Franz Ferdinand - The human fear
Domino / GoodToGoVÖ: 10.01.2025
Alles auf Rausch
"Alright, here we go with riff one." Die Unmittelbarkeit, mit der Franz Ferdinand ihr sechstes Studioalbum eröffnen, ist natürlich auch ein bisschen plakative Koketterie. Sozusagen direkt vom Telefon-Demo auf die Platte gebeamt. Liefern die Schotten nun also, nachdem sie zuletzt auf einer satten Hitsammlung ein Zwischenfazit ihrer bisherigen Karriere gezogen haben, ein rohes Rock-Feuerwerk ab? Raus mit dem Synthesizer-Fuhrpark, back to the roots?
Nein, das trifft es dann doch nicht ganz. Schließlich ist Keyboarder Julian Corrie mittlerweile nach Bandchef Alex Kapranos der zweitwichtigste Songwriter. Mit vier Autorenbeteiligungen, während Bassist Bob Hardy – neben Kapranos letztes verbliebenes Gründungsmitglied – nur Teilcredits beim geradlinigen "Bar lonely" verzeichnet, ebenso wie Gitarrist Dino Bardot, der das Elektro-punkige "The doctor" mitverantwortet. Während Bardot und Corrie seit nunmehr sechs Jahren dabei sind und schon auf dem letzten, hier ein wenig unterschätzten Studioalbum "Always ascending mitwirkten, ist "The human fear" der erste Longplayer mit Audrey Tait am Schlagzeug, die sich aber nahtlos in den gewohnt knackig abgestimmten Sound einfügt. Für jenen war auch Mark Ralph zuständig, mit dem zusammen bereits "Right thoughts, right words, right action" entstand – das Album, mit dem die Band nach dem leicht elektronisch-experimentellen "Tonight: Franz Ferdinand" wieder mehr in Richtung der beiden Meisterwerke "Franz Ferdinand" und "You could have it so much better" steuern wollte. Und eine gewisse Parallele ist zu erkennen. Erneut zielen die Schotten etwas stärker auf die Energie der Frühphase ab – ohne jedoch die zwischenzeitlich erweiterte Soundpalette zu vernachlässigen.
Was kommt dabei am Ende heraus? Ein unentschiedener Gemischtwarenladen? Nö, keineswegs. Stattdessen 35 äußerst unterhaltsame Minuten, in denen zwar die Trefferdichte nicht die erwähnten Geniestreiche erreicht, in denen aber eine würdige Fortführung der Diskografie gelingt. Okay, über die Singleauswahl lässt sich streiten: Ausgerechnet der erste Vorbote und Opener "Audacious" stellt sich als zu verkopft heraus und will zu viele Haken schlagen. Immerhin ist das Musikvideo schön, denn wie gewohnt haben die ehemaligen Kunststudenten das Gesamtwerk im Blick, wie auch das von Dóra Maurers "7 twists" inspirierte Coverartwork belegt, das sich schon Anfang Januar um einen Jahresspitzenplatz bewirbt.
Doch zurück zur Musik und den echten Höhepunkten der Platte. Wie dem herrlich entrückten "Everydaydreamer", in dem gerade Corries elektronische Einsätze die Punkte machen. Oder dem frech bratzigen "Hooked", das die menschlichen Ängste, die in den Texten durchaus ernsthaft behandelt werden, einfach wegtanzt. "Build it up" hätte wiederum stilistisch gut zwischen ein paar der frühen Hits gepasst. Und mit dem mitreißenden "Night or day" und dem sanft die Seele streichelnden "Tell me I should stay" gelingt Franz Ferdinand ihr vielleicht bestes Songdoppel der letzten zehn Jahre. Auch "Black eyelashes", Kapranos‘ Ausflug zu seinen griechischen Wurzeln, passt schließlich federleicht zu dieser sonnigen Platte. Angst 0, Leben 1.
Highlights & Tracklist
Highlights
- Everydaydreamer
- Night or day
- Tell me I should stay
- Black eyelashes
Tracklist
- Audacious
- Everydaydreamer
- The doctor
- Hooked
- Build it up
- Night or day
- Tell me I should stay
- Cats
- Black eyelashes
- Bar lonely
- The birds
Im Forum kommentieren
Armin
2025-06-24 12:47:51- Newsbeitrag
FRANZ FERDINAND
Es gibt Bands, die wachsen mit der Zeit in ein eigenes Koordinatensystem hinein – stilistisch, inhaltlich, emotional. Franz Ferdinand, seit jeher irgendwo zwischen Tanzfläche und Gedankenraum verortet, gelingt mit ihrer neuen Single ein weiterer raffinierter Schritt auf diesem Weg. Kurz vor ihrem Glastonbury-Auftritt veröffentlichen sie zwei neue Versionen von Songs ihres aktuellen Albums The Human Fear, das im Januar auf Domino erschien – einem Album, das nicht laut werden muss, um durchzudringen.
Das Studio-Update von Build It Up bringt dabei eine besondere Handschrift ins Spiel: Johnny Marr, einst Motor der Smiths, verleiht dem Stück eine melodische Tiefe, die zwischen Nostalgie und Gegenwart changiert. Frontmann Alex Kapranos beschreibt den Moment, in dem sich Teenagerträume mit dem Jetzt verweben: „Ich saß als Jugendlicher in meinem Zimmer und versuchte, seine Melodien zu entschlüsseln. Jetzt spielt er bei uns – das ist surreal und wunderschön.“
Noch roher, unmittelbarer wirkt das Live-Dokument Hooked, aufgenommen in Glasgows ehrwürdigen Barrowlands, wo Master Peace – einer der aufregendsten neuen Stimmen der britischen Szene – den Song in die Jetztzeit zieht. Es ist diese Offenheit der Band, dieses stete Übersetzen zwischen den Welten, das Franz Ferdinand auch nach zwei Jahrzehnten relevant macht.
Der Sommer gehört nun den Bühnen Europas – bevor es weitergeht nach Australien und Japan. Doch vorerst bleibt dieser Release: eine kleine künstlerische Geste mit großer Resonanz.
afromme
2025-01-25 10:52:10
Hat sich ganz gut eingegroovt. Sehe da auch durchaus eine musikalische Weiterentwicklung bzw. den Willen dazu.
Find ich auch. Durchgängig starkes Album, zündet auch wesentlich mehr bei mir als die letzten beiden Studioalben. Bin jetzt echt etwas traurig, dass ich nicht zum Konzert im Stadtpark komme. Konzerte nach starkem Album einer Band, die nicht mehr im Frühstadium ihrer Karriere sind, hab ich bisher immer in recht guter Erinnerung.
Filip
2025-01-18 12:05:33
Hat sich ganz gut eingegroovt. Sehe da auch durchaus eine musikalische Weiterentwicklung bzw. den Willen dazu.
MickHead
2025-01-17 19:03:13
Ganz aktuell:
UK Albums Chart # 3
UK Physical Albums Chart # 1
UK Update Albums Chart # 1
UK Albums Sales Chart # 1
UK Vinyl Albums Chart # 2
UK Albums Downloads Chart # 3
UK Independent Albums Chart # 1
Scottish Albums Chart # 1
German Albums Chart # 11
squand3r
2025-01-13 12:55:05
Night or Day, unverschämt stark! Alleine die zahlreichen Tempiwechsel in der ersten Minute, würd auch als Maximo Park Song funktionieren
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