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Alphaville - Forever! Best of 40 years
WarnerVÖ: 27.09.2024
Lack ab?
Wozu sind eigentlich Orchester-Alben gut? Als ältliche Laune von Musikern, die nicht einmal mehr auf dieser Seite etwas zu verlieren haben? Für bewährte Kräfte, die schon alles durch haben und sich wehmütig an die Deutsche-Grammophon-Boxen vom Studi-Job im Plattenladen zurückerinnern? Oder kommt so etwas nur infrage, wenn man als berühmte Band ohnehin nichts falsch machen kann? Egal, aus welcher Motivation Alphaville 2022 auf einmal mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg musizierten – was herauskam, war zweifellos gediegen: Musik von Menschen, die aufs Ende ihrer Berufstätigkeit zusteuern. Aus "Forever young" wurde "Eternally yours", der Blick schielt tapfer Richtung Regenbogen. Passt doch. Zumal Marian Gold, der auch in einer Klaus-Schulze-Oper eine Hauptrolle sang, mit den Arrangements stimmlich mühelos mithalten konnte.
Was wiederum kein Ersatz für eine amtliche Best Of ist, zumal die letzte von bisher zweien bereits 1992 erschien und die Bandgeschichte zwangsläufig lückenhaft abbildete. Und was sagen die Fans dazu? Denn ja, die gibt es immer noch auf der ganzen Welt – trotz mehr oder weniger scheußlicher jüngerer Platten wie "Catching rays on giant" oder "Strange attractor". Folglich durfte der komplette Alphaville-Globus per Online-Tool über die Tracklist von "Forever! Best of 40 years" abstimmen, auf dass der Titel dieser Compilation halten möge, was er verspricht. Wenig überraschende Erkenntnis: Am besten schneidet der Erstling "Forever young" ab, mit dem Hartwig Schierbaum (so Golds wenig glamouröser bürgerlicher Name), Bernhard Lloyd und Frank Mertens 1984 in Windeseile zu Stars wurden. Und das zumindest zu dieser Zeit mehr als nur zu Recht.
Zu hartnäckig verweilt dieses Debüt seither im Langzeitgedächtnis. Mit dem The Velvet Underground zitierenden Rumpel-Hit "Big in Japan", der seinerzeit zusammen mit Murray Heads "One night in Bangkok" – noch so ein Song, der viel besser ist als sein Ruf – das Mikrogenre des latent fernöstelnden Synth-Pop bildete. Mit der elegischen Elektro-Sinfonie "Sounds like a melody", die sich dank mittendrin einsetzendem Uptempo und maximaler Streicher-Rasanz vor allem in der knapp achtminütigen Version zum Tanzknüller wandelt. Und selbstredend mit dem Titeltrack "Forever young", einer sehnsüchtigen Ballade über die Vergänglichkeit, die demonstriert, wie man genüsslich ins Kitsch-Regal greift, dennoch tief berührt und nacheinander David Bowie, James Dean und Bob Dylan referenziert. Unkaputtbarkeiten aus einer Epoche, in der Stofftaschentücher noch erlaubt waren.
Allerdings zeigt "Forever! Best of 40 years" ebenso, dass der Glitzerlack nach dem fabelhaften Beginn relativ schnell abblätterte. Plötzlich war die Pop-Welt nicht mehr genug, Schierbaum und Kollegen verhielten sich zusätzlich progressiv, jazzig oder anderweitig geschmäcklerisch, aber längst nicht immer geschmackssicher. Ein mutiger Schritt aus der Schublade, jedoch auch ein Zeugnis gewisser Ziellosigkeit – was eingepreist war, als die übrigen Gründungsmitglieder nach und nach ausstiegen und der Sänger seit 1997 mit einem rotierenden Musiker*innen-Stamm dastand. Trotzdem entschuldigt auch personelle Fluktuation keine grausigen Camp-Bolzen wie "The impossible dream" oder den ultra-unsubtilen Bums-Mix des an sich gar nicht üblen "Wishful thinking". Und ab Mitte dieser Zusammenstellung ist man schon froh, wenn Alphaville nicht negativ auffallen.
Immerhin verstecken sich unter vielen vorbeirauschenden Egalitäten genug Stücke, die ein Weiterhören rechtfertigen – darunter das hoffnungslos überkandidelte, aber auch emotional opulente "I die for you today". Ein Heidenspaß ist es sogar, wie der funky Indie-Hüftschwenker "Heartbreak city" queeres Nullerjahre-Gehopse von Mika oder Scissor Sisters ans Tageslicht zerrt und "Dance with me" einen schlanken Fuß in der elektronischen Schwarzlicht-Disco macht. Pro CD dient zudem ein formschöner Ausschnitt aus "Eternally yours" als Ruhepol, sodass wir die deplatzierte Dance-Version von "Forever young" geflissentlich überhören. Und stattdessen dankbar dafür sind, dass David Guettas würdelose Bearbeitung des gleichen Songs auf dieser Best Of nicht auftaucht. Glück gehabt – wen interessiert da noch die Antwort auf die Frage, wozu Orchester-Alben gut sind?
Highlights & Tracklist
Highlights
- Big in Japan (Single version)
- I die for you today
- Forever young
- Sounds like a melody (Special long version)
- Heartbreak city
- Dance with me
Tracklist
- CD 1
- Big in Japan (Single version)
- Fools
- The mysteries of love (7" remix edit)
- Jerusalem (Single version)
- A victory of love
- Summer rain
- Dance with me (Symphonic version)
- Sounds like a melody (Single version)
- I die for you today
- Universal daddy
- Inside out
- Forever young
- Flame
- CD 2
- Sounds like a melody (Special long version)
- Dance with me (Empire remix)
- Wishful thinking (Radiomix Turbobeat)
- The jet set (Single remix)
- Heartbreak city
- Monkey in the moon
- The impossible dream (Single version)
- She fades away
- Summer in Berlin
- Welcome to the sun
- Lassie come home
- Eternally yours (Symphonic version)
- CD 3
- Forever young (Special dance version)
- Romeos (Single version)
- Red rose (7" remix)
- Dance with me
- Fallen angel
- Seeds
- Heaven on Earth (The things we've got to do)
- Next generation
- Iron John
- For a million
- Summer in Berlin (Symphonic version)
- Fantastic dream
- Song for no one
- Apollo
- A handful of darkness
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Armin
2024-11-30 22:43:47- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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