat Paul Weller eigentlich nicht mehr nötig. Mit The Jam, The Style Council und 17 Solo-Platten hat sich der Modfather längst als eine der prägendsten Figuren in die britische Popgeschichte eingeschrieben. "Find El Dorado", Album Nummer 18, hat es sich trotz seines Titels allerdings nicht zum Ziel gesetzt, Unbekanntes zu entdecken. Im Gegenteil: Weller blickt in die Vergangenheit und interpretiert 15 seiner Lieblingssongs anderer Bands und Künstler*innen neu. Ein Coveralbum legt natürlich die Vermutung nahe, dass der unerschöpflich scheinende Kreativquell mit 67 Jahren doch langsam zur Neige geht. Um diese Befürchtung zu entkräften, reicht im Wesentlichen schon ein Blick auf die inspirierte Auswahl der Stücke, welche die persönliche Kuratierung dahinter klar zum Ausdruck bringt. Dennoch versäumt es Weller mitunter, die Musik selbst ähnlich wagemutig zu gestalten, und macht im Vergleich zu seinem jüngsten eigenen Material einen kleinen Rückschritt.

Dass sich "Find El Dorado" nicht vor Obskuritäten scheut, bewies bereits die erste Auskopplung. "Lawdy rolla" stammt im Original von The Guerillas, einer kaum bekannten französischen Studioband, bei der die kamerunische Koryphäe Manu Dibango mitwirkte. Die Nummer ist einer der lebendigeren Songs hier, entwickelt mit Fingerschnipsen und Piano einen hitzigen Groove und lässt in der Schlussminute das Saxofon freidrehen. Ebenfalls in die Kategorie "nicht mal ein englischer Wikipedia-Artikel" fällt der Ire Eamon Friel, dessen "El Dorado" hier als Quasi-Titeltrack fungiert – eine wundervolle Akustikperle, in der Weller Flüssiggold aus den Saiten und einem nicht klar identifizierbaren Instrument zwischen Slide-Gitarre und Flöte schöpft. Demgegenüber stehen auch ein paar bekanntere Namen. So würdigt der in Surrey geborene Brite die Streicher-behangene Bee-Gees-Ballade "I started a joke" ebenso wie "Nobody's fool" von den Kinks, in dem er stellenweise stark nach Damon Albarn klingt. Insgesamt schiebt das Album eine ruhige Kugel, die stilistischen Haken von "66" oder gar "Fat pop (Volume 1)" weichen einem klaren Folk-Fokus. Das ist alles durchweg geschmackvoll und gekonnt vorgetragen, ein wenig mehr hüftschwingendes Uptempo wie in Willie Griffins "Where there's smoke, there's fire" hätte der Auswahl aber sicher nicht geschadet.

Nichts einzuwenden gibt es gegen die Gästeliste, die andere englische Granden mit jüngerem Talent vereint. Gleich das einleitende "Handouts in the rain" – ursprünglich von Richie Havens, der einst Woodstock eröffnete – ist ein Duett mit dem irischen Singer-Songwriter Declan O'Rourke. Gemeinsam mit der jungen Musikerin Amelia Coburn performt Weller Christy Moores "One last cold kiss", ein wahnsinnig zwingendes Irish-Folk-Wunderwerk mit aufgekratzter Fiddle und stürmischer Dynamik. An anderer Stelle veredelt Robert Plant den staubtrockenen, Mundharmonika-unterstützten Closer "Clive's song", während auch Noel Gallagher irgendwo zu hören sein soll. All diese Auftritte passen zu einer Platte, auf der sich nichts in den Vordergrund drängt, auch instrumentale Akzente wie die seltsamen Verzerrungen in "Journey" oder das kleine Bläser-Solo am Ende von Bobby Charles' "Small town talk" nie das Rampenlicht beanspruchen. Dass die Space-Rock-, Jazz- und Art-Pop-Ausflüge der Vorgänger ausbleiben, ist angesichts des Konzepts kein wirklich haltbarer Vorwurf – und doch fehlt "Find El Dorado" etwas, um das daraus entstandene Loch zu füllen, dass einem die gecoverten Songs bei weitem nicht so viel bedeuten wie Weller selbst.

(Marvin Tyczkowski)

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Highlights & Tracklist

Highlights

  • El Dorado (Eamon Friel)
  • One last cold kiss (Christy Moore)
  • Lawdy rolla (The Guerillas)
  • Clive's song (Hamish Imlach)

Tracklist

  1. Handouts in the rain (Richie Havens)
  2. Small town talk (Bobby Charles)
  3. El Dorado (Eamon Friel)
  4. White line fever (The Flying Burrito Brothers)
  5. One last cold kiss (Christy Moore)
  6. When you are a king (White Plains)
  7. Pinball (Brian Protheroe)
  8. Where there's smoke, there's fire (Willie Griffin)
  9. I started a joke (Bee Gees)
  10. Never the same (Lal and Mike Waterson)
  11. Lawdy rolla (The Guerillas)
  12. Nobody's fool (The Kinks)
  13. Journey (Duncan Browne)
  14. Daltry Street (Jake Fletcher and PP Arnold)
  15. Clive's song (Hamish Imlach)
Gesamtspielzeit: 55:32 min

Im Forum kommentieren

MickHead

2025-07-25 11:27:58

Komplette Playlist bei YouTube:

https://youtube.com/playlist?list=PL6n7xOfvov7Dwm4QZiz0yiiD-84sLGx02&si=bn0o_6us974ojC1c

Armin

2025-07-13 20:57:37- Newsbeitrag

Frisch rezensiert.

Meinungen?

MickHead

2025-07-04 20:09:05

4. Song "Clive’s Song (Feat. Robert Plant)" (Hamish Imlach)

https://youtu.be/JSQqs_GtEyI?si=lmUAKtjBCSH_hYhg

MickHead

2025-06-21 12:49:56

3. Song "I Started A Joke (Bee Gees)"

https://youtu.be/XwsoYrKKqSc?si=ElZfymg2BqOQ9lp8

MickHead

2025-05-27 11:18:09

Ersten beiden Songs jetzt auch bei YouTube:

"Lawdy Rolla"

https://www.youtube.com/watch?v=SVGJhrouOr0

"Pinball"

https://www.youtube.com/watch?v=3cN9Sso8D-4

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