Devin Townsend - PowerNerd
InsideOut / SonyVÖ: 25.10.2024
Er nun wieder
Wir hatten es ja schon beim letzten Album "Lightwork" thematisiert: Die beste Erwartungshaltung an ein neues Album von Devin Townsend ist und bleibt, keine zu haben. Was für die meisten in Unentschlossenheit, in Chaos endet, hat der Kanadier schon lange zur Kunstform erhoben. Und aus dem scheinbar verrückten Jungspund, der einst die nur vordergründig prima Idee hatte, seine diagnostizierte bipolare Störung mit allerlei eher semilegalen Drogen zu bekämpfen, ist genau deshalb ein Künstler geworden, der – und diese Enschätzung obliegt wie so oft dem Auge des Betrachters – entweder die Stühle, zwischen die er sich mit Vergnügen setzt, zur Sicherheit auch noch zersägt und verbrennt, oder aber einfach nur das macht, wonach ihm gerade der Sinn steht. Und dabei auf Nebensächlichkeiten wie Genregrenzen komplett pfeift.
Und genau deshalb beginnt Townsends 21. Studioalbum, nicht völlig unzutreffend "PowerNerd" benannt, mit stinknormalem Metal. Klar, jede Aufnahme unter gefühlt 512 Spuren wäre vermutlich unter der Ehre dieses Meisters der Wall Of Sound, aber ansonsten heizt der eröffenende Titeltrack mit eingängigen Riffs ein, zitiert nebenher die nicht eben für übermäßiges Nerdtum verschrienen Motörhead und lässt dazu noch den ehemaligen Hatebreed-Frontmann Jamey Jasta den Refrain einbrüllen. Der Tritt auf die Bremse beim folgenden "Falling apart" ist hingegen so Townsend wie nur was, und die Tatsache, dass der Song episch die Arme bis hin zum Album "Ki" aus dem Jahr 2009 ausbreitet, mehr wohltuende Selbstreferenz als Wiederholung.
Was nun folgt, ist geradezu unverschämtes Hitpotenzial. "Knuckledragger" changiert zwischen wüsten Schreien, Dance-Pop, irrwitzigen Samples und C64-Soundchip-Geblubber, während "Gratitude" das ganz große Pop-Besteck auspackt. Spätestens hier hat Townsend die Hook-Wut gepackt und schwelgt fortan im Bombast von "Ubelia" oder "Younger lover", die damit das sinistre "Jainism" flankieren. Einen vermeintlichen Abschlusstrack "Goodbye" zu nennen, ist natürlich auch cheesier als die Stil-Polizei erlaubt und bei vielen anderen einen veritablen Punktabzug wert, konterkariert dies aber durch fluffige Riffs, die so gar keine Abschiedsstimmung erzeugen würden, wäre da nicht der Ambient-Teppich, auf dem der Song davon schwebt.
Allein: Wir reden hier über Devin Townsend. Und "Goodbye" ist natürlich nicht der Abschluss, das wäre in der Tat viel zu gewöhnlich. Denn das, was anderenorts verschämt als Hidden Track vergraben würde, wartet mit "Ruby quaker" – einer völlig irrwitzigen Nummer, die sich wie schon zu Zeiten der ollen Sockenpuppe Ziltoid um den Kaffeekonsum dreht und als lustiges kleines Country-Nümmerchen beginnt, nur um sich dann nach etwa der Hälfte komplett in Stücke hacken zu lassen. "Was zur Hölle?" denken sich da die ob der vorherigen Hook-Welle weichgekochten Hörenden, und wie so oft in der Vergangenheit lacht sich Devin Townsend vor dem geistigen Auge schlapp. Denn wenn das ein Vorgeschmack auf die bereits angekündigten Nachfolgealben "The moth" und "Axolotl" sein soll, steht uns noch einiges bevor. Ein Übergangsalbum ist "PowerNerd" deswegen noch lange nicht. Sondern das Ergebnis dessen, was passiert, wenn Devin Townsend mal wieder Devin-Townsend-Dinge macht.
Highlights & Tracklist
Highlights
- PowerNerd
- Knuckledragger
- Ruby quaker
Tracklist
- PowerNerd
- Falling apart
- Knuckledragger
- Gratitude
- Dreams of light
- Ubelia
- Jainism
- Younger lover
- Glacier
- Goodbye
- Ruby quaker
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Armin
2024-10-22 20:36:48- Newsbeitrag
Frisch rezensiert.
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