
Miley Cyrus - Something beautiful
Columbia / SonyVÖ: 30.05.2025
Be her now
Miley Cyrus hat als "Nepo Baby" Chancen, von denen Normalsterbliche nur träumen können. Als Tochter von Country-Ponytail Billy Ray Cyrus standen ihr im Showbiz diverse Türen offen, die zu ihrer Rolle in Disneys "Hannah Montana" führten, bevor sie sich mit eigener Musik immer freizügiger und vulgärer zeigte. Was auch immer die Plattenfirma für Bedenken gegen die Länge und Weirdheit von "Miley Cyrus & her dead petz" hatte, Cyrus entgegnete mit ausgestrecktem Mittelfinger und packte noch mehr krudes Zeug in die Tracklist. Seither balanciert sie zwischen Radiofreundlichkeit und Helden-Cosplay, wonach ihr gerade so der Sinn steht. Wo andere mühsam on the road ihr Geld verdienen müssen, bringt es Cyrus gerade mal auf zwei extrem kurze Touren im letzten Jahrzehnt – ist halt nicht ihr Ding. Dafür brachte "Flowers" 2023 als ihr größter Hit und meistverkaufte Single global wieder genug Geld in die Kasse. Das ziemlich auf Nummer sicher getrimmte "Endless summer vacation" war natürlich aber nur ein Zwischenstopp. Cyrus macht, was sie will. Das kann sie sich eben leisten. Und wenn sie mit der Haltung so einen Wahnsinn wie ihr neuntes Album "Something beautiful" durchbekommt, tut die Welt gut daran.
Diese Platte kann man sich so vorstellen, als hätte Lady Gaga bei "Mayhem" nicht den Drang zu kommerziellem Erfolg verspürt, sondern ihre Popsongs mit Brass, Noise und irren Produktionsmechaniken vollgepackt. Ein "End of the world", das als ABBA-fizierter Discotrack ziemlich unfallfrei ins Ziel wankt und es daher in die Radio-Rotation schafft, ist wirklich die Ausnahme. Durch das edel stolzierende "Walk of fame" ruft Alabama Shakes' Brittany Howard unter stetem Beat-Pumpen mehrmals völlig neben den Tönen anfeuernde Slogans durch die Gegend. Die kleine Schnulze "More to lose" fackelt unterm Kessel, der in der Mitte des Stücks in ein schräges Synth-Solo explodiert, den Kitsch komplett unterwandernd. Beim ätherischen Gesang von "Reborn" denkt man glatt an Enigma, bevor der Trance einsetzt: "If heaven exists / I've been there before / Kill my ego / Let's be reborn." "Something beautiful" kennt nur Theatralik, große Gesten mit dem Holzhammer und alle Regler auf elf. Der Mix prügelt förmlich mit all seinen Soundspuren auf das Trommelfell ein. Das ist anstrengend. Und verdammt großartig.
Bei allem Klimbim – angeblich hat die Platte ein Konzept und ist von Pink Floyds "The wall" und dessen Film inspiriert – verliert Cyrus nämlich nie den Song als solchen aus den Augen. Die Soundlayer verdecken nicht die Gefühle darunter. Die Schroffheiten sind keine billigen Effekte, sie sind essenziell. Wer das zarte "Tell me something beautiful, yeah, tonight / Until your lips turn blue" zum Einstieg in den Titeltrack fühlt, darf sich zum Refrain von einer brutalen, dissonanten Brass-Wand aus den Socken hauen lassen. Prog-Pop? Aber ja. Das slicke "Easy lover", das unter anderem Ryan Tedder in den Writer-Credits stehen hat, wurde gar für Beyoncés "Cowboy Carter" feilgeboten – die sich dann doch für "II most wanted" als Cyrus-Duett entschied. Hier ist es in zwei wilde instrumentale Interludes eingebettet, um die Nerven auf konstanter Spannung zu halten. "Golden burning sun" klingt allerdings noch mehr nach Country, in etwa wie Fleetwood Mac, die zu lange in jener golden burning sun gebrutzelt haben. "Surrender, surrender, surrender / And I'll never let you down", fleht Cyrus mehrfach, herzerweichend.
"Every girl you've ever loved" ist mit seinem direkt zu Beginn aufheulenden Saxophon nicht nur die mitreißendste Fassung der aufgefahrenen Porno-Disco-Schlagseite, sondern duettiert mit fucking Naomi Campbell und das auch noch erfolgreich. "Something beautiful" holt immer noch eine größere Keule raus und vielleicht ist die Eröffnung schon der deutlichste Fingerzeig, dass "Something beautiful" mit einem "Prelude" beginnt, dessen Spoken Word Cyrus mit ihrer rauchigen Stimme regelrecht brüchig klingen lässt. "Like when following an image from a train / Your eyes can't keep the passing landscapes / From being swallowed into endless distance / Like when holding a fistful of ashes." Wie gesagt, unter apokalyptischer Malerei geht hier nichts. Der Spiegel hierzu wartet am Ende, wenn "Give me love" in all seiner Lobpreisung der Liebe einen grausamen Tod nur als weitere Transition zum nächsten Happy End verpackt: "I'm eaten alive by the mouth of a monster / While fearlessly calling out your name." Angst hat Cyrus sowieso nicht, sonst hätte sie nicht diese famose Platte gemacht. So frei wären manch andere Interpreten gerne.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Something beautiful
- End of the world
- Walk of fame (feat. Brittany Howard)
- Every girl you've ever loved (feat. Naomi Campbell)
Tracklist
- Prelude
- Something beautiful
- End of the world
- More to lose
- Interlude 1
- Easy lover
- Interlude 2
- Golden burning sun
- Walk of fame (feat. Brittany Howard)
- Pretend you're God
- Every girl you've ever loved (feat. Naomi Campbell)
- Reborn
- Give me love
Im Forum kommentieren
Francois
2025-06-09 16:29:16
bin beim 2. Durchlauf bei einer guten 7! Überraschend gutes Album dennoch
Lichtgestalt
2025-06-08 12:28:19
> Metacritic 70, ...Aber welches andere Ding?
Vermutlich Rotten Tomatoes
Felix H
2025-06-08 12:27:14
Rate Your Music jedenfalls 3,68 und Platz 10 für 2025 aktuell. Das ist schon beachtlich.
AliBlaBla
2025-06-08 12:22:11
Metacritic 70, ...Aber welches andere Ding ?
Filip
2025-06-08 11:51:36
Also längst nicht so überragend, wie es ihr von einigen gemacht wird.
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